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EU-Aufsicht überdenkt nach CS-Debakel Liquidität der Banken

Die EU-Bankenaufsicht blick nach dem CS-Debakel verstärkt auf die Einlagenstruktur der Banken. Wie kann man mehr Sicherheit schaffen?

Erst die Pleiten und Stützungsmaßnahmen in den USA rund um die Silicon Valley Bank. Dann folgte das Debakel um die Schweizer Großbank Credit Suisse. Sie war so systemrelevant, dass am letzten Wochenende nur noch der ganz große Schritt half – die vom Staat erzwungene Übernahme durch die UBS, per Notverordnung vorbei an den Aktionären. Das Thema Liquidität bei den Banken gerät zunehmend in den Fokus, und wer denn eigentlich bei einem einzelnen Institut die Masse der Einlagen hält. Nun beginnt auch die EU-Bankenaufsicht sich dem Thema genauer zu widmen.

Blick auf die Art von Einlagen bei Banken in Europa

Auch wenn es keine formellen Gespräche gebe, hätten einige Behörden, die im Aufsichtsgremium der EZB namens European Banking Authority (EBA) vertreten sind, gerne eine bessere Vorstellung davon, welchen Anteil ihrer Einlagen die Banken in einer Krise voraussichtlich bei sich behalten können – das  berichten laut Bloomberg mit der Situation vertraute Personen. Schon kleine Änderungen des Liquiditätsmanagements könnten große Auswirkungen darauf haben, wie Banken ihre Geschäfte steuern. Nach der Finanzkrise von 2008 wurden weltweit die Liquiditätsstandards verschärft, doch der Aufstieg des Handy-Bankings macht es Einlegern seither möglich, mit wenigen Klicks Gelder zu transferieren. Auch die sozialen Medien erhöhen das Risiko von Bank Runs, da sich auch Falschinformationen schnell verbreiten können.

Bankeinlagen “reagieren empfindlicher auf Zinsunterschiede und sind anfälliger für kurzfristige Bewegungen”, so sagte es José Manuel Campa, Leiter der EBA, am Dienstag vor dem Europäischen Parlament. “Eine zusätzliche Prise Unsicherheit für die Finanzstabilität kann dann eine Abwärtsspirale verstärken.” Innerhalb von nur 11 Tagen sind in diesem Monat vier Banken zusammengebrochen oder mussten gerettet werden, darunter drei US-Regionalbanken und der 166 Jahre alte Schweizer Finanzriese Credit Suisse. Citigroup-Chefin Jane Fraser zufolge verändert die Möglichkeit, Millionen Dollar mit wenigen Klicks zu transferieren, grundlegend die Art und Weise, wie Banker und Aufsichtsbehörden auf das Risiko eines Bank Runs reagieren.

Mehr Einlagen von Privatkunden?

“Das ist ein völliger Paradigmenwechsel”, sagte Fraser am Mittwoch bei einer Veranstaltung des Economic Club of Washington. “Es gab ein paar Tweets, und dann ging das Ding schneller unter als je zuvor in der Geschichte”, sagte sie über die Silicon Valley Bank. Eine Schlüsselfrage für die Banken ist, ob sie mehr Einlagen von Privatkunden anlocken sollten, anstatt von einer kleinen Gruppe Vermögender und Firmenkunden, bei denen schon wenige große Abhebungen spürbar sind. Kleinere Einlagen sind in der Regel vollständig versichert, was sie weniger anfällig macht als die großen Summen, die von Unternehmen und reichen Familien verwaltet werden.

Änderung der Liquiditätsdeckungsquote?

Die Aufsicht könnte unter anderem durch eine Änderung der Liquiditätsdeckungsquote reagieren. Derzeit verlangt diese, dass Banken mehr hochwertige liquide Aktiva halten, als unter Stressbedingungen innerhalb von 30 Tagen abfließen würden. Die zugrundeliegenden Berechnungen könnten dahingehend geändert werden, dass konservativere Annahmen über den Abzug nicht versicherter Einlagen getroffen werden. In den USA könnten die Regeln auf kleinere Banken ausgedehnt werden, für die sie derzeit nicht gelten.

Auch der Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, in dem sich Zentralbanken und Aufseher aus der ganzen Welt austauschen, erklärte am Donnerstag, man werde sich der Sache annehmen. Änderungen an den globalen Mindeststandards sind langwierige Prozesse, und lokal werden wahrscheinlich schon früher Maßnahmen ergriffen, so hieß es. Die Federal Reserve erwägt, die Kapital- und Liquiditätsvorschriften für mittelgroße Banken denen der Wall-Street-Riesen anzunähern.

Beständigkeit von Sichteinlagen bei Banken

Die EZB dürfte die Finanzierung der Banken genauer unter die Lupe nehmen, etwa über die regelmäßigen Stresstests der Banken. Die Aufsicht wird die Banken wahrscheinlich zu ihren Annahmen über die Beständigkeit von Sichteinlagen befragen. Eine solche Prüfung könnte dazu führen, dass die Banken höhere Zinssätze für Termineinlagen anbieten, um eine stabilere Finanzierung zu erhalten, so sagte es eine Person. Ein Sprecher der EZB lehnte eine Stellungnahme ab. Die Zentralbank hat erklärt, dass das Finanzierungsrisiko derzeit eine der obersten Prioritäten bei der Aufsicht von Banken ist.

Die Überlegungen finden vor dem Hintergrund einer breiteren Diskussion darüber statt, inwieweit der Einlagenbestand insgesamt versichert werden kann oder sollte. In den USA sind Einlagen bis zu einer Höhe von mindestens 250.000 Dollar pro Einleger und Bank und Eigentümerkategorie versichert, während der Schwellenwert im Euroraum bei 100.000 Euro liegt, wobei einzelne Bankengruppen zusätzlichen Schutz bieten.

Wie von Bloomberg berichtet, prüfen die USA die Möglichkeit, die Deckung vorübergehend auf alle Einlagen auszudehnen, ein Schritt, der auch von der Bankenlobby gefordert wird. Eine Gruppe deutscher Volkswirte forderte Anfang des Monats eine ähnliche Ausweitung. Die Aufseher, die mit Bloomberg sprachen, deuteten an, dass dies zwar politisch opportun erscheinen mag, angesichts des schieren Volumens der Einlagen im Finanzsystem jedoch wahrscheinlich nicht machbar sei. Auch US-Finanzministerin Janet Yellen sagte am Mittwoch, dass die Aufsichtsbehörden keine “pauschale” Einlagensicherung anbieten wollen.

FMW/Bloomberg

Jose Manuel Campa ist Vorsitzender der European Banking Authority
Jose Manuel Campa ist Vorsitzender der European Banking Authority.


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