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Verkehrte Europa exportiert jede Menge Kohle – viel zu viel auf Halde

Europa hatte letztes Jahr viel zu viel Kohle importiert. Jetzt verkauft Europa seine Kohle sogar nach Indien. Hier dazu aktuelle Daten.

Abbau von Kohle

Nicht nur, dass eigentlich für Europa bestimmte Kohle aus Ländern wie Kolumbien oder Südafrika nun nach Asien verschifft wird. Aktuelle Daten zeigen auch, wie sehr der letztjährige Drang Europas nach Energie-Importen die Lagerbestände hat überquellen lassen. Nun sind die Halden zu voll, vor allem bei der Kohle. Das eigentlich Energie-hungrige Europa exportiert nun in großem Umfang Kohle nach Übersee – eine auf den ersten Blick paradoxe Situation. Aber die Marktlogik erklärt alles.

Europas Exporte von Kohle steigen nach einem Kaufrausch ins Unermessliche

Händler suchen nach Käufern für ungenutzte Kohle, bevor diese wertlos wird. Vorher wurde der Brennstoff gehortet um die europäische Wirtschaft im vergangenen Jahr vor einem Energiemangel zu bewahren. Als die Besorgnis über die Energieknappheit nach dem milden Winter in Europa nachließ, wird die importierte Kohle in europäischen Häfen laut Bloomberg nun für Märkte wie Marokko, Senegal und Guatemala umgeladen – eine Umkehrung der üblichen Verschiffungen des fossilen Brennstoffs.

Insgesamt wurden in diesem Jahr bereits 1,12 Millionen Tonnen von Spanien, den Niederlanden und anderen Häfen aus Europa verschifft, darunter eine Ladung von mehr als 145.000 Tonnen nach Indien im April. Kleinere Verschiffungen von Kohle wurden auf Routen verschickt, die in den letzten Jahren unwahrscheinlich gewesen wären. „Ein Teil dieser Kohle liegt seit mehr als einem Jahr dort, und die Lagerhaltung ist kostbar“, so sagt es Guillaume Perret, ein Kohlemarktanalyst bei Perret Associates. Nachdem die Kohle monatelang offen im Freien gelagert wurde, beginnt sie zu verrotten und wird schließlich unbrauchbar.

Einzelne Verschiffungen von Kohle aus Europa

Die Dynamik zeigt die Auswirkungen der Energiekrise in Europa, nachdem der Kontinent Notmaßnahmen ergriffen hatte, um den Maßnahmen des Kremls zur Kürzung der Gaslieferungen entgegenzuwirken. Als die stillgelegten Kohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen wurden, nutzten die Händler die Chance, Brennstoff – zum großen Teil aus Russland – zu kaufen, um Strom zu erzeugen.

Kohle in Europa – Umschwung von Knappheit zu Überfluss

Doch ein Zustrom von Flüssiggas und milde Wintertemperaturen führten dazu, dass die meiste Kohle nicht gebraucht wurde. Nach Angaben der Denkfabrik Ember hat die Europäische Union im Vergleich zum vorherigen Winter 11 % weniger Kohle verbrannt. Der Umschwung von Knappheit zu Überfluss hat dazu geführt, dass die Preise für die Anlieferung von Kohle in den Häfen von Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen auf nur noch 90 Dollar pro Tonne gefallen sind, weniger als ein Viertel des Preisanstiegs vom letzten Jahr.

Nachdem die Bergwerke auf Hochtouren liefen und das Angebot von der heimischen Stromerzeugung weggelenkt wurde, überschwemmten Kohlelieferanten aus Kolumbien, Südafrika und Indonesien Europa, das bereit war, einen Aufschlag zu zahlen, um die Lichter am Leuchten zu halten – und dabei die Klimaziele ignorierte. Die gleiche Kohle wird nun in Länder außerhalb Europas geliefert.

Kohle von Spanien Richtung Indien

„Es ist sehr ungewöhnlich, dass Kohle von den Niederlanden nach Marokko und von Spanien nach Indien fließt“, sagte Alex Claude, Geschäftsführer des Analyseunternehmens DBX Commodities in London und ehemaliger Kohlehändler. „Das ist ein Zeichen dafür, dass es weniger Nachfrage rheinabwärts und mehr außerhalb Europas gibt.“

Der Weiterverkauf von Kohle, die zu horrenden Preisen in einen schwachen Markt importiert wurde, mag wie ein Verlustgeschäft erscheinen. Aber einige, die die Preise mit Hilfe von Swaps festgesetzt haben, oder die sich durch die Absicherung der so genannten „Dark Spreads“ abgesichert haben, können dennoch einen ordentlichen Gewinn erzielen.

Bei den Swaps werden die Erlöse für die importierte Kohle mit den Vertragspartnern abgesichert, während die Versorgungsunternehmen die Differenz zwischen den im Voraus verkauften Verträgen für den Strom, den die Kohle produzieren sollte, und den aktuellen günstigeren Preisen für den Strom einstecken können.

Die Abflüsse sind auch ein kleiner Segen für das kohlehungrige Indien und China, auf das allein mehr als die Hälfte des weltweiten Verbrauchs an Kohle entfällt. Obwohl Analysten die Erwartungen an die wirtschaftliche Erholung Chinas zurückgeschraubt haben, wird das Land in diesem Jahr weiterhin eine Rekordmenge importieren.

Für Europa ist der Ansturm auf die importierten Kohlemengen, die nun nutzlos herumliegen, nicht ohne Risiko. Im letzten Winter hat Deutschland seine letzten drei Kernreaktoren zur Überbrückung hochgefahren, die jetzt aber abgeschaltet sind. Und die Gasversorgung hängt stärker von den Pipelines aus Norwegen und der Sicherung von LNG-Ladungen auf dem Weltmarkt ab. „Die Menschen müssen aufpassen, dass sie sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen“, so Perret. „Wir wissen nicht, was im nächsten Winter passieren wird.

FMW/Bloomberg



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2 Kommentare

  1. Im nächsten Winter wird das selbe Spiel wieder gespielt, wie bei COV-19,
    das kann bis zu 4 Winter dauern bis es im Kopf klick macht.

  2. Schwachsinnige die das Einkaufen und wieder abstoßen , und die einheimischen Briketts für die ärmsten den Preis verdreifachen , ich bin von diesem ganzen System sowas von angekotzt

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