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EU-Regierungschefs unter Zugzwang Europa: Ist der Niedergang nur mit mehr Schulden abzuwenden?

Europa: Ist der Niedergang nur mit mehr Schulden abzuwenden?
EU-Flagge vor dem Reichstagsgebäude. Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg

Die Europäische Union (EU) hat gegenüber ihren wichtigsten geopolitischen Rivalen an Schlagkraft verloren und in den europäischen Hauptstädten schrillen daher die Alarmglocken. Die Staats- und Regierungschefs müssen jetzt überlegen, wie sie den Block fit für den Wettbewerb machen können, um in einer Welt, in der die geopolitischen Spannungen zunehmen, bestehen zu können. Eine Möglichkeit wäre es, mehr Schulden aufzunehmen, um die Sektoren Industrie, Technologie und Verteidigung in Europa zu stärken.

Wie Bloomberg berichtet, haben die großen Herausforderungen, vor denen Europa steht, einige Hauptstädte dazu veranlasst, auf eine rasche Umsetzung lang gehegter politischer Forderungen zu drängen — wie die Zusammenführung europäischer Märkte — und einen Weg zu finden, mehr gemeinsame Anleihen zur Stärkung von Industrie und Verteidigung auszugeben.

Europa braucht einen Paradigmenwechsel

“Angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Spannungen sowie der zunehmend energischeren politischen Maßnahmen internationaler Partner und Konkurrenten” sei ein “dringender Paradigmenwechsel” für Europa vonnöten, so der Entwurf der Schlussfolgerungen des EU-Gipfels, in den Bloomberg Einblick hatte.

Die europäischen Länder haben ihre Bemühungen in den Bereichen Sicherheit und Industrie intensiviert, da die Staats- und Regierungschefs zunehmend besorgt sind, dass sie noch vorhandene Wettbewerbsvorteile an amerikanische und chinesische Unternehmen verspielen. Nahe und ferne Kriege, die Möglichkeit einer weiteren Trump-Präsidentschaft und die Abhängigkeit Europas von anderen in Bezug auf Energie und wichtige Materialien geben Anlass zur Sorge.

EU-Regierungschefs: Mehr Schulden, um den Niedergang in Europa abzuwenden
EU-Ratspräsident Charles Michel

EU-Mitglieder stehen vor großen Herausforderungen

Es bestehe Einigkeit darüber, dass die EU-Mitglieder vor „großen und sehr schwierigen Herausforderungen“ stehen, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel, der den Vorsitz des zweitägigen Gipfels führt, der am Mittwoch begann. Doch einige Staats- und Regierungschefs äußerten bei dem Treffen in Brüssel eine spürbare Ungeduld angesichts der Kluft zwischen dem Konsens und tatsächlichen Maßnahmen, die den Herausforderungen angemessen sind.

„Eine Art gemeinsame Kreditaufnahme zur Finanzierung eines neuen europäischen Verteidigungsfonds, der europäische Ausrüstung für gemeinsame europäische Sicherheitsbedürfnisse kauft, ist eine Diskussion, die jetzt geführt werden muss“, sagte der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis letzte Woche im Rahmen der Vorbereitung des Gipfels.

Der polnische Premierminister Donald Tusk forderte letzte Woche eine „Revolution in der Einstellung.“

„Europa muss die stärkste politische Einheit der Welt werden, da es alle Möglichkeiten dazu hat“, sagte Tusk, der vor seiner Rückkehr in die Innenpolitik Michels Amt innehatte.

Braucht Europa noch mehr Schulden?

Während des zweitägigen Treffens werden die Staats- und Regierungschefs der EU politische Vorschläge diskutieren, zu denen unter anderem die Beseitigung von Hindernissen bei der Mobilisierung privater Investitionen in saubere Technologien und Verteidigung sowie die Möglichkeit der Ausgabe gemeinsamer EU-Schulden für Militärausgaben gehören könnten.

Mit der Beschaffung von 800 Milliarden Euro für ein Konjunkturprogramm in Europa nach der Pandemie konnten die EU-Staats- und Regierungschefs den langjährigen Widerstand der eher finanzpolitisch konservativen Mitglieder brechen. Einige fordern eine neue Runde gemeinsamer Kreditaufnahme, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen, von der Klimawende bis zur Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression.

Länder wie Deutschland und die Niederlande bestehen darauf, dass die Reaktion auf die Pandemie eine einmalige Sache sei. Doch die existenzielle Bedrohung durch Russlands Krieg in der Ukraine — der sich nicht zu Kiews Gunsten entwickelt — könnte sogar Berlin dazu bringen, die Bedenken hinsichtlich der EU-Schulden beiseitezulegen, so ein hochrangiger Beamter, der diese Woche an Treffen des Internationalen Währungsfonds in Washington teilnahm.

Aber das würde eine dramatische Wende der sogenannten sparsamen Länder erfordern. Letzten Monat lehnte Bundeskanzler Olaf Scholz es bei einem separaten Gipfel ab, die Möglichkeit einer gemeinsamen Kreditaufnahme in den Schlussfolgerungen zur Finanzierung der Verteidigung zu erwähnen, wie Bloomberg berichtete.

FMW/Bloomberg



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6 Kommentare

  1. Moin, moin,

    das der Exitus Europas nur mit Gelder aus Berlin und oder weiteren neuen Schulden hinauszuschieben geht, ist noch nichts Neues. Mark Friedrich, Dr. Markus Krall et al. haben das schon ausführlich erklärt. Fraglich ist nur der Zeitpunkt des Europa-Knalls. Den diesen Zeitpunkt kann Brüssel durch neues Geld verschieben, aber nicht verhindern. Eines ist jetzt aber schon klar, die Schuldigen werden nicht unsere „Volksvertreter“ der etablierten Parteien sein. Schuld wird der „Rechtsruck“ (eher das Erwachen des Bürgers), Putin, Corona etc. sein. Das Problem für den Bürger (=Asseteigentümer) ist, dass er für den Blödsinn in Brüssel und Berlin mit seinem Vermögen im Feuer steht. Wieso wohl Abschaffung von Bargeld, Vermögensregister etc.? Jeder Staat will doch wissen, wer hat was an Vermögen und wie kommt man als Staat daran. Kann es sein, dass momentan immer mehr Bürger wach werden oder erst, wenn der Steuerbescheid über Vermögensabgaben etc. kommt?

  2. Schulden sind nicht generell schlecht. Nur wenn damit Rüstung, überzogene Entwicklungshilfe, Scheinalylanten, Waffen an die Ukraine usw, usw bezahlt werden sollen, dann lieber keine Schulden.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

  3. @Helmut, Es gibt produktive ,unproduktive und Konsumschulden, Dies wurde auf FMW vor einiger Zeit ausführlich diskutiert. Da gibt es aber noch eine neue verheerende Klasse von Schulden. Wenn ein verschuldeter Staat tausende von Beamten ausbildet, die für gute Bezahlung den Staat und die Bezahler ruinieren. Oder wenn ein Kinderbuchautor statt die Kinder glücklich macht, das ganze Volk ins Unglück stürzt.
    P.S. Nach denWaffen für die Ukraine kann man auch noch den Wiederaufbau und andere Folgen bezahlen.
    Diese totale Unproduktivität kann mit dem erträumten Produktivitätsschub von KI nie und nimmer
    wettgemacht werden.

  4. Das Grundproblem Europas und insbesondere Deutschlands ist das sozialistisches Staatsverständnis seit zwei Jahrzehnten. Die Folge: eine zunehmende Problemanhäufung, die einzelnen Probleme können von der Politik nicht mehr gelöst werden. Die Schulden übertünchen nur die Probleme, ohne dass damit irgend eine Problemlösung ersichtlich wird. Zahlreiche NGOs, Mainstream-Medien und ein Teil der Politiker, die einige Millionen Menschen in Deutschland selbst für Fantasieprobleme auf die Straße bringen können, profitieren vom wirtschaftlichen Niedergang und lassen die Meinungen der Mehrheit der Bevölkerung ins Leere laufen. Das ist die neue „Demokratie“.

  5. Ich finde, dass in dieser Demokratie alles nach Plan läuft. In diesem Jahr werden beispielsweise die Thüringerinnen und Thüringer die AFD zur stärksten Partei wählen. Indessen Folge werden sich die CDU, SPD, FDP und die Grünen zur Demokratischen Einheitspartei Deutschlande vereinigen und mit den Linken eine Koalition bilden. Somit sind wir doch mindestens wieder einen Schritt weiter voran gekommen.
    Ich freue mich schon auf deren Politikbetrieb.

    CDH

  6. Die endgültige Schulden Gemeinschaft kommt und die Euro Bonds.

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