Allgemein

EZB hat Zinsen gesenkt – Reaktionen von verschiedenen Experten

Die EZB hat die Zinsen gesenkt. Und nun? Hier zeigen wir die aktuellen Reaktionen von Commerzbank, ifo-Institut, Bankenverband und Interhyp.

EZB-Zentrale
Foto: EyeEm-Freepik.com

Bevor wir zu den Aussagen von Experten kommen, hier meine persönliche Einschätzung: Die heutige Zinssenkung der EZB war fest eingepreist, war also nichts Besonderes. Wichtig waren heute zwei Dinge, die man aus dem Statement der EZB und der Presskonferenz von Christine Lagarde entnehmen kann: Erstens hat die Zentralbank ihre Inflationsaussichten angehoben, was Zinssenkungen bei den nächsten Sitzungen wenig wahrscheinlich macht. Und zweitens blieb Christine Lagarde in der Pressekonferenz sehr passiv bei Fragen nach den nächsten Zinsentscheidungen. Sie blieb strikt bei der Aussage, dass man von Sitzung zu Sitzung schaue, und auf jede Menge ständig neu eintrudelnde Daten blicken werde, um die Lage ständig neu zu bewerten. Man bleibt also passiv, eine Aussicht auf weitere Zinssenkungen bei den nächsten Sitzungen ist nicht erkennbar! Hier nun die Expertenaussagen, die alle nach 14:15 Uhr veröffentlicht wurden.

Commerzbank hält heutige Zinssenkung für verfrüht

Die Ökonomen der Commerzbank schreiben (Headline-Aussage): Nach der weithin erwarteten Zinssenkung um 25 Basispunkte hat die EZB heute wenig Konkretes zur weiteren Zinsentwicklung gesagt. Alles hänge von den Daten ab, war ein häufig zu hörender Satz. Wir erwarten weiter, dass der EZB-Einlagensatz von jetzt 3,75% bis zum ersten Quartal 2025 auf 3,0% fallen wird. Danach rechnen wir mit keinen weiteren Zinssenkungen, weil das Inflationsproblem noch lange nicht gelöst sein dürfte. Letztlich ist die heutige Zinssenkung verfrüht.

ifo: EZB-Zinssenkung gut

Der ifo-Präsident Clemens Fuest hat die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) begrüßt. „Der Schritt ist sinnvoll, weil sich die Inflation in Europa mittlerweile in Richtung der angestrebten zwei Prozent zurückentwickelt“, sagte er am Donnerstag in München. „Diese Zinssenkung ist an den Märkten allerdings bereits eingepreist, der Impuls für die Konjunktur wird begrenzt sein. Dass weitere Zinssenkungen bald folgen können, ist angesichts deutlich steigender Löhne und verschobener Zinssenkungen in den USA eher fraglich.“

Bankenverband

Der Bundesverband deutscher Banken schreibt: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erwartungsgemäß auf die seit Herbst letzten Jahres deutlich gesunkenen Inflationsrisiken reagiert. Die Leitzinsen wurden leicht gesenkt. Sie bleiben aber auf einem Niveau, das die Konjunktur weiterhin dämpft. „Das ist gut so“, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, „denn die europäischen Währungshüter sind bei der Bekämpfung der Inflationsgefahren noch lange nicht am Ziel. Preistreiber bleiben die überdurchschnittlich steigenden Löhne im Dienstleistungssektor. Und perspektivisch könnte auch ein fallender Euro-Wechselkurs für steigende Inflation sorgen.“

Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, dass die EZB erst gar nicht die Erwartung einer dichten Abfolge von Zinssenkungen aufkommen lasse. „Es gibt keinen Autopiloten für weitere Zinssenkungen. Für die nächsten EZB-Sitzungen muss gelten, dass weitere Schritte nur möglich sind, wenn erkennbar die Inflationsrisiken weiter zurückgehen. Dies gilt insbesondere für die Ratssitzung im September, auch wenn die Mehrheit der Marktteilnehmer derzeit dort die nächste Zinssenkung erwartet.“ Unabhängig davon müsse gerade in Deutschland vor überzogenen Konjunkturhoffnungen durch Zinssenkungen gewarnt werden, so Herkenhoff: „Hierzulande belasten seit geraumer Zeit strukturelle Investitions- und Standortprobleme das Wirtschaftswachstum. Diese Bremsfaktoren lassen sich nicht allein durch die EZB und Leitzinssenkungen beseitigen. Vielmehr muss die Wirtschaftspolitik klar die Vorfahrt für Investitionen regeln.“

Interhyp

Der Anbieter Interhyp schreibt: „Unserer Meinung nach wird die Leitzinssenkung der EZB keine spürbaren Auswirkungen auf die langfristigen Kreditzinsen haben, weil die Finanzmärkte bereits bis zu drei Zinssenkungen um jeweils 0,25 Prozentpunkte in diesem Jahr eingepreist haben.“ „Die monatlich von uns befragen Zinsexpertinnen- und Experten gehen mehrheitlich davon aus, dass das Zinsniveau in den kommenden Monaten auf gleichbleibendem Niveau in einem Korridor zwischen 3,5 und 4 Prozent für 10-jährige Darlehen liegen wird. Schwankungen sind dabei jederzeit möglich.“ Weiter heißt es von einem Interhyp-Experten: „Meiner Meinung nach werden im weiteren Verlauf des Jahres kaum weitere Zinssenkungen folgen. Die Gefahr einer Rückkehr der Inflation ist immer noch zu hoch.“

Weiter schreibt Interhyp: „In Erwartung von Zinssenkungen durch die EZB haben die Bauzinsen bereits reagiert und sind Ende 2023 spürbar gesunken. Seitdem bewegen sie sich in einem Korridor zwischen 3,5 und 4 Prozent für zehnjährige Darlehen. Dieser Zinsabschwung hat auch die Nachfrage angekurbelt, was wiederum den Druck auf die Preise erhöht hat. Die Daten unseres Interhyp-Immobilienindex zeigen, dass die Preise seit Jahresbeginn deutschlandweit um 1,5 Prozent gestiegen sind. Die Tendenz zeigt also leicht nach oben.“



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage