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Entscheidung über Zinsen wird "knapp" EZB und Zinsen: „Märkte unterschätzen Risiko einer Zinsanhebung“

"Wir sprechen nicht von einer echten Rezession.”

EZB Zinsen Entscheidung offen

Wird die EZB die Zinsen in der nächsten Woche erneut anheben – oder doch nicht? Kurz vor Beginn der Schweigeperiode vor der Sitzung am nächsten Donnerstag (14.09.) ist die Entscheidung über die Zinsen so unsicher wie wohl nur selten zuvor! Die Inflation jedenfalls ist in vielen Ländern der Eurozone zuletzt wieder angestiegen – was die EZB unter Druck bringt.

EZB-Mitglied Knoot: Märkte unterschätzen Risiko, dass wir Zinsen anheben

Die Finanzmärkte unterschätzen nach Ansicht von EZB-Ratsmitglied Klaas Knot möglicherweise die Wahrscheinlichkeit, dass die Europäische Zentralbank in der kommenden Woche die Zinsen erneut anheben wird.

Die bei der Sitzung vorliegenden aktualisierten Inflationsvorhersagen der Notenbank-Ökonomen dürften sich nicht wesentlich von der jüngsten Stabsprognose im Juni unterscheiden, sagte der niederländische Zentralbankchef, der im Rat der EZB als geldpolitischer Falke gilt.

Ob dieser Ausblick die zehnte Erhöhung der Zinsen in Folge durch die EZB in Folge rechtfertigt, das sei eine “knappe Entscheidung”, sagte Knot in einem Interview mit Bloomberg News in Amsterdam.

“Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Erreichen unseres Inflationsziels von 2% bis Ende 2025 das absolute Minimum ist”, sagte Knot. “Ich würde mich mit jeder Entwicklung, die diese Frist noch weiter hinausschieben würde, eindeutig unwohl fühlen. Und ich hätte auch nichts dagegen, wenn sie ein wenig nach vorne verschoben würde.”

Der Euro stieg und Staatsanleihen fielen nach Knots Äußerungen, da der Geldmarkt seine Wetten darauf erhöhte, dass der EZB-Rat bei seiner Sitzung am 13. und 14. September die aggressivste geldpolitische Straffung in der Geschichte der EZB verlängern wird. Die eingepreiste Wahrscheinlichkeit einer Viertelpunkt-Erhöhung  der Zinsen liegt nun bei etwa 35% – gegenüber 30% zuvor.

Wenige Stunden vor der einwöchigen Schweigeperiode vor dieser Sitzung bieten Knots Äußerungen einige der letzten Anhaltspunkte für die Überlegungen im Rat und bestätigen, dass die Entscheidung weiter offen bleibt. Der Einlagensatz liegt derzeit bei 3,75%, knapp unter einem Rekordhoch.

“Die Märkte haben zu kämpfen”, sagte Knot. “Sie machen wahrscheinlich einen ähnlichen Kampf durch, den wir auch durchmachen müssen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es am Ende dieses Kampfes eine Entscheidung geben wird.”

Seit der Sommerpause haben mehr als die Hälfte der Notenbankchefs des Euroraums ihre Präferenz für die Entscheidung bei der September-Sitzung zum Ausdruck gebracht.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel und andere Falken wie die Gouverneure aus Belgien, Österreich und Lettland haben sich für einen weiteren Viertelpunktschritt ausgesprochen — wahrscheinlich den letzten in diesem Zyklus. Ihre Amtskollegen aus Italien und Portugal betonen hingegen, dass sich die wirtschaftlichen Risiken der harten Geldpolitik langsam bemerkbar machen.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat sich nicht festgelegt, sondern lediglich gesagt, dass die Inflation zu hoch sei, die EZB entschlossen sei, sie zu zähmen, und die Entscheidungen auf der Grundlage relevanter Daten getroffen würden.

“Wir haben die Feinabstimmungsphase des Straffungszyklus erreicht”, sagte Knot. “Eine Straffung – eine weitere Anhebung – ist immer noch möglich, aber nicht sicher.”

Knot verwies darauf, dass das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone im zweiten Quartal “tatsächlich stabiler war als erwartet”, dass die Arbeitsmärkte sich beständig zeigen, Realeinkommen sich erholen und der Immobilienmarkt die Talsohle erreicht habe. “Ich möchte vor zu viel Pessimismus warnen”, sagte der Niederländer. “Wir sprechen hier von Schwäche. Wir sprechen nicht von einer echten Rezession.”

Die Fortschritte bei der Inflation seien schwer einzuschätzen. Der zugrundeliegende Preisdruck „scheint ein Plateau erreicht zu haben und wird in den kommenden Monaten deutlich zurückgehen”, sagte er. Entscheidend seien weiterhin Lohnverhandlungen und die Preissetzung durch die Unternehmen.

EZB-Mitglied Villeroy: Entscheidung über Zinsen „offen“

Heute äusserte sich auch der Chef der französischen Notenbank, Villeroy, zur Frage, ob die EZB die Zinsen nächste woche anheben wird.

Die Zinsen der EZB befinden sich laut Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau nahe ihres Höchststandes. In einem Interview mit dem französischen Sender BFM Business wollte er sich nicht dazu äußern, ob die EZB in der kommenden Woche die Zinsen weiter erhöhen oder eine Zinspause einlegen wird.

“Ich werde heute nicht sagen, was wir am 14. September entscheiden werden, zumal unsere Optionen für diese Sitzung ebenso offen sind wie für die folgenden Sitzungen”, so der Gouverneur der Bank von Frankreich. “Aber ich bin davon überzeugt, dass wir uns nahe oder sehr nahe am Höchststand der Zinssätze befinden.”

Es sei nun wichtiger, die Kreditkosten für einen ausreichend langen Zeitraum hoch zu halten, als die Zinsen erneut “deutlich” anzuheben.

Daten von letzter Woche zeigten, dass sich die Kerninflation im August verlangsamt hat, während die Gesamtinflationsrate stabil blieb. Mit 5,3% liegen beide Werte deutlich über dem 2%-Ziel der EZB.

FMW/Bloomberg

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2 Kommentare

  1. Von den 6 größten Börsenabstürzen seit 1914 waren 4 im Oktober, einer im August und einer im Dezember.

    1. Den August haben wir schonmal umschifft. Da stimmte gar nichts von schlechtem Börsenmonat. Und ich habe verkauft.

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