Anleihen

Frankreich-Anleiheinhaber fürchten laut Allianz neue Eurokrise

Laut Allianz sehen Anleiheinhaber das Risiko einer neuen Eurokrise nach der Wahl in Frankreich am kommenden Wochenende.

Paris
Blick auf Paris. Foto: Bloomberg

Am kommenden Wochenende wird in Frankreich ein neues Parlament gewählt. Die Spannung steigt, Marine Le Pen liegt in Führung. Es könnte am Aktienmarkt und vor allem am Anleihemarkt die Ruhe vor dem Sturm sein. In wie weit würde die EU destabilisiert werden durch einen realen politischen Einfluss der Rechten im Herzen Europas? Frankreich droht laut aktueller Aussage der Allianz eine Anlegerflucht, sollte die Politik in Paris den Märkten nicht effektiv versichern, dass die Staatsfinanzen in Ordnung sind. Andernfalls dürfte sich die Risikoprämie, die gegenüber deutschen Bundesanleihen gefordert wird, erneut ausweiten.

Dazu schreibt Bloomberg aktuell: Französische Staatsanleihen befinden sich zu einem viel größeren Anteil im Besitz ausländischer Anleger als dies in anderen Ländern der Fall ist, wie Gregor Hirt, Chief Investment Officer im Multi-Asset-Bereich von Allianz Global Investors, anmerkt. Einige befürchteten, dass die gegenwärtigen politischen Turbulenzen eine Schuldenkrise wie vor über einem Jahrzehnt auslösen könnten.

“Jede Erinnerung an die europäische Staatsschuldenkrise ist für viele internationale Investoren ein Warnsignal”, führt Hirt aus. Seine Abteilung verwaltet ein Vermögen von 156 Milliarden Euro. 2023 hatten Ausländer nach Angaben des Internationalen Währungsfonds einen Anteil von rund 50% am Anleihemarkt in Frankreich. Zum Vergleich: In Italien, in Großbritannien und den USA lag der Anteil bei rund 30%.

Anteil ausländischer Inhaber von Anleihen in Frankreich und anderen Ländern

Die Befürchtung, dass ein Wahlsieg der Rechten oder der Linken die aufgeblähten Staatsfinanzen in Frankreich verschlimmern würde, hat bei französischen Anleihen zu einem Ausverkauf geführt. Der Risikoaufschlag zehnjähriger Frankreich-Anleihen gegenüber Bunds erreichte am 14. Juni höchsten Stand seit der letzten Schuldenkrise in der Eurozone.

“Wir brauchen Maßnahmen von der französischen Regierung, eine Stabilisierung, damit diese großen Investoren beruhigt sind”, sagt Hirt. Mit Blick auf die erste Wahlrunde in Frankreich am Wochenende hält Hirt gegenüber dem Euro eine übergewichtete Position in Dollar. Gold sieht er als Schutzschild gegen geopolitische Turbulenzen.

Die Wahl in Großbritannien am 4. Juli hält Hirt indessen für ein “Nicht-Ereignis”, da allgemein erwartet wird, dass die Labour-Partei an die Macht kommen wird. Der Allianz-Experte bevorzugt britische Aktien angesichts der Möglichkeit, dass Labour im Falle eines Wahlsiegs engere Beziehungen zur EU knüpfen könnte. Die Allianz hält weiterhin eine Long-Position in zehnjährigen US-Staatsanleihen. Bei Frankreich-Anleihen sieht Hirt trotz der Spread-Ausweitung kein Schnäppchen. “Für Frankreich besteht das Risiko, dass sich die Spreads auf seine Schulden weiter ausweiten könnten”, so Hirt.

FMW: Der folgende Chart zeigt seit der EU-Wahl am 9. Juni den massiven Anstieg des Rendite-Aufschlags auf Staatsanleihen aus Frankreich gegenüber Deutschland, bis jetzt ein Anstieg von 0,48 auf 0,72 Prozentpunkte.

Grafik zeigt Anstieg im Renditespread von Frankreich-Anleihen gegenüber Deutschland

FMW/Bloomberg



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3 Kommentare

  1. Moin, moin,

    man muss die Eurokrise nicht fürchten, sie ist schon da. Langsam wirkt das Schulden- und Papiergeldgift in den einzelnen Volkswirtschaften. Die Frage ist nur, welcher Dominostein fällt als erster?

    Wer Jahrzehnte über seine Verhältnisse lebt, der darf sich nicht wundern, wenn irgendwann der Wirt mit der Rechnung in der Hand zur Zahlung mahnt. Aber nur über Schulden wird die EU am Laufen gehalten, Substanz (=Wirtschaft) geht gegen Null. Frankreich ist nur eine Variable in diesem Schuldensystem. Das gilt für fasst alle anderen EU-Staaten auch. Aber welche Regierung mag der eigenen Bevölkerung schon sagen, dass man pleite ist. Welche dieser europäischen Planwirtschaften kann mit Geld umgehen? Keine.

    Daher kurz gefragt, was bestimmt was?
    1. Die Einnahmen bestimmen die Obergrenze der Ausgaben.
    2. Die Ausgaben sind losgelöst von den Einnahmen.

    Fazit: Die EU ist pleite und man kann nur Geld ausgegeben, dass man eingenommen hat.

    1. @ asyoulike

      Es ist noch schlimmer: jeder ist bei der Verwendung der gegebenen Mittel auch nach wirtschaftliche Gesetze gebunden, für was die Mittel eingesetzt werden müssen, damit sie nachhaltig zur Verfügung sehen.
      Auch das wird ignoriert.
      So muss mindestens soviel reinvestiert werden in die bestehende Infrastruktur (mit deren Hilfe auch die Einnahmen erzielt werden), damit diese dauerhaft zur Verfügung steht.

      All das wurde mißachtet. Es wurde zu wenig In Straßen, Brücken und Schulen etc. investiert.

      Ursache: die Bevölkerung kennt diese Zusammenhänge nicht und will lieber Brot und Spiele. Die Politik richtet sich danach. Sie muss gewählt werden.

      Seit 53 Jahren wird das vorhandene Geld mittels Inflation gestreckt, und nun kommt das letzte Mittel dran: Krieg.

  2. Deutschlands finanzielle Situation ist nicht besser als die von Frankreich, wenn man die Kosten der nicht finanzierbaren Sanierung der Infrastruktur sowie den progredienten wirtschaftlichen Niedergang in Rechnung stellt. Beide Problemfelder haben die Finanzeliten bereits aufgeschreckt. Der DAX gehört zu 60% Ausländern. BMW-Aktien haben bei 5 Milliarden Gewinn ein Kurs-Gewinnverhältnis von 5. Krasser kann die negative Einschätzung der deutschen wirtschaftlichen Zukunft kaum mehr ausgedrückt werden.

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