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Garantiezins bei Lebensversicherungen soll weiter Richtung Null sinken

Rendite muss her - der Garantiezins als unterste Schwelle bei Neuverträgen

Der Garantiezins für neu abgeschlossene Lebensversicherungen liegt seit zwei Jahren bei 0,9%. Heute hat die „Deutsche Aktuarvereinigung“, die nach eigenen Aussagen „berufs­ständische Ver­tretung der Ver­sicherungs- und Finanz­mathe­matiker mit derzeit über 5.300 Mitgliedern“, gegenüber dem Bundesfinanzminister die Empfehlung ausgesprochen den Garantiezins auf 0,5% abzusenken. Diese Änderung würde ab Anfang 2021 gelten. Entscheiden muss letztlich dies die Politik. Aber mal ehrlich. Was soll Olaf Scholz auch anderes machen? Wichtiger als das Wohl der Kleinsparer ist der hohen Politik (so möchten wir es behaupten) immer noch die finanzielle Staatsraison. Wie schon nach der Finanzkrise sichtbar war, wo Zertifikate-Anleger von Politik und Aufsicht relativ kalt im Regen stehen gelassen wurden um die Banken zu schützen, so wird die Politik jetzt das finanzielle Wohl der Versicherer über das Wohl der Kunden stellen. Die Versicherer dürfen nicht ins Wanken geraten. Denn das gesamte Finanzsystem, das muss stabil gehalten werden, komme was da wolle. Und bei Null- und Negativzinsen, da muss die Last eben auf den Endkunden abgewälzt werden?

Die gute Nachricht ist: Diese Senkung beim Garantiezins beträfe Neuverträge. Altverträge haben natürlich noch viel höhere Zinsgarantien, was Jahr für Jahr für die Versicherer zu einem immer größeren Problem wird. Mit ihren Geldanlagen können die Versicherer bei europäischen Staatsanleihen de facto nichts mehr erwirtschaften, und müssen folglich mehr Risiko fahren. Die Altkunden haben garantierte Mindestrenditen, welche man derzeit überhaupt nicht erwirtschaften kann. Aber wenigstens beim Neugeschäft kann man den Garantiezins senken – immer weiter Richtung Null. Die Deutsche Aktuarvereinigung auszugsweise im Wortlaut:

„Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass sich das zum Teil negative Zinsniveau der vergangenen Monate in näherer Zukunft spürbar verbessern wird. Daher ist eine Absenkung des Höchstrechnungszinses für Neuverträge ab 2021 geboten“, begründet der DAV-Vorstandsvorsitzende Dr. Guido Bader die Empfehlung.

Im Laufe des Jahres 2019 bewegten sich die zehnjährigen Euro-Swap-Sätze erstmals im negativen Bereich. Vor zehn Jahren lag dieser Zinssatz bei etwa 3,5 Prozent, aktuell ist er von seinen historischen Tiefstständen auf etwa 0,1 Prozent gestiegen. „Die kapitalgedeckte Vorsorge ist zur Sicherung des Lebensstandards unersetzlich. Wir machen sie auch im aktuellen Zinsumfeld sicher“, so Dr. Bader. Die Auswirkungen der anhaltenden Nullzinsphase seien bereits in vielen Bereichen der Finanzwirtschaft zu beobachten. „Klassische Lebens- und Rentenversiche­rungen zeigen gerade heute eine im Marktvergleich respektable Gesamtverzin­sung“, stellt Dr. Bader fest. Zudem betont er, dass ein neu festzusetzender Höchstrechnungszins ausschließlich für Neuverträge ab 1. Januar 2021 gelte. „Bestehende Garantiezusagen bleiben davon unangetastet“, so Dr. Bader.

Und wie berechnet der Verband diese Empfehlung für den Garantiezins? Zitat:

Um den geänderten Marktgegebenheiten Rechnung zu tragen, hat die DAV ihre Methodik angepasst. Anders als in der Vergangenheit orientiert sich die Zinsempfehlung nicht mehr primär an den historischen Renditen europäischer AAA-gerateter Staatsanleihen. Vielmehr berücksichtigt der neue Höchstrechnungs­zins die künftig realistisch am Kapitalmarkt erzielbaren Renditen der Lebensver­siche­rungs­unternehmen für neu abgeschlossene Verträge. Um diese zu berechnen, wurde ein repräsentatives Neuanlageportfolio eines Lebensversicherers mit konservativer Kapitalanlagestrategie modelliert. Dieses besteht im Wesentlichen aus festverzinslichen Wertpapieren und einem geringen Anteil aus Substanzwerten wie Aktien und Immobilien. Unter Annahme verschiedener Zinsentwicklungen wurden die aus diesem Anlageportfolio abgeleiteten Durchschnittsrenditen in die Zukunft projiziert. Zur Glättung wurde das arithmetische Mittel dieser Renditen über jeweils fünf Jahre gebildet. „Zusätzlich wurde ein 40-prozentiger Abschlag als Sicherheitspuffer eingerechnet, so wie ihn der Gesetzgeber bis zur Einführung des europäischen Versicherungsaufsichtsregimes Solvency II gefordert hat“.



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2 Kommentare

  1. In der Schweiz sind wir da schon einen Schritt weiter der technische Zins (welcher den Maiximalzins darstellt) welche eine Versicherung anbieten darf ist schon laange 0%.

    Aktuell diskutiert man darüber ob Versicherungen generell Verboten werden soll Renditen überhaupt zu garantieren

  2. Steuer-Olaf könnte ja im Gegenzug die Vorsorgeaufwendungen wieder in angemessener Höhe steuerlich anerkennen und/oder die nachgelagerte Besteuerung im Rentenalter canceln. Dann hätten Endkunden von Alt- und Neuverträgen etwas davon und auch die Versicherer. Aber ein Politiker lässt sich eher die Hand abhacken oder liegt lieber tot im Graben :)

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