Gas

"Gut gemeint" bedeutet nicht unbedingt ein gutes Resultat Gaspreisbremse: Gedanken zu den kuriosen Auswirkungen

Die Gaspreisbremse steht an, die konkreten Ideen liegen vor. Hier einige Gedanken und Expertenaussagen zu den möglichen kuriosen Auswirkungen.

Heizung und Temperaturregler

Die Gaspreisbremse, die heute Vormittag von einer Expertenrunde vorgeschlagen wurde, wird wohl aller Voraussicht nach so von der Bundesregierung umgesetzt werden. Die Maßnahmen hören sich gut an, und werden auch eine große Entlastung bringen. Doch bei genauerem Hinschauen ergeben sich Probleme und Kuriositäten. Positiv muss man erst einmal erwähnen, dass wirklich etwas getan wird, und dass es in der Tat umfangreiche Entlastungen geben wird!

Gaspreisbremse für Privatverbraucher – Mieter müssen auf die Vermieter hoffen

Weil die große Lösung nicht so schnell administrativ realisiert werden kann, wird der Bund für die Gasverbraucher im Monat Dezember die komplette Abschlagszahlung übernehmen (muss nicht zurückgezahlt werden). So weit, so gut – fürs Erste. Hoffen und bangen müssen hier aber Millionen von Wohnungsmietern. Denn bezahlt wird hier die Abschlagsrechnung der Verbraucher, also der Vermieter gegenüber dem Gasversorger. Der Wohnungsmieter ist folglich darauf angewiesen, dass sein Vermieter für Dezember in der Monatsmiete die Heizkostenvorauszahlung nicht mit berechnet, also dass die Miete geringer ausfällt. Man ist dann wohl auf die Gutmütigkeit des Vermieters angewiesen?

Die große strukturell sinnvolle Lösung tritt für Privatverbraucher tritt erst ab März 2023 in Kraft (bis April 2024). Ab dann werden 80 Prozent eines geschätzten Kontingents subventioniert, so dass der Verbraucher 12 Cents pro Kilowattstunde zahlt. Das Problem für die Bürger: In den Monaten November, Januar und Februar wird man – wenn man bereits höhere Abschlagszahlungen zahlt – erstmal weiter die höheren monatlichen Belastungen tragen müssen. Und auch hier müssen die Wohnungsmieter hoffen, dass die Vermieter die Gaspreisbremse weiterreichen in Form sinkender Monatsmieten? Noch ist nicht klar, ob die Bundesregierung an diesen Punkt denken wird in Form einer gesetzlichen Verpflichtung an die Vermieter.

Der früher sparsame industrielle Gasverbraucher ist der Dumme?

Unternehmen erhalten ab Januar 2023 eine Entlastung, die sich auf „70 Prozent des Jahresverbrauchs des jeweiligen Unternehmens im Jahr 2021“ bezieht. Das bedeutet kurioserweise: Wer im Jahr 2021 volle Pulle viel Gas verbraucht hat, erhält ab Januar 2023 auch ein relativ großes Kontingent an Gas, dass er subventioniert zu einem „Beschaffungspreis“ von 7 Cent pro Kilowattstunde beziehen kann (was laut den Experten exakt zu den 12 Cents für Privatkunden passt).

Anders rum bedeutet das auch: Wer bereits in 2021 ein sparsamer Gasverbraucher war, erhält ein relativ kleines subventioniertes Kontingent. Der Sparsame ist also der Dumme? Darf man es so formulieren? Und der damals nicht sparsame Industriebetrieb wird ab Januar 2023 quasi die damals sparsam verbrauchende Konkurrenz nun ausstechen können, weil man günstige Gaspreise für größere Mengen beziehen kann.

Einschätzung von Ökonomen

Die Experten haben es heute Vormittag in der Bundespressekonferenz sinngemäß ausgedrückt, dass diese Vorschläge für eine Gaspreisbremse keinesfalls eine perfekte Lösung sind. Mehrfach sagte man, dass man unter Zeitdruck stand. Der Chef des ifo-Instituts Clemens Fuest kommentiert zu dieser „Gaspreisbremse“ aktuell:

Die Ökonomen der Commerzbank haben sich vor wenigen Minuten zu den Vorschlägen der Expertenkommission für die Gaspreisbremse geäußert. Sollten diese Vorschläge umgesetzt werden, würde dies den Staat nach grober Schätzung der Commerzbank etwa 90 Milliarden Euro kosten. Nur ein Teil hiervon würde den privaten Haushalten zugutekommen. Die Inflationsrate würde hierdurch im kommenden Jahr um gut einen Prozentpunkt niedriger ausfallen. Dabei spreche manches dafür, dass sich die Übernahme der Dezember-Abschläge durch den Staat in der Inflationsrate nicht bemerkbar machen wird. Vielmehr dürften die Statistiker dies als Beihilfe werten und nicht als eine Reduktion des Gaspreises auf null.

Unter den genannten Annahmen kommen wir bei unserer mit offensichtlich großer Unsicherheit verbundenen Schätzung zu dem Ergebnis, dass die Gaspreisbremse in der nun von der Kommission vorgeschlagenen Ausgestaltung den Verbrauchpreisindex für Gas bis Ende 2023 um etwa ein Drittel drücken wird, so die Commerzbank. In der Folge würde die Inflationsrate in Deutschland im Verlauf des kommenden Jahres noch etwas stärker zurückgehen als man dies derzeit erwartet. Im vierten Quartal 2023 läge sie dann mit gut 4% knapp zwei Prozentpunkte unter der aktuellen Prognose von knapp 6%



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9 Kommentare

  1. Die Mieter müssen mitnichten auf die Vermieter hoffen,sondern umgekehrt. Mir ist es als Vermieter nicht gestattet, Zwischenerhöhungen von Betriebs- oder Heizkostenvorauszahlungen vorzunehmen. Ich darf das genau 1 x im Jahr, nämlich im Zuge einer erfolgten Abrechnung.Und entsprechend dem Abrechnungsergebnis dürfen die beiden Mietvertragsparteien eine Anpassung fordern, der dann stattzugeben ist. Hat der Mieter ein Guthaben, darf er eine entsprechende Reduzierung fordern, muß der Mieter nachzahlen, darf ich als Vermieter eine entsprechende Erhöhung fordern. Es ist nur so, das die jetzt erstellten Abrechnungen das Jahr2021 betreffen, da gab es überhaupt noch keine signifikanten Gaspeiserhöhungen. Zmindest hier in Berllin hatte ich für meine Häuser eine Erhöhung des Gaspreises von rund 15% für die Monate November und Dezember 2021.( di heftigen Erhöhungen von weiteren ca. 50% galten ab Mai 2022 ) Also ist in den jetzt erstellten Abrechnungen für die Mieter keine wesentliche Nachzahlung wegen Preiserhöhungen enthalten, diese kommt erst mit der Abrechnung 2023 für das Jahr 2022. Somit dürfte ich nicht einmal erhebliche Vorauszahlungsanpassungen vornehmen, nur soweit Kosten schon angefallen sind. Mein Gasversorger hingegen hat mir bereits im Juli die Abschlagszahlungen signifikant erhöht, ich bin also als Vermieter aktuell erheblich in Vorkasse. Und ausgeglichen wird das für mich erst mit der nächsten Abrechnung im Laufe des Jahres 2023, wenn der/ie Mieter dann noch zahlungsfähig sind. Dswegen wäre es absolut nicht korrekt, eine Absenkung der Vorauszahlung für den Monat Dezember 2022 zu fordern, da alle Mieter im Jahr 2022 viel weniger vorausgezahlt haben, als bereits an Kosten für die Vermieter angefallen ist. Nur mal so.

  2. So richtig die Dummen sind die, die auf regenerative Heizenergie wie z.Bsp. Wärmepumpen gesetzt haben.

    Das nenne ich mal grüne Politik -> es werden umweltfreundliche Heizmethoden bestraft. Habecks Irrfahrt geht in eine weitere Runde.

    1. @Torsten, regenerativ sind Wärmepumpen ja nur dann, wenn sie mit nachweislich grünem Strom betrieben werden. In vielen Fällen existieren für Wärmepumpen spezielle Stromtarife, die deutlich günstiger sind. Zudem generieren sie etwa das Drei- bis Vierfache an Heizenergie im Verhältnis zum Stromverbrauch.

      Bei einem Gaspreisdeckel von 12 Cent ergeben sich bei einem Verbrauch von 20.000 kWh Kosten in Höhe von 2.400 €.
      Bei einer Wärmepumpe dürfte für diese Heizleistung ein Stromverbrauch von durchschnittlich etwa 4.500 kWh anfallen. Je nach Tarif ist also in etwa mit denselben Kosten zu rechnen.

      Nun kommt es also darauf an, welchen Stromtarif man abgeschlossen hat, ob eine eigene PV- und/oder Solarthermie-Anlage vorhanden ist und wie die noch ausstehende Ausgestaltung der Strompreisbremse ausfällt. Vermutlich werden Gaskunden in der Summe relativ betrachtet stärker entlastet, die absolute Endabrechnung dürfte schlimmstenfalls gleich ausfallen. Das ist vermutlich etwas „ungerecht“, ich würde allerdings nicht so weit gehen, von Bestrafung zu reden. Nennen wir es Solidarität mit vielen Mietern, die keinerlei Einfluss auf die Art ihrer Heizung haben.
      Allerdings sollte in absehbarer Zeit das vorteilhafte Verhältnis zugunsten von Wärmepumpen wieder ansatzweise hergestellt werden, um etwa die höheren Investitionen und den ursprünglichen Klimaschutz-Zweck entsprechend zu würdigen.

      Herrn Habeck würde ich hier weniger die Schuld zuschieben, es wurde extra eine Expertenkommision aus Industrie, Volkswirtschaft, Wissenschaft, Wohnungsunternehmen, Mieterbund, Juristen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern und Energiewirtschaft einberufen, um ein möglichst breites Spektrum an Interessen und Fachwissen zu vertreten.
      Leider werden sich immer Gruppen und Individuen finden, die etwas zu mäkeln haben oder tatsächlich benachteiligt werden. Dies aber laufend einer einzelnen Person in die Schuhe zu schieben, die nebenbei bemerkt in hohem Maße von der Spendierlaune des Finanzministeriums abhängig ist, finde ich zu kurz gedacht.

      1. Grundsätzlich gut erläutert. Aber ich bleibe bei der Meinung der unverhältnismäßigen Bestrafung, man die deutlich höheren Investitionskosten der WP nicht außen vor lassen darf. So viel wirtschaftliches Verständnis traue ich nun aber unserem Wirtschaftsminister überhaupt nicht mehr zu.

        1. @Torsten, ich würde sagen, warten wir erst einmal ab, wie die Strompreisbremse ausgestaltet wird. Die Regierung versucht ja, dieses dämliche Merit-Order-Prinzip in seiner jetzigen Form zu ändern. Das geht aber wohl nur mit Einverständnis der EU. Einen Winter kann man schon mal in den sauren Apfel beißen, da will ich niemanden ausnehmen. Danach muss sich die viel beworbene Wärmepumpe allerdings wieder deutlich mehr rentieren.

  3. Ich denke, diese Gaspreisbremse wird nicht gerichtsfest sein, weil wesentlich ungleiche Sachverhalte gleich behandelt werden. Ich habe extrem gespart in den letzten Jahren und kann dies mit Vergleichswerten nachweisen. Ich kann nicht weiter sparen um auf 80 Prozent zu kommen. Der Villenbesitzer heizt seinen Außenpool im Winter einfach nicht mehr und kann seine Bude trotzdem ganz normal weiter Heizen!
    Ich subventioniere mit meinen Steuern also das Heizen der Villenbesitzer, darf aber den höheren Gaspreis für alles bezahlen was über 80 Prozent geht?
    Der sparsame, also der kleine Bürger ist also wieder die Melkkuh. Das geht so nicht! #DeutschlandHatFertig

    1. @Frank

      Der Entwurf der Kommission sieht vor, dass der Rabatt bei der Preisbremse in der Einkommenssteuererklärung als geldwerter Vorteil angeben werden soll. Die Freibeträge sind dabei so hoch, dass Geringverbraucher nicht steuerlich belastet werden. Der Villenbesitzer mit Pool und hohem Einsparpotenzial, der üblicherweise auch einen relativ hohen Steuersatz hat, muss also den Rabatt wie Einkommen versteuern.

      Im Winter heizt ohnehin niemand seinen Außenpool, sondern lässt das Wasser üblicherweise im September ab und deckt den leeren Pool zu. Um also die 80% dauerhaft und durchschnittlich zu erreichen, dürfte er diesen auch im Frühjahr/Sommer 2023 nicht beheizen, wenn Poolsaison ist. Ansonsten fallen die hohen Marktpreise dafür an.

      Natürlich kann nicht immer alles fair nach Einkommensschichten gestaffelt zugehen, dafür müssten die Energieversorger das persönliche Einkommen oder der Staat den Energieverbrauch kennen. Beides ist aber nicht der Fall, und das Einreichen von Belegen wäre erstens datenschutzrechtlich sehr bedenklich (das will ja auch keiner), und zweitens verwaltungstechnisch nicht zu schaffen. Für so etwas bräuchten wir ein gläsernes Zentralregister über sämtliche Daten und Lebensumstände der einzelnen Bürger, wie es nur in Diktaturen wie etwa China der Fall ist.

  4. Und was ist mit denen die mit Öl heizen ? in meinen Ort sollte vor 28 Jahren Gas verlegt werden. Wurde nicht gemacht, weil ein angedachtes Gewerbegebiet nicht bebaut wurde. Also wurde eine Ölheizung installiert.

    Die Regierung tut so als wenn alles mit Gas heizen würde. Wieder ein Zeichen ihrer Unfähigkeit oder Nicht-Wollens

    1. @ottonorma

      Sie argumentieren schon wieder mit einem Whataboutism! Mehr haben Sie nicht drauf? 😄
      Der Heizölpreis ist aber auch „nur“ 77 Prozent höher, als vor einem Jahr. Bei Gaskunden sind es 200 Prozent. Heizöl kostet derzeit 15 Cent/kWh, Gas 21 Cent/kWh.
      Als klimaschädlichster von allen Energieträgern wäre es absolut ok, wenn Öl die mit Abstand teuerste Form des Heizens wäre.

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