Seit Monaten sind diese Statistiken auf den ersten Blick immer wieder erstaunlich, aber auf den zweiten Blick gut nachvollziehbar. Deutschland hat zwar insgesamt gesehen im ersten Halbjahr 2022 einen Außenhandelsüberschuss erzielt, aber nicht gegenüber Russland. Schauen wir auf aktuell veröffentlichte Details.
Deutsches Handelsdefizit gegenüber Russland von 14,2 Milliarden Euro
Wie das Statistische Bundesamt heute vermeldet, hat Deutschland im ersten Halbjahr 2022 Waren im Wert von 8,3 Milliarden Euro nach Russland exportiert – das waren 34,5 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2021. Dies kann man klar auf die westlichen Sanktionen gegen Russland zurückführen. Man möchte Putin nicht mehr mit westlichem Know How versorgen. Man darf annehmen: Würde man aus dem ersten Halbjahr noch Januar und Februar (vor Beginn der Sanktionen) herausrechnen, wäre das Exportvolumen noch deutlich geringer.
Gleichzeitig stiegen die Exporte von Russland nach Deutschland im ersten Halbjahr im Jahresvergleich um 51,3 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro. Durch diese Differenz zwischen Im- und Exporten entsteht der enorme Handelsbilanzüberschuss für Russland gegenüber Deutschland in Höhe von 14,2 Milliarden Euro (im Vorjahr nur 2,2 Milliarden Euro). Diese Summe floss im Außenhandel insgesamt netto von Deutschland nach Russland.
Aber es ist wichtig zu betonen: Dieser enorme Anstieg um 51,3 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro, die von Deutschland brutto nach Russland geflossen sind, waren ein wertmäßiger Zuwachs. Die von Russland nach Deutschland tatsächlich transportierten Warenmengen sanken im selben Zeitraum um 24 Prozent. Der einzige Grund, warum Russland bei weniger Warentransportmengen mehr Geld verdient hat als im Vorjahr, ist in den stark gestiegenen Weltmarktpreisen für Rohstoffe zu finden. Es ist perfide. Aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine steigenden die Preise, und Russland als großer Rohstoffexporteur profitiert davon.
Aber irgendwann wird ein Zeitpunkt erreicht sein, wo die von den europäischen Abnehmern gekauften russischen Rohstoffmengen so weit gesunken sind, dass auch höhere Preise nichts mehr nützen. Sinkt die importierte Menge immer mehr Richtung Null, wird Russland deutlich weniger Geld aus Europa erhalten. Aber bislang ist dieser Zustand noch nicht erreicht worden. Europa war (noch) zu abhängig von russischen Rohstoffen wie Gas und Öl.
Gesamter deutscher Außenhandel mit Überschuss, aber deutlich geringer
Blicken wir auf den gesamten deutschen Außenhandel im ersten Halbjahr, dann stehen Exporten von 763,9 Milliarden Euro (+13,4 Prozent im Jahresvergleich) Importe von 729,6 Milliarden Euro gegenüber (+26,5 Prozent). Der Außenhandelsüberschuss Deutschland mit dem gesamten Ausland betrug immerhin 34,3 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es allerdings +96,5 Milliarden Euro. Woher dieser deutlich geschrumpfte Überschuss stammt? Auch hier ist die Antwort einfach. Die weltweit gestiegenen Rohstoffpreise sorgen dafür, dass deutsche Einkäufer von Rohstoffen viel mehr Geld an die Rohstoffproduzenten ins Ausland überweisen müssen. So muss Gas, Kohle, Öl uvm, was man nun unabhängig von Russland verstärkt aus anderen Ländern einkaufen will, zu hohen Preisen importiert werden.
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Hier weitere Aussagen vom Statistischen Bundesamt zum deutschen Außenhandel im Wortlaut:
Wichtigste Exportgüter Deutschlands waren im 1. Halbjahr 2022 Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile mit einem Wert von 116,3 Milliarden Euro, gefolgt von Maschinen mit einem Wert von 99,2 Milliarden Euro. Das entspricht einer Steigerung von 5,9 % beziehungsweise 2,3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Wichtigste Importgüter waren chemische Erzeugnisse mit 76,1 Milliarden Euro (+64,9 %) und Datenverarbeitungsgeräte (68,2 Milliarden Euro; +12,6 %). Die hohen Importwerte im Chemiesektor sind auf die Einfuhren im Bereich Lactame aus China zurückzuführen, die sowohl für die Kunststoff- als auch für die Medikamentenherstellung verwendet werden können.
Im Berichtsmonat Juni 2022 exportierte Deutschland insgesamt Waren im Wert von 135,9 Milliarden Euro, das war eine Steigerung um 14,5 % zum Juni 2021. Nach Deutschland importiert wurden Waren im Wert von 128,2 Milliarden Euro (+24,8 % zum Vorjahresmonat).
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