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Immobilienaktien glänzen wieder – Blick hinter die Zeit hoher Zinsen

Europäische Immobilienaktien haben nach dem Crash in 2022 im letzten Jahr wieder gewonnen. Die Euphorie könnte sich in 2024 verstärken.

Grafik zeigt prozentuale Entwicklung europäischer Immobilienaktien

Immobilienaktien glänzen wieder. Warum? Die Börse handelt bekanntlich immer die Zukunft. Oft sind es 6 oder auch 12 Monate Zukunft, die man in Kursen ablesen kann, oder sogar noch entferntere Ausblicke in die Zukunft? Die Märkte erwarten in Europa wie in den USA bereits in diesem Frühjahr sinkende Zinsen durch die Zentralbanken. Denn die Märkte glauben an eine konjunkturelle Verschlechterung und eine weitere Entspannung der Inflations-Problematik, während die Zentralbanker diese Euphorie versuchen abzubremsen. Der Blick auf diese Zinsszenarien ist äußerst wichtig für Anleger, die in Immobilienaktien wie auch direkt in Immobilien anlegen wollen.

Europäische Immobilienaktien konnten in 2023 eine Wende hinlegen

Der obige TradingView Chart zeigt die Entwicklung der letzten zwölf Monate: Während der Leitzins der EZB von 2,5 % auf 4,5 % anstieg (türkise Linie), konnte sich der größte deutsche Immobilienanbieter Vonovia wieder erholen und legte 36,18 % zu (orange Linie). Gleichzeitig konnten europäische Immobilienaktien im Schnitt 12,98 % gewinnen. Dazu sehen wir im Chart als blaue Linie die Wertentwicklung des iShares European Property Yield ETF, der europäische Immobilienaktien abbildet. Darunter ist Vonovia als größter Posten mit 16,09 % gewichtet. Es folgen Swiss Prime Site mit 5,86 %, Unibail Rodamco mit 5,53 %, LEG Immobilien mit 4,73 %, Gecina mit 4,61 %, PSP Swiss Property mit 4,57 %, Castellum mit 4,46 % usw. Insgesamt sind 69 verschiedene Aktien enthalten, womit wir hier einen sehr guten Gradmesser für die Entwicklung von Immobilienaktien in Europa sehen können.

Größeres Bild zeigt Absturz und beginnende Erholung

In der folgenden Grafik sehen wir die selben Werte seit Anfang 2022. Dieser Startpunkt ist deswegen so interessant, weil die Märkte ca ab diesem Zeitpunkt von steigenden Zinsen in Europa ausgingen. Erst ab Juli 2022 erfolgte dann die erste Zinsanhebung der EZB von 0 % aus, bis heute auf 4,5 %. Von Anfang 2022 bis heute verlor die Vonovia-Aktie unterm Strich 37,97 %, während der ETF für Immobilienaktien 31,20 % verlor. In diesem größeren Bild kann man besser sehen, wie die Branche in 2022 den großen Crash erlebte, und sich grob gesagt ab Sommer 2023 stabilisiert hat. Ab Herbst 2023 setzten dann vermehrt die Hoffnungen auf das Ende der Zinserhöhungen ein, was dann mündete in die jetzige Hoffnung auf Zinssenkungen.

Grafik zeigt Performance von Immobilienaktien insgesamt und Vonovia seit Anfang 2022

Warum niedrigere Zinsen so wichtig sind

Man sieht es seit Monaten: Immer mehr Projektentwickler gehen pleite oder sind massiv angeschlagen (siehe jüngst One Group mit ausgesetzten Zinszahlungen für Anleger), weil hohe Baukosten und Zinsen Projekte unrentabel machen. Private Bauherren sagen den Bau neuer Häuser ab. Je niedriger die Zinsen, desto mehr würde der Wohnungsbau wieder stimuliert werden. Und je niedriger die Zinsen, desto niedriger die Zinslasten für Immobilienunternehmen. Für die nächsten Monate und Quartale gilt: Wenn lang laufende Kredite von Immobilienunternehmen derzeit aus ihrer Zinsbindung auslaufen, und neue Zinsen festgesetzt werden, mündet das oft in einer Katastrophe. Man schloss vor Jahren Kreditverträge zu Niedrigstzinsen ab, und kalkulierte darauf seine Projekte. Jetzt mit dramatisch höheren Zinsen geht man pleite, oder hat zumindest deutlich schlechtere Finanzkennzahlen. Je schneller die Zinsen wieder sinken, desto besser ist dies folgerichtig für Immobilienaktien. Und da die Börse immer die Zukunft handelt, haben die Börsianer in den letzten Wochen diese Hoffnung verstärkt in höhere Kurse eingepreist. Man darf vermuten, dass sich diese Entwicklung fortsetzen kann, wenn die Märkte die Zinssenkungshoffnungen verstärken.

Blick auf Rezession und Inflation wichtig für Immobilienaktien

Natürlich ist es dafür wichtig fortlaufend auf Aussagen von Zentralbankern zu achten. In letzter Zeit aber konnten beispielsweise EZB-Banker die Zinssenkungshoffnungen noch so sehr versuchen abzubremsen – die Märkte ließen die Renditen von Staatsanleihen dennoch weiter fallen. Verschlechtert sich die Konjunktur in Europa weiter, und rutscht die Inflation noch weiter ab, könnten aber auch die Zentralbanker plötzlich klarer von Zinssenkungen sprechen. Kommt es so, wäre dies wohl ein weiterer Push für fallende Anleiherenditen, und einen noch stärkeren Aufwärtsmove für Immobilienaktien in Europa. Bei vielen angeschlagenen Anbietern dürfte es die Hoffnung sein, dass die Zinswende nach unten noch rechtzeitig kommen dürfte, um noch größere Debakel in den Bilanzen zu verhindern.

Renditen und Bauzinsen fallen

Wie schon Anfang 2022, als die Märkte die Zinserhöhungen der Zentralbanken ein halbes Jahr vorher vorweg nahmen, sehen wir derzeit bereits deutlich, wie die Märkte die womöglich anstehenden Zinssenkungen der EZB einpreisen. So zeigt der folgende Chart seit März 2023 den Verlauf der Rendite für zehnjährige deutsche Staatsanleihen. Seit Oktober 2023 fällt sie von 2,93 % auf aktuell 2,10 %. Letzte Woche lag das Tief bereits bei 1,89 %. So ein großer Absturz binnen drei Monaten – das ist eine gigantische Bewegung! Die Bauzinsen in Deutschland mit 10 Jahren Sollzinsbindung sind laut dem Anbieter Interhyp im selben Zeitraum ebenfalls massiv gefallen von 4,23 % auf 3,42 %. Diese Entwicklung war in den letzten Wochen sozusagen die Basis dafür, dass der vorher genannte ETF für europäische Immobilienaktien seit Mitte Oktober um 29 % zulegen konnte.

Grafik zeigt Verlauf der Rendite für zehnjährige deutsche Staatsanleihen



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