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Größter Einbruch seit Corona Indien: Aktienmarkt crasht – Modi-Sieg viel knapper als erwartet

Aktienmarkt teuer

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Foto: Pexels

Der Aktienmarkt in Indien erlitt am Dienstag den größten Tagesverlust seit dem Corona-Crash! Der Grund: erste Auszählungen deuten darauf hin, dass die Regierungspartei von Premierminister Narendra Modi bei den Parlamentswahlen um die Mehrheit der Sitze kämpfen muss – ein erstaunliches Ergebnis, nachdem die Wahlumfragen auf einen Erdrutschsieg hindeuteten.

Indien: Aktienmarkt stürzt ab

Der NSE Nifty 50 Index stürzte in Mumbai um bis zu -8,5 % ab und verzeichnete damit den stärksten Tagesrückgang seit mehr als vier Jahren. Frühe Auszählungen hatten gezeigt, dass Modis Bharatiya Janata Party und ihre Verbündeten in der National Democratic Alliance mit mehr als 290 Sitzen in Führung lagen. Das sind etwas mehr als die 272 Sitze, die für eine Mehrheit im Parlament erforderlich sind, und weit weniger als die rund 350 Sitze, die sie 2019 erringen konnten. Auch die Rupie und Staatsanleihen fielen, wie Bloomberg berichtet.

Zuvor hatte der Aktienmarkt in Indien eine beeindruckende Rally absolviert – und damit die Aktienmärkte in China weit übertroffen. Die Spannungen zwischen Indien und China nehmen seit Monaten zu.

Ein knapper als erwarteter Sieg von Modis Bündnis wirft die Frage auf, inwieweit die neue Regierung in der Lage ist, politisch schwierige Reformen des Boden- und Arbeitsrechts durchzusetzen, die von einigen Investoren als entscheidend für die Aufrechterhaltung des Wirtschaftswachstums in Indien angesehen werden (das bereits das schnellste der Welt ist). Vor Beginn der Wahlen am 19. April hatte Modi kühn vorausgesagt, dass sein Bündnis satte 400 Sitze gewinnen würde.

Doch mehr als 20 Oppositionsparteien, angeführt von Rahul Gandhi, bildeten eine Einheitsfront mit dem Namen Indian National Developmental Inclusive Alliance, um Modi zu besiegen. Die Allianz, eine Mischung aus regionalen und kastenbasierten Gruppen, konzentrierte sich darauf, Wähler anzusprechen, die sich von Indiens Wachstumsgeschichte ausgeschlossen fühlten. Indien ist von wachsender Ungleichheit, allgegenwärtiger Arbeitslosigkeit, steigenden Lebenshaltungskosten und einer wachsenden Nachfrage nach sozialer Unterstützung geprägt. Die Anti-Modi-Allianz war auf dem besten Weg, mehr als 180 Sitze zu gewinnen.

„Modi-Aktien“ stark unter Druck

Unternehmen, die mit den Entwicklungszielen der Regierung verbunden sind, stürzten am Aktienmarkt ab, wobei Adani Ports & Special Economic Zone einen regelrechten Sturzflug hinlegte. Die Rupie schwächte sich gegenüber dem Dollar so stark ab wie seit 10 Monaten nicht mehr. Die Rendite der 10-jährigen Anleihe stieg um 11 Basispunkte auf 7,06 %, den größten Sprung seit Oktober.

„Wenn die Regierung schwach ist, selbst wenn die NDA sie bildet, dann wird sie nicht die volle Fähigkeit haben, die Reformen durchzuführen“, sagte Avnish Jain, Leiter der Abteilung für festverzinsliche Wertpapiere bei Canara Robeco Asset Management Co. Es könnte zu einem breiteren fiskalischen Druck und etwas Populismus im Haushalt führen.

Fast schon Panik

Der Absturz des Nifty brachte den indischen Aktienmarkt nahe an seine erste Handelsaussetzung (circuit breaker) seit dem Absturz in der Covid-Ära im März 2020 heran. Der Ausverkauf erinnert auch an die Wahlen von 2004, als die unerwartete Niederlage der BJP einen Marktcrash auslöste. Der Handel wurde damals  zweimal ausgesetzt, als der S&P BSE Sensex zum ersten Mal in der Geschichte der Börse mehr als 10%  fiel.

Die Volatilität stieg während der Auszählung der Stimmen durch die indische Wahlkommission sprunghaft an, so dass ein Indikator für die impliziten 30-Tage-Ausschläge an der NSE um bis zu 42% anstieg. Ein Index der so genannten Modi-Aktien brach ein, wobei das Flaggschiff der Adani Group, Adani Enterprises, zu den größten Absteigern gehörte.

Im Vorfeld der Exit Polls, die der BJP-geführten Allianz mehr als 350 der 543 Sitze im Unterhaus vorausgesagt hatten, hatte eine Bloomberg-Umfrage ergeben, dass der Aktienmarkt in Indien um bis zu 10 % einbrechen könnten, wenn die BJP die Marke von 272 Sitzen nicht überschreitet. Oppositionsführer hatten die Umfragen nach ihrer Veröffentlichung am Wochenende abgelehnt, und ein führender Vertreter der Kongresspartei bezeichnete die ersten Ergebnisse am Dienstag als „angenehme Überraschung“.

Während die BJP-geführte Allianz immer noch auf eine dritte Amtszeit hoffen kann, wird Modi nun stärker auf die Unterstützung seiner Koalitionspartner angewiesen sein – darunter zwei regionale Parteiführer, die in der Vergangenheit häufig die Seiten gewechselt haben. Einer von ihnen – Nitish Kumar, Ministerpräsident des nördlichen Bundesstaates Bihar und Vorsitzender der Janata Dal (United) – war Mitglied des Oppositionsbündnisses, als dieses im vergangenen Jahr gegründet wurde, bevor er abtrat. Der andere ist Chandrababu Naidu aus dem südlichen Bundesstaat Andhra Pradesh, der ebenfalls mit verschiedenen Koalitionen zusammengearbeitet hat.

Nichtsdestotrotz setzen die Investoren auf die Kontinuität der Regierung in Bezug auf die Infrastruktur und die Förderung der Produktion, um das Wachstum anzukurbeln.

„Ich glaube immer noch, dass Modi seinen politischen Kurs beibehalten wird, was die Wirtschaft in Indien längerfristig unterstützen sollte“, so Dong Chen, Chefstratege für Asien bei der Banque Pictet. „Die Bewertungen sind teuer, aber wir werden jede Korrektur genau beobachten, da sich dadurch einige Einstiegsmöglichkeiten ergeben könnten.

Modi hatte die Bemühungen seiner Regierung um die Ankurbelung der Kapitalbildung hervorgehoben, die teilweise dazu beigetragen hat, dass Indiens Wirtschaft zu den am schnellsten wachsenden der Welt gehört.

„Der Aktienmarkt in Indien wurde mit einem Verhältnis der Marktkapitalisierung zum BIP von 140% gehandelt“, sagte Sameer Kalra, Gründer von Target Investing Pvt. und bezog sich dabei auf die teuren Aktienbewertungen. „Wenn es eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf künftige politische Maßnahmen gibt, kann es zu einer größeren Korrektur kommen.“

FMW/Bloomberg

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2 Kommentare

  1. Ich gehe einmal davon aus, daß Premierminister Narendra Modi seinen Kurs zugunsten einer multipolaren Außen(wirtschafts)politik fortsetzen kann.

  2. Die außenpolitischen Freiheiten Indiens sind in der Realität gering, da jeder Schritt in die eine Richtung stets die Notwendigkeit einer Absicherung in die andere notwendig macht. Die grössten Gegner sind, kulturell und geografisch bedingt kaum auflösbar, China und die islamischen Nachbarstaaten. Instinktive Abneigung bestand wegen der Kolonialzeit gegenüber dem Westen. Letzteres als eine Art Haßliebe, da die Hoffnung der Inder meist auf die westlichen Industriestaaten gerichtet ist. Das wird man in Indien nicht gern offiziell zugeben, als latenten Leitfaden immer akzeptieren.

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