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Inflation: Unwort des Jahres – EZB will Topthema abschaffen

EZB will nicht mehr von Inflation sprechen, sondern von einem „unvorhergesehenen monetären Ereignis“!

 

Inflation ist abgeschafft - EZB

Zuweilen muss man alte Probleme ganz neu Denken – deshalb ein (satirischer) Vorschlag zur Güte: Inflation gibt es ab sofort nicht mehr! Nachdem das Wort „Inflation“ zum Unwort des Jahres 2022 erklärt worden ist, hat der digitale Duden – mit gutem Beispiel vorangehend – es kurzerhand aus dem Wortschatz gestrichen. Ab sofort wollen die Sprachpfleger und auch die obersten Währungshüter der EZB nicht mehr von Inflation sprechen, sondern von einem „unvorhergesehenen monetären Ereignis“!

EZB: Nullzins orientiert sich an biblisches Zinsverbot

Auf die Frage, warum die EZB nicht endlich den Leitzins erhöhe, um das unvorhergesehene monetäre Ereignis (ehedem Inflation) wirkungsvoll zu bekämpfen, erklärte die EZB-Spitze, man richte sich bei der Definition moderner finanzpolitischer Ziele ab sofort an den ethischen Grundsätzen des ESG-Guidance. ESG steht für „Environmental, Social and Governance“, Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Im übrigen stehe die Nullzinspolitik im Einklang mit dem biblischen Zinsverbot, insbesondere mit jenen hohen ethischen Grundsätzen, wie sie Thomas von Aquin gültig formuliert hat. Thomas von Aquin (geb. um 1225), so die EZB, sei schließlich nicht irgendwer, sondern der bedeutendste Philosoph und Theologe des Mittelalters. Ministerpräsident Draghi regte unmittelbar daraufhin an, den bedeutenden Philosophen, der im italienischen Fossanova 1274 verstarb, auf den neuen 50 EURO Geldschein abzubilden.

Dank Inflation: viele neue Geldscheine wichtiger EZB-Beitrag für europäische Identität

Dank des unvorhergesehenen monetären Ereignisses (ehedem Inflation) kommen die Bürger Europas zu einem bunten Strauß neuer knitterfreier Geldscheine. Am 11. Februar 2022 gab Christine Lagarde ein Interview zu den schönen neuen Geldscheinen. Das Projekt liegt ihr am Herzen: „Wir schauen uns die Banknoten genau an“, so Lagarde. „Persönlich kann ich mir Porträts berühmter Europäer vorstellen: Leonardo da Vinci, Ludwig van Beethoven, James Joyce. Ich erinnere mich an die Fünf-Franc-Banknote, die Victor Hugo zeigte und in Frankreich 50 Jahre zirkulierte. Ich bin überzeugt, dass es noch weitere Wege gibt, die europäische Identität zu visualisieren“. Je mehr Geldscheine dank des unvorhergesehenen monetären Ereignisses (alt: Inflation) neu in Umlauf gelangen, desto besser. Schließlich verankere sich dadurch die neue positive Identität in den Köpfen und Herzen der Bürger viel tiefer.

EZB: Klimarettung durch monetären Wandel

Die EZB hat letzte Woche erfolgreich einen großangelegten Klimastresstest der gesamten Finanzbranche koordiniert. Die Verantwortlichen sollen ihn, das wird kolportiert, zwar mit Sorgenfalten auf der Stirn, aber besonnen und mit ruhiger Hand cool durchexerziert haben. Kritiker, welche die EZB-Spitzen fragten, warum eigentlich kein Inflationsstresstest oder Zinsstresstest simuliert werde, wurden diskret darauf aufmerksam gemacht, dass man auf provozierende Fragen und unsachliche Polemik grundsätzlich nicht antworte.

Fratzscher: Mit viel Sexismus werde über die Inflation gesprochen

In Anlehnung an Paul Krugmans Buch „Arguing with Zombies“ wollen offenbar besonders innovative Spitzen im EZB-Tower überholten gesellschaftlichen Vorstellungen zu Inflation, Zinsen und Geldwertstabilität offensiv den Kampf ansagen. Auch Marcel Fratzscher, der führende Fernsehökonom Deutschlands, meldete sich zu Wort: „Es gibt keinen Grund für Inflationspanik“, so Fratzscher. Vor die Wahl gestellt zwischen „Geld oder Leben“ (Fratzschers neuester Buch-Seller), sollten die Menschen endlich Umparken im Kopf. Schließlich würden alle Studien zeigen: Geld ist zwar nicht alles. Aber ohne Leben ist alles nichts! Im übrigen werden mit viel Sexismus über die Inflation gesprochen. Hier sei Widerspruch angezeigt. Begriffe prägen schließlich Denken, und Denken wiederum präge Handeln. Deswegen sei es besser, statt Inflation sachlich neutral von „das unvorhergesehene monetäre Ereignis“ zu sprechen.

Satire ist tot. Hoch lebe die Satire!
Eine Nachbemerkung des Autors in eigener Sache: Satire ist bekanntlich dann tot, wenn sie von der Wirklichkeit links überholt wird. Wir wollen hoffen, dass obenstehende Satire Satire bleibt, und nicht Wirklichkeit. Man möchte den Eliten ins Stammbuch schreiben, Goethe Faust I zitierend: “Vernunft wird Wahnsinn, Wohltat Plage. Weh Dir, dass Du ein Enkel bist!”



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4 Kommentare

  1. Echt gut geschrieben

  2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die Notenbanken werden wieder einknicken, davon bin ich überzeugt. An eine dauerhafte Inflationsbekämpfung glaube ich nicht.
    Die FED wird auf ihrer nächsten Sitzung keinesfalls die Zinsen um 100 Basispunkte erhöhen, sondern bei den 50er Schritten bleiben.
    Die Inflationsbekämpfung muss schrittweise gehen. Zuerst muss das Fracking wieder hoch gefahren werden. Sinkt der Ölpreis, dann sinkt auch der Gaspreis und wenn der sinkt auch der Strompreis.
    Dann sinkt mittelfristig auch der Erzeugerpreis.
    Dazu müssen aber auch die Ölfelder in Alaska wieder frei gegeben werden.
    Ob die Inflation dauerhaft bleibt, ist in Wahrheit eine Entscheidung der Politik. Will sie auf Teufel komm raus den Klimawandel bekämpfen oder erlaubt sie weiterhin konventionelle Erzeugung von Energie.

    1. @Dr. Schaarschmidt. Sehe ich genauso. Was würde ein 100 BP-Hike für eine Panik lostreten? Wie schlimm steht es mit der Inflation, wenn doch Powell vor Kurzem explizit 75-er-Schritte ausgeschlossen hat?

  3. Denn die EINEN sind im DUNKELN und die anderen sind im Licht.
    UND MAN SIEHET DIE IM LICHTE die im DUNKELN sieht man Nicht.
    Bertolt Brecht.
    Und siehet, seit einigen Zeiten spült, die Macht, der SAFT, seltsame Menschen ins Lichte empor. Es Fratschert und Plätschert.
    REDEN KÖNNEN UND DUMMHEIT VEREINEN SICH BEIDE,
    FREUDE UND GÖTTER SIE KOMMEN SOGLEICH.

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