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Insolvenzen: Wirtschaftsauskunftei über die Dimension des Rückstaus

Das Thema Insolvenzen ist hoch kontrovers

Das Thema Insolvenzen ist hoch umstritten. Die Kritiker sind der Meinung, dass die Insolvenzen bei Unternehmen in 2020 und aktuell Anfang 2021 so dramatisch niedrig sind, weil die Wirklichkeit durch diverse staatliche Maßnahmen verzerrt wird (Rettungsprogramme, Kurzarbeit, Aussetzung der Insolvenzantragspflicht etc). Die Gute-Laune-Betrachter der Thematik würden darauf antworten, dass die Lage trotz Coronakrise dank des guten Managements der Regierung eben doch recht gut aussieht, und dass die Insolvenzen nach Auslaufen der Hilfsmaßnahmen nur minimal ansteigen werden. Ein Gute-Laune-Ökonom wie Dr. Fratzscher vom DIW meinte letztes Jahr sogar, er könne überhaupt gar keine Zombieunternehmen entdecken.

Aber gut, kommen wir zur aktuellen Veröffentlichung der Wirtschaftsauskunftei CRIF Bürgel. Zwar erwähnt man, dass im Jahr 2020 in Deutschland 15.865 Unternehmen Insolvenz angemeldet haben. Damit verringerten sich die Firmenpleiten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16,5 Prozent. Aber die genauen Auswirkungen der Corona-Krise werden laut CRIF Bürgel erst nachgelagert sichtbar werden. Die Insolvenz-Welle werde auch noch in das Jahr 2022 hineinreichen. Die negativen Folgen des Corona-Lockdowns und der anhaltenden Wirtschaftskrise seien somit lediglich verschoben worden. Derzeit seien Unternehmen vor allem aus den Branchen Gastronomie, Touristik (z.B. Reisebüros), Entertainment (z.B. Kinos), Einzelhandel (vor allem Textil) und Messebauer besonders insolvenzgefährdet.

Modellrechnung zu Insolvenzen

Die aktuellen Insolvenzzahlen spiegeln die Lage der Unternehmen laut CRIF Bürgel nur sehr bedingt wider. Über 300.000 Unternehmen in Deutschland würden derzeit finanzielle Probleme haben. Es stelle sich daher die Frage, wie sich die Insolvenzzahlen weiterentwickeln werden. CRIF Bürgel hat in einem Modell den Rückstau an Firmeninsolvenzen berechnet. Demnach bestehe die Welle derzeit aus circa 16.500 zusätzlichen Insolvenzen. Betroffen seien vor allem Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern. Unter der Voraussetzung, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im vollen Umfang aufgehoben wird, seien dann insgesamt 35.500 Firmeninsolvenzen in Deutschland möglich. Die Zahl könne aber noch steigen, wenn sich die Pandemie noch länger fortsetzt und die Politik gezwungen wäre, die Antragspflicht auch über den 30.04.2021 hinaus auszusetzen.

Die Insolvenzzahlen werden laut CRIF Bürgel auch dadurch beeinflusst, dass der Gesetzgeber im letzten Jahr das Insolvenzrecht für Unternehmen erweitert habe. Betriebe mit positiver Fortführungsprognose könnten nun auch außerhalb eines offiziellen Insolvenzverfahrens eine Sanierung in Eigenregie in Anspruch nehmen. Ob dieses neue Instrument ausreichend angenommen werden wird und auch für alle Betriebsgrößen gleichermaßen praktikabel ist, bleibe abzuwarten.



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1 Kommentar

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