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Insolvenzverwalter informieren, warum aktuell keine Welle an Insolvenzen ansteht

Lawine an Insolvenzen steht an?

Gerade erst heute früh berichteten wir über die eindeutigen Zahlen zum Thema Insolvenzen im September. Um 34,5 Prozent sind sie im Jahresvergleich rückläufig, und das in der schlimmsten Rezession seit Jahrzehnten. Der Grund ist klar. Bis Ende September war seit März die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt, als Hilfe für betroffene Unternehmen in der Coronakrise. Aber jetzt seit 1. Oktober gilt diese Pflicht wieder. Wir brachten vor Kurzem das Interview eines Experten, mit der Aussage, dass nun eine sehr große Insolvenzwelle anstehe, weil 90 Prozent aller Pleiteunternehmen zahlungsunfähig sind. Und genau diese zahlungsunfähigen Unternehmen müssen ab 1. Oktober Insolvenz anmelden.

Keine Lawine an Insolvenzen im Oktober?

Die noch zahlungsfähigen, aber überschuldeten Unternehmen stehen erst ab 1. Januar 2021 wieder in der Pflicht Insolvenz anmelden zu müssen. Man erwartet jetzt für Oktober eine große Pleitewelle, nämlich von dem angestauten Berg an Pleitefirmen, die in den letzten Monaten keine Insolvenz anmeldeten, aber de facto schon am Ende waren. Und nun bekommen wir zum Thema Insolvenzen ganz frisch eine Stellungnahme auf den Tisch vom „Verband Insolvenzverwalter Deutschlands“. Auch hier sind die ganz aktuellen und stark rückläufigen Daten zu Insolvenzen in Deutschland Thema. Und vor allem wird auch hier thematisiert, ob nun im Oktober die große Pleitewelle über Deutschland hereinbricht. Und siehe da. Die Insolvenzverwalter sehen das ziemlich gelassen. Im Wortlaut:

In über 90 % aller Fälle tritt die Insolvenz aufgrund der Zahlungsunfähigkeit ein. Ab dem 1. Oktober müssen deshalb die Mehrzahl der insolventen Unternehmen wieder Insolvenz anmelden. Anzeichen für eine deutlich erhöhte Zahl an Anträgen sieht der Berufsverband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) bisher aber nicht. Wir rechnen nicht unmittelbar mit einem starken Anstieg der Insolvenzzahlen. Viele Unternehmer warten ab und hoffen noch auf weitere Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung. Einen deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen werden wir wohl erst zum Jahresbeginn sehen.

Hoffnung auf Rettung?

Kann das wirklich sein? Schließlich werden sich zahlreiche Geschäftsführer von Unternehmen absichern wollen, weil sie Angst vor dem Straftatbestand der Insolvenzverschleppung haben dürften, der ja nun wieder gilt. Wird wirklich die große Mehrheit der anmeldepflichtigen Unternehmen derzeit noch hoffen, dass der Bund neue Rettungsmaßnahmen auf den Weg bringt? Oder hofft man auf eine rückwirkend in Kraft tretende Reform des Insolvenzrechts? Hier der Verband im Wortlaut:

Der Gesetzgeber arbeitet derzeit mit Hochdruck an zwei Reformvorhaben, die zum einen bei Privatpersonen die Dauer des Insolvenzverfahrens auf drei Jahre reduzieren und bei Unternehmen durch ein Restrukturierungsverfahren Insolvenzen gänzlich vermeiden sollen. Grundsätzlich sind die Reformvorhaben zu begrüßen und zum Teil auch längst überfällig. Aber sie werden in ihrer jetzigen Form weder mittelständischen Unternehmen noch Selbständigen und Freiberuflern bei der Überwindung ihrer Krise weiterhelfen. Das ist außerordentlich bedauerlich.

Gucken die Gläubiger zukünftig kräftig in die Röhre?

Tja, was wäre denn, wenn es in Zukunft in Deutschland gar keine richtigen Insolvenzen mehr gäbe, wie in der Aussage im vorigen Absatz angedeutet? Im Sinne der optischen Rettung von Unternehmen und Arbeitsplätzen wäre das natürlich erst einmal eine gute Sache. Aber in Sachen Innovation, Rentabilität und Produktivität einer Volkswirtschaft wäre das natürlich eine Katastrophe, weil dann Zombieunternehmen regelmäßig den Bach runtergehen, und dann nach einer „Restrukturierung“ einfach weitermachen. Noch tragischer wäre es für die Gläubiger, die nach so einer Reform wohl komplett in die Röhre gucken dürften, also ohnehin schon bei Insolvenzen. Die Folge: Gläubiger und Lieferanten dürften die Voraussetzung für Kredite und Lieferungen gegenüber kapitalschwachen Unternehmen deutlich verschärfen, wenn die Insolvenz kräftig zu Lasten der Gläubigerseite aufgeweicht werden würde – so meine Meinung. Hier dazu im Wortlaut das Statement vom Verband der Insolvenzverwalter:

Der kürzlich vorgelegte Referentenentwurf eines Restrukturierungsverfahrens (Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG)), wird derzeit intensiv diskutiert. In ersten Reaktionen von Wirtschaftsverbänden und der Fachöffentlichkeit wird der Entwurf zwar grundsätzlich begrüßt, aber vor allem der Eingriff in die Rechte der Gläubiger sehr kritisch hinterfragt. Insbesondere wird die Möglichkeit kritisiert, im Rahmen des geplanten Restrukturierungsverfahrens, Verträge künftig auch gegen den Willen des Vertragspartners zu beenden. Damit könnte das Vertragsrisiko der betroffenen Gläubiger (z.B. Vermieter, Maschinenbauer, Lieferanten), erheblich zunehmen bis zu einem Punkt, an dem sie selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.



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6 Kommentare

  1. Beim ersten Lesen fand ich dieses (bald) Gesetz gut, will ich doch meinen aktuellen Vermieter los werden. Doch ich bin auch nachdenklich geworden, ich kann nun erhebliche Risiken eingehen – Verträge verlieren an Brisanz. Letztlich führt dies zu einem erheblichen Vertrauensverlust. Langfrige Bindungen wird es nicht mehr, bzw. man kann sich nicht mehr darauf verlassen. Kleine Unternehmen werden wohl kaum noch wachsen können oder wachsen wollen. Grosse Unternehmen werden sich aufspalten, um durch einen Verlust z.
    B. Eines Grossauftrages nicht gänzlich in Schieflage zu geraten.
    Kaufmannstugenden werden gänzlich verschwinden. Gleiches gilt für Privatinsolvenzen: drei Jahre sind für eine 30- oder 20 jährige einen Klacks.
    Verantwortung und Moral werden sinken….

  2. Aus umfangreicher Erfahrung kann ich sagen das die meisten Geschäftsführer kleinerer bis mittlerer Unternehmen gar nicht merken das sie insolvent sind.
    In den letzten Monaten dürften sich viele von denen auch eines Eingehungsbetrugs schuldig gemacht haben, ohne das zu merken.

    Gerade bei inhabergeführten Betrieben kommt noch ein psychologsicher Effekt dazu. Das ist halt das eigene Baby in das man nicht nur Arbeit sondern auch ganz viel Herzblut reingesteckt hat. Und anstatt die Situation emotionslos zu betrachten und das Unternehmen vielleicht schon dicht zu machen, bevor es überhaupt zur Insolvenz kommt, werden vorher alle eigenen Reserven aufgebraucht und so lange weiter gemacht bis die Lieferanten den Gerichtsvollzieher vorbeischicken um die Rechnungen einzutreiben.

    Und so ein Spiel kann man viel länger treiben, als die meisten glauben. Das maximiert dann zwar für alle Seiten den Schaden, aber dagegen wird dann die sinnlose Hoffnung auf Besserung gesetzt. Ich kenn Buden, die schaffen es über mehr als 10 Jahre immer wieder irgendwo Kohle locker zu machen.

    Der größte Teil der Insolvenzen kommt auch nie bei einem Insolvenzverwalter an, da er mangels Masse abgelehnt wird. Und auch als Gläubiger macht es in den meisten Fällen keinen Sinn den Forderungen nachzugehen, da Aufwand und möglicher Ertrag oft nicht mal die Meldung beim Insolvenzverwalter rechtfertigen. In allen mir bekannten Fällen wurden auf Gläubigerseite die Forderungen einfach ausgebucht.

  3. „Und bei Unternehmen durch ein Restrukturierungsverfahren Insolvenzen gänzlich vermeiden sollen.“

    Sagt mal, bin ich der einzige, der bei diesem Satz fast vom Stuhl gefallen ist? Ist so eine Aussage für die Mehrzahl der Menschen mittlerweile normal? Die inkompetenten und gestrigen Unternehmen machen einfach immer weiter, und sei es mit der Produktion von Gummistiefeln?

    Das Insolvenzrecht ist das Immunsystem der freien Marktwirtschaft, wenn dieses nicht mehr existiert, landen wir zwingend im Kollaps. Der vielleicht erst in 30 Jahren kommt, aber er kommt. Es gibt nur noch gigantische Arbeitsbeschaffungs-Staatsunternehmen, jegliche Klein- und Mittelständische Betriebe sind vernichtet. Kaputte Unternehmen verhindern das Entstehen von neuen, und zerstören durch Vertragsbruch dann auch noch die verbleibenden bisher gesunden Unternehmen.

    Das ist Irrsinn!

    1. Es ist der neue Kommunismus durch die Hintertür. So eine Situation gibt es ja nur, wenn der Staat alles übernimmt. Und dann haben wirs endlich, die Planwirtschaft. Daß das so ausgeht, wie der Berliner Flughafen, oder der Mietendeckel in Berlin*, Trabbi-Wirtschaft, dazu ist 70% von Germany zu blöd, es zu verstehen. Es wird also kommen. (Siehe Kommunal-Wahl in NRW!)

      *Statt den Wohnungsbau zu fördern hat man zum grün-sozialistischem Werkzeug des Verbots von Mieterhöhungen gegriffen. Statt die Mieten also durch erhöhtes Wohnungsangebot zu senken, hat man die Wohnungsnot kräftig erhöht bei gleichbleibenden Mieten. Jubel? Jetzt legt ja jeder Vermieter drauf, der vermietet. Und so etwas machen nicht mal HartzIV-Empfänger. Jetzt müssen die Grün-Sozialisten den Vermietern noch verbieten, nicht zu vermieten. Zwangsvermietung. Und dann einen Stacheldraht um Berlin. Wer aus dem sozialistischen Paradies abhaut, wird erschossen. Irgendwann gibts dann als Weihnachtsgeschenk wieder Bananen und Orangen.

  4. Hallo ich möchte gerne an die Spitze und verspreche euch, dass ihr alle Schulden mir zur Erledigung melden könnt. Ich garantiere euch auch, dass ihr nichts ändern müsst. Für Betriebe mit CO2-Problematik auf dem internationalen Markt, werde ich euch hohen Rabatt gewähren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das hat sich ja bisher auch bei allen grünen Projekten bisher bewährt. Wir verfügen über eine Bevölkerung, die all das gerne bezahlt, sofern die Rückzahlung erst in der nächsten Generation fällig wird.

    1. @Mike Lohmann, da haben Sie sich wohl verschrieben oder Sie sind farbenblind. Oder Sie stehen derart im (ver)blendendem Blaulicht, dass Ihre Farbrezeptoren nur mehr grün wahrnehmen. Hohe Rabatte für CO2-Sorgenkinder gibt es bisher nur bei schwarzen Projekten. Mit freundlicher Unterstützung von Willl-auch-dabeisein-Rot. Die nächste Generation darf zum Glück bei den nächsten Wahlen ihre Stimme abgeben. Und die bezahlt all das sicher nicht gerne und wird ihr Kreuz auf Zukunft setzen. Und die ist nicht schwarz, rot oder blau. Wie Sie selbst langsam zu begreifen scheinen, trotz Ihrer Farbenblindheit.

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