Asien

Japan: größter Halter seiner eigenen Schulden

Es ist ein historischer Moment: Japan ist der größte Besitzer seiner eigenen Staatsanleihen, faktisch also der größter Halter der eigenen Schulden. Dies zeigen von der Bank of Japan heute Nacht veröffentlichte Daten: demnach besitzt der Staat Japan 20,1% seiner eigenen Staatsanleihen, gefolgt von japanischen Versicherungsfirmen, die 19,2% der Staatsanleihen Nippons besitzen (Stand Ende März).

Damit ist die durch Ministerpräsident Abe eingeleitete, von der Bank of Japan unter Kuroda vollstreckte ultralaxe Geldpolitik Japans an einem kritischen Punkt angelangt. Die Bank of Japan kauft seit Antritt Abes („Abenomics“) in großem Maßstab die eigenen Staatsanleihen, um die seit Jahrzehnten währende Deflation zu bekämpfen. Diese Deflation aber war Folge einer gesunkenen Kreditnachfrage nach Platzen der Immobilienblase in den 90er-Jahren. Mit den Staatsanleihe-Käufen versucht die Notenbank also, die Kreditnachfrage anzukurbeln, indem sie zusätzliche Liquidität bereit stellt. Ein Experiment, das aller Wahrscheinlichkeit nach zum Scheitern verurteilt ist: Ursache für die schwache Kreditvergabe ist ja nicht etwa mangelnde Liquidität, sondern die mangelnde Nachfrage nach Krediten durch die Unternehmen und Konsumenten selbst. Und diese Nachfrage wiederum ist geprägt von der Zukunftserwartung sowie dem eigenen Finanzstatus.

Bei Neuemissionen von japanischen Anleihen werden inzwischen 70% des Volumens durch die Bank of Japan selbst gekauft. Schon rein technisch ist das ein Problem: die Bank of Japan verdrängt zunehmend andere Investoren und sorgt so für einen Rückgang der Liquidität und Volatilität des japanischen Bond-Marktes. So finden an manchen Tagen praktisch keinerlei Umsätze am Markt für 10-jährige Staatsanleihen statt – von einem „Markt“ kann praktisch keine Rede mehr sein.

Zweites Problem: würde die japanische Notenbank die Käufe beenden, würden die Renditen steigen – was dann in der Bilanz der Notenbank wiederum den Wert der im Portfolio gehaltenen Staatsanleihen mindern würde. Und die Schuldenlast für den Staat Japan erhöhen würde – kaum finanzierbar bei dem gigantischen Schuldenberg, den das Land aufgebaut hat (240% des BIP). Gleichzeitig hat das Land eine katastrophale Alterspyramide (konstanter Rückgang der arbeitsfähigen Bevölkerung bei zunehmender Vergreisung), die einst positive Handelsbilanz, die die Verschuldung finanzierbar gemacht hat, ist ins Negative gedreht, sodass das Land dringend auf ausländischen Kapitalzufluss angewiesen sein wird (siehe dazu unseren Artikel „Japan, die tickende Zeitbombe in Charts„).

Stellen Sie sich vor, Sie wären stark verschuldet – und entscheiden sich daraufhin, ihre eigenen Schulden aufzukaufen, indem sie den Kauf mit neuen Schulden finanzieren. Paradox, oder? Nicht aber in unserer Welt der eskalierenden Geldsysteme..



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