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Warum es zumindest bei Obst und Gemüse kanpp werden dürfte Kommt nach der Energiekrise die Nahrungsmittelkrise?

Häufig hängen in vielen Ländern Energiekrise und Nahrungsmittelkrise zusammen

Energiekrise Nahrungsmittelkrise

Schlittern wir von der Energiekrise direkt in eine Nahrungsmittelkrise? Wie sieht es aktuell aus bei der Nahrungsmittelversorgung?
Um es in einem Satz zu sagen: nicht besonders gut!

Von der Energiekrise in die Nahrungsmittelkrise? Die Lage

Häufig hängen in vielen Ländern Energiekrise und Nahrungsmittelkrise zusammen. Für Nahrungsmittel gilt: Die Märkte sind extrem volatil. Was ein Zeichen dafür ist, dass niemand die Lage richtig einschätzen kann. Was spricht für Entspannung, was für eine Verschnelchterung der Lage bei Nahrungsmitteln? Wir zeigen hier einige Punkte, damit Sie besser einschätzen können, ob wir direkt von der Energiekrise in eine Nahrungsmittelkrise übergehen oder nicht.

Was spricht für eine Entspannung?

– Russland steht wohl vor einer der größten Ernten der letzten Jahre

– Die Ukraine erntet mehr als zu Beginn des Krieges eingeschätzt

– Die Verschiffung über das schwarze Meer läuft wieder an

– Die USA und Kanada haben teilweise ausreichend Niederschläge bekommen oder es wurden solche angekündigt

– auch in der EU sind die Erträge besser als wegen der Dürre zuerst angenommen

– in Australien erwartet man wohl das dritte Jahr in Folge ausreichend Regen für große Teile des Landes

Was spricht für eine Nahrungsmittelkrise mit steigenden Preisen?

– Russland und Ukraine haben auf Grund des Krieges massive Probleme mit der Infrastruktur und Logistik. Weltweit gibt es Versorgungsengpässe bei Vorprodukten, Betriebsmitteln und Energie, insbesondere Dünger und Pflanzenschutz werden zu einem sich immer weiter zu spitzendem Problem. Das trifft auch die Länder Nord- und Südamerikas.

– Ein Ende der Dürre in West- und Südeuropa ist noch nicht abzusehen. Das betrifft Mais, Rüben, Obst und Gemüse

– Hitze und Dürre treffen auch viele Länder in Asien, unter anderem China

– Lieferengpässe und Unruhen verschärfen die Lage in vielen Ländern zusätzlich

– Weltweit gibt es Proteste oder Boykotte der Landwirte bzw der Landbevölkerung mit starker Solidarisierung auch anderer Bevölkerungsanteile

Kurzfristig kann man wohl davon ausgehen, dass es trotz Schwierigkeiten in der Verteilung für die meisten Länder ausreichend Nahrungsmittel vorhanden sind. Eine andere Frage ist, ob es für alle Länder aufgrund der gestiegenen Kosten und schwieriger Logistik erschwinglich ist, die Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Hier liegen weltweit wohl die größten Aufgaben, die es zu bewältigen gilt.

Allerdings bedeutet eine ausreichende Versorgung nicht automatisch, dass es alle Güter in ausreichendem Maße in der Zukunft geben wird. Da sehe ich schon einige Engpässe, insbesondere die ganzjährige uneingeschränkte Versorgung mit frischem Obst und Gemüse wird vermutlich schwierig und teuer. Das liegt aber nicht ausschließlich an der aktuellen Situation des Ukrainekrieges. Hier sind andere Gründe ausschlaggebend:  Einschränkungen bei der Anwendung von Dünger und Pflanzenschutz, Arbeitskräftemangel und Mindestlohn.

Proteste in Holland: Obst und Gemüse werden knapp – Nahrungsmittelkrise nach Energiekrise?

Während Europa vor allem mit der Energiekrise beschäftig ist, gibt es in Holland heftige Bauern-Proteste. Die Proteste in Holland weisen auf eine größere und länger anhaltende Auseinandersetzung hin. Das wird für die Obst- und Gemüseversorgung außerhalb der normalen Saison für Europa eine große Rolle spielen. Ich persönlich kenne einen Händler, bei dem derzeit 250 Hektar Glashausfläche leer stehen – dort wird im Moment kein Gemüse angebaut. Die Proteste in Holland führen dort schon zu erheblichen Engpässen. Es gibt auch kaum Alternativen dazu.

Eingriffe in die Landwirtschaft – Ideologie verschlimmert die Lage

In Kanada hat die Zentralregierung unter Trudeau bekannt gegeben, dass man ähnlich wie in der EU Kontrollen bezüglich des Stickstoffgehaltes im Boden und Grundwasser machen möchte. Wenigstens eine der Provinzregierung hat schon angekündigt, in so einem Falle würde man die Kontrolleure unter Arrest setzen, sobald sie Farmland betreten. Ich finde so eine Aussage bemerkenswert.

Es geht hierbei nicht um die Einhaltung bestimmter Richtwerte, sondern um konkreten Einfluss auf die Produktion. Diese Einschränkungen werden zu erheblichen Einbußen in der Produktion von Nahrungsmitteln führen. Politik und Verwaltung steuern damit auf eine Situation zu, die an Harbecks Energiepolitik erinnert – man macht die Probleme her größer und verschärft die ohnehin schon bestehende Energiekrise.

Weltweit betrachtet werden diese Art der Eingriffe in die Landwirtschaft nicht zur Schonung von Ressourcen führen, sondern zu vermehrtem Verbrauch dieser Ressourcen. Es würde hier an dieser Stelle zu weit führen, die Systematik, die dahinter steht, zu erläutern.

Wir sehen im Moment überall, dass unser System an seine Grenzen stößt. Es wäre notwendig, festzustellen was brauchen wir notwendigerweise und wie schützen wir das. Ideologische Herangehensweisen reichen nicht – nur durch gut gemeinte Worte ist noch keine Kuh satt und kein Acker gepflügt worden.

Während ich den Text schreibe, sehe ich gerade, dass die Preise für Weizen und Mais in Chicago stark steigen. So früh nach der Ernte ist das extrem ungewöhnlich, zumal das Niveau ohnehin schon sehr hoch ist. Wobei hier die Düngerknappheit noch nicht eingepreist ist – nicht im Ansatz. Das betrifft aber erst die kommende Vegetationsperiode – wird das nicht gelöst, haben wir die Nahrungsmittelkrise.

Es bleibt zu hoffen, dass uns weder die Energiekrise noch die Nahrungsmittelkrise aus der Bahn werfen. Aber eine gut gemeinte, aber im Endeffekt kontraproduktive Politik erhöht leider die Wahrscheinlichkeit, dass es doch so kommt..

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Hinweis: Dirk Hadenfeldt ist Landwirt – er war Interview-Gast bei Boom und Bust in der Folge „Energie, Ernährung: Wie (un)sicher ist Deutschland?“



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6 Kommentare

  1. Genau! Und es werden immer noch mehr und noch mehr Menschen ins Land geholt. Macht sich keiner Sorgen darüber, daß sich bei Wasser/Energie/Nahrungsmittelknappheit etc. soziale Spannungen aufbauen, die sich gewaltsam entladen könnten, sollte es wirklich zu Konkurrenz um die knappen Ressourcen kommen?

    1. Ach was, die größte Gefahr ist der Rechtsextremismus, deshalb wird der „Kampf gegen Rechts“ jedes Jahr mit mehr als 1 Milliarde finanziert, insbesondere aus dem Familienministerium, wir sind doch alle eine große Familie. (*_*)

  2. Unglaublicherweise denken die Landwirte, sie könnten ewig so weitermachen. Auslaugen der Böden und Grundwasser verseuchen. Ganz zu schweigen von der unmenschlichen Tierhaltung, die in der intensiven konventionellen Landwirtschaft „normal“ ist. Dass sich daran etwas ändern müsste, sollte doch endlich auch bei Ihnen angekommen sein. Warum sollte denn Deutschland, wo man kein Auto zusammen bauen kann, keine Kleidung nähen oder ohne ausländische Helfer kein Obst mehr ernten kann ausgerechnet Schweinefleisch exportieren können, so wie es momentan ist?
    Ihr Satz: ‚Es geht hierbei nicht um Einhaltung bestimmter Richtwerte, sondern um konkreten Einfluss auf die Produktion!‘ ist Nonsens. Die konventionelle landwirtschaftliche Produktion schert sich nicht um Richtwerte. Es geht um maximale Ausbeutung von Böden und Tieren um maximale Erträge zu erwirtschaften.
    Der Weg aus dieser Zwickmühle kann nur sein, zum Wohle aller Beteiligten ( Landwirte, Tiere, Böden), dass allem ein höherer Wert zugesprochen wird. Vor allem Fleisch müsste so teuer werden wie es eben kostet, es zu erzeugen. Der Weg, so wie im Moment in Deutschland, kann nicht sein, dass die Ärmsten täglich Fleisch essen können müssen, sich aber keinen Salat mehr leisten können.

    1. Es geht nicht nur um die Fleischerzeugung, Düngemittel werden auch für Weizen und Gemüse etc. benötigt.
      Wenn wir weltweit nur nach biologischen Kriterien Landwirtschaft betreiben, ohne Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel, müssten wohl die Hälfte der knapp 8.000 Mio Menschen aufs Essen verzichten.
      Ich selber esse übrigen ca. 3 kg Fleisch- und Wurstwaren pro Jahr, seit Kindertagen, aber täglich Käse und andere Milchprodukte (ca. 300 g täglich), und habe noch einen kleinen Garten, in dem ich auf 70 qm menien Salat, Kräuter, aber auch Kartoffeln, Bohnen, Möhren, Zwiebeln, Knoblauch etc. anbaue, ohne Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel, Salat aus dem Supermarkt würde ich nicht essen wollen.

    2. Und man sollte nicht vergessen, das fast 10% unserer Weizenernte in die Herstellung von Biosprit geht, der Nachbar meines Bruders betreibt seine Heizungsanlage mit Weizen, und es werden immer mehr Flächen mit Mais und Grünmasse für den Betrieb von Biogas-Anlagen bestellt. Das soll gut für das Klima sein, aber damit sind wir auch für Hunger auf der Welt mitverantwortlich.

  3. Liebe Frau Wagner,

    beim Lesen Ihres Kommentars musste ich unwillkürlich schmunzeln. Haben Sie sich schon aus Ihrer städtischen Komfortzone aufs Land herausbewegt und sich jemals mit Landwirten unterhalten über diese Problematik oder sprechen Sie stets lieber über diese?

    Es gibt Gründe für die Bauernproteste in NL, die Herr Hadenfeld aufgrund der Artikelkürze nur abreißen konnte. Übrigens D importiert große Mengen Schweinefleischs aus Spanien, was in deutschen Wurstprodukten landet. Dabei erfolgt auf dem Etikett kein Herkunftshinweis. Die Realität unterscheidet sich auch in puncto Bodenqualität sehr stark von Ihrer Behauptung. D hat ein Grundwasserproblem in einigen Bezirken, nicht flächendeckend.

    Als Vegetarier ohne missionarischen Eifer lasse ich jeden das essen, was ihm am besten schmeckt. Dass die Fleischpreise in D billig sind, ist überholt, es war einmal. Ich bin heute so freundlich und lege Ihnen dafür den Grund offen: D konnte sich jahrelang an den Überschüssen der europäischen Nachbarn gütlich tun, d.h. zu sehr günstigen Preisen eindecken. Aber da D nur ca. 50% des Kalorienbedarfs seiner Bevölkerung selbst erzeugt, steigen die Lebensmittelpreise in D natürlich prozentual stärker, wenn die Überschüsse seiner Nachbarn sinken. Genau dies ist nun aber seit ca. 6 Monaten der Fall. Tja, auch hier gilt der bereits im ersten VWL-Semester gelehrte Grundsatz. Liebe Grüße Jörg

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