Marcel Fratzscher hat sich bei ZEIT-ONLINE über die Lohn-Preis-Spirale ausgelassen.
Bereits in seinem am 10. März erschienenem neuen Buch „Geld oder Leben“ warnte Fratzscher vollmundig vor den Inflationsalarmisten. Denn alle Prognosen würden zeigen, „dass die Inflation wohl bereits im Jahr 2022 wieder unter die Marke von zwei Prozent fallen wird. 2023 dürfte die Inflation nochmals weiter zurückgehen“ (Seite 170). Fratzscher liegt damit krachend daneben (die Konsumentenpreisinflation lag im März bei 7,3 %). Nun hat der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin am 22. April 2022 in einem Artikel auf ZEIT-ONLINE tönend verkündigt, ordentliche Lohnerhöhungen seien in der derzeitigen Krise nicht nur möglich. Sie seien sogar nötig, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Der Beitrag trägt die Überschrift: „Die unbegründete Angst vor der Lohn-Preis-Spirale“.
Jörg Krämer und Marcel Fratzscher
Fratzschers Artikel liest sich wie die Replik auf einen Tweet, den der renommierte Chefökonom der Commerzbank Jörg Krämer am 21. April 2022 auf Twitter veröffentlichte. Darin erklärt Krämer mit Blick auf die aktuelle „US-Inflation: „Mit der abklingenden Pandemie verschiebt sich die Nachfrage der US-Verbraucher von Waren zurück zu Dienstleistungen. Diese Normalisierung erklärt den jüngsten Fall der Waren-Preise. Aber stark steigende Löhne sprechen für anziehende Inflation bei Dienstleistungen.“
Hans-Werner Sinn warnt ebenfalls vor Lohn-Preis-Spirale
Fratzschers Artikel zielt neben Jörg Krämer und Thomas Mayer indessen vor allem auf Hans-Werner Sinn, in dessen Liga sich Fratzscher wähnt. In einem denkwürdigen Vortrag „Die neue Inflation“, gehalten am 15. März vor der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, hat Europas maßgeblicher Realökonom Sinn eindringlich vor einer Inflation in Wellenbewegung gewarnt sowie vor einer sich unkontrolliert hochschraubenden Lohn-Preis-Spirale. Sinns ÖAW Lecture wurde übrigens – Stand heute (29. April) – insgesamt 417.968 Mal auf YouTube aufgerufen, sprich, bald eine halbe Million Mal: Ein beispielloser Vorgang für eine spröde, überaus anspruchsvolle, gut 90-minütige Vorlesung! 20 Minuten für Fragen kamen noch obendrauf!
Keine Sachargumentation
Auf Fratzschers Sachargumentation an dieser Stelle sachlich einzugehen, ist leider unmöglich. Es gibt sie nicht. Stattdessen arbeitet der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung mit Unterstellungen. Seit einigen Wochen – so Fratzscher – würden Ökonomen warnen, Beschäftigte und Gewerkschaften könnten die hohe Inflation „missbrauchen“ und auf exorbitante Lohnsteigerungen drängen. Derlei haben die führenden Ökonomen Hans-Werner Sinn, Thomas Mayer oder Jörg Krämer, die Fratzscher unausgesprochen ins Visier nimmt, natürlich nie gesagt. Im Gegenteil, alle drei machten wiederholt darauf aufmerksam, dass es Aufgabe von Gewerkschaften sei, die legitimen Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten und also mindestens den Inflationsausgleich zu fordern. Fratzscher schwingt seine polemische Keule weiter und verkündet meinungssicher: „Zuerst einmal sollten wir mit dem Mythos der schädlichen Stagflation der Siebzigerjahre aufräumen.“
Fratzscher: schmerzendes Symptom der Zeit
Um keinen falschen Zungenschlag aufkommen zu lassen und Missverständnissen gleich vorzubeugen: Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Wirtschaftsprofessoren sich meinungsstark und parteipolitisch eingefärbt in den politischen Diskurs einschalten. Warum nicht. Aber sie sollten es faktenstark machen. Und den wissenschaftlichen Gegner nicht unterschwellig anschießen. Dieser Stil ist politisch vulgär und schickt sich nicht, weder im medial-öffentlichen Diskurs noch im wissenschaftlich-kollegialen Miteinander. Diese Stilfrage ist grundsätzlich, und also auch die Frage, die sich aus ihr ableitet: Ist Marcel Fratzscher für die Position des Präsidenten eines Instituts der deutschen „Leibnizklasse“ charakterlich und wissenschaftlich überhaupt noch tragbar? Warum beschäftigen wir uns auf finanzmarktwelt.de überhaupt mit Fratzscher?
Antwort: Weil er mit seiner eigenartigen Gemengelage aus Ideologie, Intoleranz und Inkompetenz ein schmerzendes Symptom unser Zeit ist!
Fratzscher: kein wissenschaftlicher Impuls
Fratzschers mediales Schalten und Walten gehorcht nicht wissenschaftlichen Impulsen. Hier meldet sich kein kühl-analysierender und maßvoll-abwägender Wirtschaftswissenschaftler zu Wort. Im Grunde missbraucht Fratzscher die Reputation seines Amtes als Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, um nach Art eines Volkstribunen eine Agenda zu artikulieren (und nebenbei womöglich sein persönliches politisches Fortkommen gleich mit zu befördern). Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung dient hierbei als Podium, der Rest an Wissenschaft als Feigenblatt. O tempores! O mores!, möchte man entsetzt ausrufen, und muss doch nur in schallendes Gelächter ausbrechen: Zu unverfroren geht der Mann zu Werke! Die Mächtigen leihen ihm ihr Ohr. Und die Massenmedien lassen das alles kommentarlos durchgehen..
ARD hält verbissen an Fratzscher fest
Wer schenkt eigentlich einem Wissenschaftler noch mediale Aufmerksamkeit, der so fundamental und so regelmäßig in entscheidenden Themen mit seinen Prognosen daneben liegt. Antwort: Zum Beispiel öffentlich-rechtliche Medien wie die ARD. Warum ausgerechnet die ARD? Antwort: Vielleicht, weil Fratzschers Institut in der Mohrenstraße 58 nur etwa 900 Meter Luftlinie vom ARD-Hauptstadtstudio am Reichstagufer liegt (Wilhelmstraße 67a).
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Antwort: weil die ÖR schon lange nichts mehr mit unabhängigen investigativen Journalismus zu tun haben.
Es wird auf Bestellung produziert: Fratscher, Lauterbach, Melnyk…
Danke Peter.
Genau das Gleiche dachte ich auch!
Eine Inflation die nicht bekämpft wird erzeugt automatisch eine noch höhere Inflation. Diese unumstößliche Tatsache ist empirisch schon seit Jahren bekannt.
Beispiel: Wir schreiben das Jahr 1992 .Die Wiedervereinigung Deutschlands treibt eigenartige Blüten: Immobilienblase, Inflation, Anstieg der Geldmenge usw.
In dieser Phase der konjunkturellen Übertreibung erhöht die Bundesbank die Leitzinsen auf 8,75 Prozent bei einer Inflation von 5 Prozent.
Das ergibt eine Umlaufrendite von rund 8, 5 Prozent. Somit ergibt sich eine positive Realverzinsung von über 3 Prozent!
Der Held jener Zeit hieß Helmut Schlesinger. Jahre später entdeckt der größte Falke in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland die Target Salden in der Bilanz der EZB und informiert seinen Freund und Kollegen Hans Werner Sinn vom Deutschen Ifo-Institut.
Davon abgeleitet müsste heute der deutsche Leitzins bei mindestens diesen 8,75 Prozent stehen.
Wir haben also heute eine Inflation von über 7 Prozent, bei einer Umlaufrendite von unter einem einzigen Prozentpunkt.
Das Phänomen nennt sich finanzielle Repression! Das Phänomen ist nicht neu, es entstand im Zuge der Niedrigzinspolitik der EZB.
Diese Niedrigzinspolitik der EZB ist die direkte Folge der Eurorettungspolitik. Whatever it takes.
Dazu ein weiteres Beispiel: Wir schreiben das Jahr Jahr 2011.Die italienische Regierung muss den Gläubigern bis zu 7,5 Prozent bieten, ebenso wie Spanien und Portugal.
In dieser Phase der Eurozone übernimmt ein gewisser Mario Draghi die Geschicke der EZB.
Er drückt die Rendite der Staatsanleihen Italiens und Spaniens auf unter zwei Prozent und tiefer.
Das ist nur möglich mit der Niedrigzinspolitik der EZB und der finanziellen Repression.
@Peter und Maddin
„Investigativer Journalismus setzt eine langwierige, genaue und umfassende Recherche vor Veröffentlichung voraus. Themenschwerpunkte sind in der Öffentlichkeit als skandalträchtig angesehene Vorgänge aus Politik oder Wirtschaft.“ (Wikipedia).
99,9% aller Nachrichten und Meldungen benötigen keine langwierigen investigativen Recherchen, weil diese für die Öffentlichkeit mit Ausnahme von Ihnen und Ihren Gesinnungsgenossen nicht wirklich skandalträchtig sind.
Dies gilt umso mehr für publizierte Bücher und Artikel, die jedermann jederzeit nachlesen kann.
Der Leser kann sich seine Meinung bilden oder es bleiben lassen.
Er kann mit den Inhalten und Argumenten konform gehen oder auch nicht.
Die Entfernung von 900 Metern zum Hauptstadtstudio ist weder ein Argument, und schon dreimal keine investigative Recherche. Es ist eine schiere Behauptung, eine suggestive Unterstellung, sonst gar nichts.
So nebenbei bemerkt, sind Politmagazine des ÖR, der Spiegel, die Süddeutsche, Correctiv.org und ARTE extrem oft an investigativen Recherchen und Enthüllungen beteiligt.
Eine kleine Auswahl an Beispielen aus jüngerer Zeit: Luxemburg Leaks, Cum-Ex, Ibiza-Affäre, Panama Papers, Pandora Papers, Paradise Papers, Abgasskandal, AfD-Spendenaffären, Credit Suisse…
Der Fisch stinkt immer vom Kopf her.Wenn man sich diesen Fundamentalsatz zu eigen macht,hat man zwar dieselben Probleme wie alle anderen auch,man versteht aber wenigstens von wo/wem sie kommen,bzw.wie man sie mindert oder abschafft! Die alternativlose Regierungszeit der Kommunistin (scheitert der €,dann scheitert Europa)endet genau da-auf dem Scheiterhaufen!Wer es zulässt,dass eine vorbestrafte Französin EZB-Präsidentin wird und Allemagne dafür mit dem Frühstücksdirektorposten der EU (noch dazu mit der überall nachweislich gescheiterten Mutterkreuzträgerin vdL) abgespeist wird,dem ist nicht mehr zu helfen!Sie kannten mich,was soll also der Aufruhr danach?Allez les bleus,Europe francais!
Suspendieren wir doch einfach Fratzscher, Lagarde und Schnabel und lassen sie Skat spielen. Dann sind sie weg vom Schuss und können niemandem mehr schaden durch ihr inkompetentes Geschwafel. Die Drei sind die Vollblüte und der lebende Beweis für die grassierende Negativauslese im dekadenten Westen.
Ab und zu kommt mir Fratscherino wie ein Scharlatan vor, der seine Ergüsse immer hoch wissenschaftlich klingen läßt, und diese auch mit dem Brustton der Überzeugung vorträgt, diese aber in Wahrheit vollkommener Quark sind. Bei ihm scheint immer zuerst die Ideologie/Behauptung zu stehen, und dann versucht er mit irgendwelchen Halbwahrheiten und verquerer Logik diese als richtig erscheinen zu lassen. Wahrscheinlich hat er niemals studiert und seine Zeugnisse sind wohl alle gefälscht…