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So massiv rutscht die deutsche Industrie seit Jahren ab

Trotz 38 % Plus im Dax seit 2017 sinkt die Produktion der Industrie um mehr als 10 %. Hier dazu zwei Grafiken.

Industrieproduktion
Foto: Balashmirzabey-Freepik.com

Fast unbemerkt rutscht die deutsche Industrie seit Jahren ab. Starker Zuzug aus dem Ausland und der Dienstleistungssektor sorgen dafür, dass die Gesamtwirtschaft wachsen kann. Aber der Blick auf die Industrieproduktion in Deutschland ist wichtig, denn sie hat jahrzehntelang den Wohlstand nach Deutschland gebracht. Große Volkswirtschaften ohne nennenswerte industrielle Wertschöpfung müssen zunehmend auf Pump leben und verlieren an Wohlstand, weil netto kein Geld mehr ins Land fließt, sondern letztlich abfließt in die Länder, die die benötigten Waren herstellen.

Industrie sinkt um 10 % seit 2017 – Dax steigt aber 38 %

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung seit dem Jahr 2017: Seitdem ist die deutsche Industrieproduktion um 10,16 % gesunken, was man in der roten Linie sehen kann. Es ist ein kontinuierlicher Absturz, der 2020 von der Coronakrise verschlimmert wurde. Danach kam zwar die Erholung, aber der vorige Absturz setzte sich dann fort. Als Vergleich dazu sehen wir hier in der gelben Linie die Wertentwicklung im Dax. Er steigt seit Ende 2017 um 38 %. Wie kann das sein, wie kommt dieses Missverhältnis zustande, wo der Dax doch stark industrielastig ist? Die Dax-Konzerne machen nun mal große Teile ihrer Umsätze schon lange nicht mehr in Deutschland, sondern im Ausland. Von daher sind neue Dax-Rekorde kein Zeichen für eine gut laufende Industrie in Deutschland, sondern ein Zeichen für Konzerne, die international gut aufgestellt sind, und Deutschland nicht mehr als Hauptbaustein für Umsätze und Gewinne benötigen. Wichtig an dieser Grafik ist: Die Rote Linie zeigt einen langsamen, aber jahrelangen Trend der rückläufigen Industrieproduktion.

Grafik vergleicht die Produktion der deutschen Industrie mit dem Dax

Autoproduktion mit starkem Rückgang

Die folgende Grafik zeigt die Anzahl der produzierten Autos in Deutschland seit dem Jahr 2000. Bis 2017 sah man jahrelang eine Produktion von grob gesagt 5,5 Millionen Autos pro Jahr. Aber wie man im obigen Chart bei der gesamten Industrie sieht, so zeigt es sich auch bei der Autoproduktion: 2017 war der Höhepunkt, von da an ging es abwärts, also schon lange vor Ausbruch der Coronakrise. Bis 2019 sank die Produktion auf 4,66 Millionen Autos – wegen Corona kam dann der Abrutsch auf 3,15 Millionen Autos in 2020 und 3,09 Millionen in 2021. Dann kam der Nachholeffekt, im Jahr 2023 wurden in Deutschland wieder 4,11 Millionen Autos hergestellt. Damit liegt man aber immer noch massiv unter den Niveaus, die bis 2017 gesehen wurden. Die Rahmenbedingungen werden kaum besser – der Mix aus hohen Lohnkosten, Bürokratie, hohen Energiepreisen etc sorgt wohl kaum für große Begeisterung der Autobauer für den Standort Deutschland.

Grafik zeigt Verlauf der deutschen Autoproduktion seit dem Jahr 2000



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9 Kommentare

  1. Moin, moin,

    wäre die BRD eine Produktverpackung, dann würde als Warnhinweis draufstehen, „kann noch geringfügige Reste von Industrie enthalten“.

  2. Deshalb hatte ich hier Anfang 2019 geschrieben: Es wird alles sehr, sehr teuer werden.
    Denn mit weniger Produktion noch mehr Steuern eintreiben geht nur, wenn die Steuern massiv erhöht werden.
    Aber das wird nun kommen.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  3. In der Ära von Bundeskanzler Gerhard Schröder und DaimlerChrysler-Ceo Prof. Dr. h. c. Jürgen Erich Schrempp gab es einmal eine Konferenz „Modernes Regieren im 21. Jahrhundert“. Vielleicht wird Bundeskanzler Olaf Scholz ja im Rahmen der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 03.07.24, wo er den Abgeordneten wieder Rede und Antwort steht, gefragt, ob er sich diese als Blaupause vorstellen kann.

  4. es wundert mich nicht man sieht es an den Grafen ja schwarz auf weiß was schief läuft die Industrie versucht mit höheren Preisen die Verluste auszugleichen es funktioniert ja auch bis zu einem gewissen Level, aber jetzt ist halt so langsam der Punkt erreicht wo die Leute es sich nicht mehr leisten können.
    die Idee hinter industrieller Herstellung ist ja den Preis niedrig zu halten durch hohe Fertigungszahlen aber das wird ja nicht mehr gemacht es wird ja künstlich verknappt um die Preise hochzutreiben.
    dann kommt noch hinzu das in den Chefetagen Millionengehälter gezahlt werden ohne dass die Leistung erbracht wird geschweige denn Verantwortung für irgendwas übernommen wird den dafür bekommen die ja eigentlich ihr Geld also Mal lieber da sparen statt die Produkte noch teurer zu machen und sich zu einem das man noch weniger verkauft, immerhin VW versucht es ja gerade mit dem Dienstwagen von Topmanager bin ja Mal gespannt was da draus wird…

  5. Was soll immer dieser Blick auf die „Industrie“? Ich habe noch das gleiche in Bezug auf die Kohleindustrie erlebt, der man jahrzehntelang durch Politik, Öffentlichkeit und Unternehmen zur Rettung eilte. Interessiert heute niemand mehr. Das Problem ist nicht die Industrie, sondern dass es in Deutschland keine Apples, Metas, etc. gibt. Stattdessen wurde die Industrie gepampert, bis hin zur Beihilfe beim Dieselskandal. Übrigens, bis heute hat sich daran nichts geändert. VW zeigt gerade, dass man sich das IT-Wissen bei einer Neugründung in der USA (oder bei Xpeng in China) kaufen muss, weil es offenbar niemand in Deutschland gibt, der weiß wie Auto-IT geht. Was für ein Armutszeugnis! Aber warum auch sollten Autibauer sich mit IT befassen, wir haben schließlich Maschinenbauer, die die besten Motoren der Welt bauen können.

    1. @Robert
      Bei VW ist es nicht ein Problem der IT’ler, sondern ein Problem des Management. Die haben eMobilitaet einfach nicht begriffen.
      Mercedes oder BMW zeigen ja, das deutsche Unternehmen auch Auto-IT koennen, respektive e-Auto IT

      1. Mercedes und BMW zeigen das nicht, weil die kein Auto-Betriebssystem haben, sondern wie bisher auch hunderte von Einzelkomponenten zusammen schrauben. VW wollte das so wie Tesla machen und hat das nur bei wenigen Teilen geschafft. Wobei ich noch nicht mal sicher bin, dass das was VW geschafft hat besser ist als wie es vorher war. So litten bsw die ID-Autos anfangs daran, dass die Rechenleistung für die Software zu schwach war.

        Übrigens, BMW hatte letztes Jahr angekündigt ebenfalls so etwas wie VW zu machen, aber gehört habe ich davon dann nichts mehr.

        Warum so ein Auto-Betriebssystem wichtig ist? Im Grunde ist das die Plattformstrategie auf Software übertragen. Also, heute nimmt man eine Plattform für viele unterschiedliche Fahrzeugmodelle. – Im Idealfall für alle Modelle, was enorm die Kosten senken sollte.

        Bei Rivian konnten wir kürzlich lesen, dass deren eAutos nur noch 7 Komponenten haben, statt hunderte, wie das sonst üblich ist. Bei einem Hersteller wie VW, der 8 Mio Autos pro Jahr produziert, dürfte das einen gigantischen Unterschied machen. Wenn es funktioniert.

        1. @Robert
          Mercedes hat gerade ein MB-OS vorgestellt und baut es nun ein.

          1. Ich habe versucht zu erfahren, was dieses MB-OS können soll: Ich glaube das ist ein erweitertes MBUX. Sie arbeiten dabei auch mit Nvidia zusammen, wobei ich nicht weiß ob das die Grafikkarten von Nvidia sind oder die KI-Chips.

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