Devisen

Türkische Lira: Desaster! Abwertung scheint kein Ende zu finden

Türkei Flagge

Die türkische Lira wertet immer weiter ab. Was für ein Desaster! Vor allem ist es ein Desaster, wenn man an die kräftige Zinserhöhung der türkischen Zentralbank vom 24. September denkt. Um satte 200 Basispunkte wurde der Leitzins angehoben auf 10,25 Prozent. Damit hatte niemand gerechnet. Die breite Markterwartung lag bei einem unveränderten Zinssatz von 8,25 Prozent, weil man davon ausging, dass die von Präsident Erdogan eingesetzte Leitung der Zentralbank auch weiterhin seinem Wunsch von möglichst niedrigen Zinsen entsprechen würde. Mit niedrigen Zinsen sollen nämlich die türkische Wirtschaft und Bevölkerung über die Geschäftsbanken mit möglichst günstigen Krediten versorgt werden.

Türkische Lira mit neuen Rekordtiefs

Es gab für die türkische Lira nach dieser Zinserhöhung ein kurzes Durchatmen. Wir hatten da schon gemutmaßt, ob dieser völlig unerwartete Zinsschritt sogar eine Wende am Devisenmarkt auslösen könnte, sodass die jahrelange Abwertung der türkischen Währung zumindest gestoppt sein könnte. Aber nein, es kam anders. US-Dollar gegen türkische Lira notierte vor der Zinsanhebung bei 7,70, jetzt muss man schon 7,87 Lira für 1 US-Dollar bezahlen. Mal wieder ein Rekordtief für die türkische Lira! Und auch gegen den Euro sehen wir heute ein neues Rekordtief für die türkische Lira. EURTRY notierte am 24. September vor dem Zinsentscheid noch bei 8,98. Heute muss man 9,27 Lira für 1 Euro aufbringen.

Vielfältige Gründe für die Lira-Abwertung

Aktuell spielt der Rückgang der Bruttodevisenreserven eine Rolle – zu Ende September ein Minus von vier Prozent auf 43 Milliarden Dollar! Die letzten Tage wurde die Abwertung für die türkische Lira vor allem vorangetrieben durch die offenbar aktive türkische Einmischung in den kriegerischen Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan (hier ein aktueller Bericht). Im Hintergrund schwelt ein wichtiges Thema, das wir schon einige Male in den letzten Monaten angesprochen haben. Durch die seit Mitte 2019 begonnene Zinssenkungsphase in der Türkei (die ja nun gestoppt wurde), sank der Leitzins deutlich unter die Inflationsrate. Mit aktuell 10,25 Prozent liegt der Leitzins immer noch deutlich unterhalb der offiziellen Inflationsrate, die für September erst vorgestern fast unverändert mit 11,75 Prozent veröffentlicht wurde. Dies macht Geldanlagen in der Türkei für Ausländer unattraktiv.


source: tradingeconomics.com

Wie kann es weitergehen für die Lira?

Würde die türkische Zentralbank den Mut finden den Leitzins über die Inflationsrate anzuheben, könnte dies womöglich ein klares Signal für den Devisenmarkt sein, dass eine Kehrtwende für die türkische Lira anstehen könnte. Aber selbst dann müsste der Markt immer noch mit der Angst leben, dass Präsident Erdogan wie schon geschehen die Führung der Zentralbank in Ankara einfach auswechselt. Man kann es nur betonen – dass die Zentralbank am 24. September überhaupt diese Zinsanhebung durchführte, ist schon erstaunlich. Präsident Erdogan dürfte davon wenig begeistert sein.

Abgesehen davon sind auch die Außenhandelsdefizite der Türkei (-2,8 Milliarden Dollar im Juli, -6,3 Milliarden Dollar im August) sowie die hohe Verschuldung von Wirtschaft und Konsumenten in Fremdwährungen negativ zu bewerten. Zudem drohen derzeit auch Sanktionen der EU gegen die Türkei bezüglich des Gas-Streits mit dem EU-Mitglied Griechenland. Aber da die Türkei die EU mit dem Flüchtlings-Deal in der Hand hat, dürften wirklich ernsthafte Sanktionen der EU wohl kaum anstehen. Aber wer weiß, vielleicht würde eine solche Ticker-Meldung am Devisenmarkt doch eine erneute Abwertung für die türkische Lira bedeuten? Stand heute scheint die Abwertung der türkischen Währung immer weiter zu gehen.

Chart zeigt Kursverlauf von Euro und US-Dollar gegen die türkische Lira
Der Chart zeigt seit 2016 den Kursverlauf von Euro und US-Dollar gegen die türkische Lira.



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2 Kommentare

  1. Und wie kennen nur ein Thema Trump und nochmals Trump. Die Gefahr die von Erdogan ausgeht, verkennen wir bzw. blenden sie vollkommen aus. Er ist derzeit in Libyen, Syrien, Asarbeitschan und natürlich Kurdistan nicht zu vergessen engagiert. Kaum vorstellbar dass dies so lange gut geht.

    1. Nicht zu vergessen, dass er andere NATO-Partner schwer provoziert, indem er in ihren Hoheitsgewässern nach Erdgas bohrt.

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