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Weltweit höchste Implizite Volatilität Türkische Lira: Vier Handelstage vor der Wahl explodiert die Nervosität

Beim Blick auf die türkische Lira explodiert vier Handelstage vor der Präsidentschaftswahl die Nervosität am Devisenmarkt.

Die türkische Lira wertet seit Jahren dramatisch ab, und auch jüngst geht der Crash weiter. In den letzten zehn Jahren hat die türkische Währung gegenüber dem US-Dollar 90,85 % an Wert verloren, siehe blaue Linie im Chart. In orange sehen wir im Vergleich dazu die Entwicklung der Inflation in der Türkei. Eine restriktive Geldpolitik mit hohen Zinsen hätte der Inflation in gewissem Umfang entgegenwirken können, aber der Leitzins für die Türkei wurde seit 2021 von 19 % auf zuletzt 8,5 % abgesenkt. Nun finden in der Türkei am kommenden Sonntag die Präsidentschaftswahlen statt, und am Devisenmarkt steigt die Nervosität für die türkische Lira auf einmal sprunghaft an.

Türkische Lira mit 90 Prozent Abwertung in zehn Jahren

Türkische Lira: Höchste Volatilität der Welt eine Woche vor der Wahl

Nur noch vier Handelstage bis zu den Wahlen in der Türkei, und die Devisenhändler verstärken ihre Absicherungen gegen Turbulenzen in der Lira, was dazu führt, dass ein Maßstab für die erwarteten Schwankungen der Währung auf den höchsten Stand der Welt steigt. Die implizite Volatilität für die türkische Lira gegenüber dem Dollar ist laut Bloomberg für die nächste Woche ist von 8,4 % am letzten Freitag auf jetzt 64 % gestiegen, und übertrifft damit alle anderen Währungen.

Die Marktteilnehmer rechnen unabhängig vom Wahlausgang mit einer deutlichen Abschwächung der Lira, da sie sich Sorgen über die Nachhaltigkeit der Bemühungen der Regierung machen, die türkische Lira in den letzten Jahren unter Kontrolle zu halten. Nach Berechnungen von Bloomberg, die sich auf die Preise von Put- und Call-Optionen stützen, sehen Derivatehändler eine mehr als ausgeglichene Wahrscheinlichkeit, dass die Lira bis zum Ende des dritten Quartals um 25 % bis 26 Lira pro Dollar fallen wird.

Implizite Volatilität für die türkische Lira steigt sprunghaft an

Analystenkommentar über Fehler in der Geldpolitik

„Wir könnten einen deutlichen Rückgang der türkischen Lira erleben“, schrieb Ulrich Leuchtman, Stratege der Commerzbank AG, heute in einer Notiz. „Die künstliche Unterstützung der offiziellen Wechselkurse wird zunehmend wackelig und kann wahrscheinlich nicht mehr lange aufrechterhalten werden“, und „die politische Motivation für die Aufrechterhaltung der vorgetäuschten Lira-Stabilität gegenüber den Wählern wird nicht mehr bestehen“, so seine Worte.

In einem hart umkämpften Wahlkampf droht ein Ende der zwei Jahrzehnte währenden Herrschaft von Präsident Recep Tayyip Erdogan und seines unkonventionellen Wirtschaftskurses. Sein Hauptkonkurrent, Kemal Kilicdaroglu, hat eine Rückkehr zur wirtschaftlichen Orthodoxie versprochen (dann also wieder unabhängige Zentralbank mit deutlich höheren Zinsen?). Trotz der Nervosität im Zusammenhang mit der Türkei dürfte ein weiterer Verfall der Lira kaum Auswirkungen auf die übrigen Schwellenländer haben, da er die Misswirtschaft des Landes selbst widerspiegelt, so die Commerzbank.

„Die Fehler der türkischen Geldpolitik sind so eindeutig hausgemacht und werden so eindeutig nicht in anderen Ländern wiederholt, dass ich mir nur schwer vorstellen kann, wie ein Scheitern dieser sehr spezifischen Geldpolitik auf andere Währungen ansteckend wirken soll, deren Zentralbanken ganz anders handeln“, so Ulrich Leuchtman.

FMW/Bloomberg



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