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Chinas Versorgung mit Weizen und Energie gefährdet Ukraine-Friedenskonferenz : China und sein Krim-Dilemma

Warum Chinas Dilemma immer größer wird

China Ukraine Krim

Am Wochenende fand in Saudi-Arabien eine Konferenz statt, auf der ein möglicher Frieden zwischen der Ukraine und Russland diskutiert werden sollte: Unter den 40 teilnehmenden Staaten war auch China vertreten, vertreten durch den Speziellen Gesandten Li Hui. Russland wurde gar nicht erst eingeladen. Die Konferenz fand auf der Ebene der Sicherheitsberater statt. Neben der EU und den USA waren vor allem Delegationen aus dem „Globalen Süden“ vertreten, die durch das von Russland beendete Getreide-Abkommen besonders betroffen sind.

Eingeladen hatte der quasi-Machthaber von Saudi-Arabien, Muhammad Bin Salman, der auch gute Beziehungen zu Russland unterhält. Für ihn ist die Friedenskonferenz eine gute Chance, sich international als Vermittler zu positionieren – eine Position, die viele Beobachter China zugedacht haben.

Grundlage der Gespräche war der 10-Punkte-Friedensplan der Ukraine, der im Wesentlichen den Abzug der russischen Truppen, die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine und Sicherheitsgarantien vorsieht. Russland seinerseits hat via den stellvertretenden Außenminister Sergey Ryabkov verlauten lassen: „Das Treffen in Dschidda spiegelt den Versuch des Westens wider, erfolglose und zum Scheitern verurteilte Bemühungen fortzusetzen, die internationale Gemeinschaft oder genauer gesagt den globalen Süden, wenn auch nicht vollständig, zur Unterstützung der sogenannten Selensky-Formel zu mobilisieren, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt und undurchführbar ist.“

Zuletzt hatte Putin in einer Pressekonferenz nach dem Afrika-Gipfel in Moskau gesagt, dass die Ukraine die „neuen territorialen Realitäten“ anerkennen müsse. Das Treffen in Jiddah ging ohne konkrete Beschlüsse und einer gemeinsamen Erklärung zu Ende, allerdings wurde vereinbart, in verschiedenen Runden die Gespräche fortzuführen.

Ukraine-Krieg: Ambivalente Situation für China

China befindet sich in Bezug auf den Ukraine-Krieg in einer ambivalenten Situation. Einerseits profitiert es wirtschaftlich von dem Krieg, da es günstigere Rohstoffe importieren kann. Dies führt im Außenhandel dazu, dass der Wert der Im- und Exporte stark abnimmt, das Volumen aber gleichzeitig zunimmt.

Ebenso ist Russland ein neuer Absatzmarkt, der nun mit chinesischen Waren geflutet wird, nachdem der Westen sich aus Russland zurückgezogen hat. Die Exporte nach Russland haben im vergangenen Monat um über 73% zugenommen. Ebenso hilft die Abnabelung Russlands vom internationalen Zahlungsverkehr, den Yuan international wichtiger zu machen. Der Yuan ist mittlerweile die beherrschende Auslandswährung in Russland.

Politisch hat sich in den letzten anderthalb Jahren das Verhältnis zwischen Russland und China umgekehrt. China ist nun derjenige, der das Sagen hat. International wuchsen die Erwartungen, dass China aufgrund seiner nach außen gezeigten Freundschaft eine tragende Rolle bei einem Friedensschluss spielen könnte. Bisher hat China jedoch keine Fortschritte bei der Vermittlung erzielt.

Auf der anderen Seite ist China einer der Hauptbetroffenen des von Russland gekündigten Getreide-Abkommens, neben Spanien und der Türkei. Noch schlimmer könnte es für China kommen, sollte es der Ukraine tatsächlich gelingen, den Verkehr von Öltankern durch das Schwarze Meer lahmzulegen. Die Ukraine hatte angekündigt, dass ab dem 3. August alle Schiffe, die von und zu russischen Häfen unterwegs sind, als militärische Ziele angesehen werden und gegebenenfalls angegriffen werden. Mit dem Beschuss des Öltankers „Sig“ und den Ölspeichern in Feodosia hat die Ukraine bewiesen, dass sie dazu technisch und logistisch in der Lage ist. Wenn in Zukunft kaum noch Öltanker durch das Schwarze Meer fahren können, würden sich die Öllieferungen deutlich verknappen. Beides, Energie und Nahrungsmittel, sind für China besonders sensible Güter. Ein Frieden zwischen den beiden Kriegsparteien wäre also durchaus im Interesse Chinas.

Der Weg zu einem Frieden zwingt China in ein weiteres Dilemma. Das Land gibt sich öffentlich neutral, wie der neue Außenminister Wang Yi nach einem Telefonat mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow nach der Friedenskonferenz versichert hat, unterhält jedoch mit Russland eine „grenzenlose Freundschaft“. Wenn Russland auf die „neue territoriale Realität“ besteht, wirft das für China mehrere Probleme auf.

Die Grundlage der chinesischen Außenpolitik sind die „Fünf Prinzipien“, die sich auch im 12-Punkte-Plan zum Ukraine-Krieg wiederfinden. Dazu gehören insbesondere: keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates, friedliche Koexistenz und territoriale Integrität. Sollte China also die Ukraine drängen, einen Frieden zu akzeptieren, der eine Abtrennung ukrainischer Gebiete vorsieht, würde es gegen seine eigenen Grundsätze verstoßen. Man könnte natürlich sagen, Politik ist die Kunst des Machbaren, und damit müssen Grundsätze den Realitäten ab und zu mal weichen.

Abtrennung der Krim: ein gefährlicher Präzedenzfall für China

Viel problematischer ist, dass mit der Abtrennung insbesondere der Krim ein für Peking gefährlicher Präzedenzfall geschaffen wird. Die Krim gehört als autonome Republik völkerrechtlich zur Ukraine. Nikita Chruschtschow, selbst Ukrainer, hatte die Krim 1954 der sowjetischen Volksrepublik der Ukraine geschenkt. Nach dem Ende der Sowjetunion verblieb die autonome Republik als Teil der Ukraine. Sollte die Krim nach einem Friedenschluss unter Beteiligung Chinas sich endgültig von der Ukraine lossagen und sich Russland anschließen, gäbe es keinen Grund mehr für China, weiterhin auf die Zugehörigkeit Taiwans zur Volksrepublik China zu bestehen. Taiwan könnte jederzeit unter Verweis auf die Krim auf seine Unabhängigkeit hinweisen und sich auch de jure für unabhängig erklären. China hat bei den Verhandlungen eines Friedensabkommens viel zu gewinnen, aber ebenso viel zu verlieren: Taiwan.



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3 Kommentare

  1. Die russische Marine ist zwar in der Lage, ukrainische Angriffe im Schwarzen Meer abzuwehren. Trotzdem bleibt die weitere chinesische Energieversorgung durch russische Öltanker abzuwarten.

    1. Ahoi @Holger Voss!
      Sie meinten sicher, die russische Marine ist MEISTENS in der Lage, legitime ukrainische VERTEIDIGUNGSMASSNAHMEN zur Freihaltung ukrainischer Gewässer für Getreidetransporte und anderen Warenhandel im Schwarzen Meer abzuwehren. Auch wenn immer wieder mal das eine oder andere Schiff mit Loch und Schräglage ins Trockendock befördert werden muss.

      Russland ist allerdings in der Lage und gewillt, die Donaumündung für alle Anrainerstaaten zum Russisch Roulette zu verwandeln. Moskau sieht sich derweil mit anderen Herausforderungen konfrontiert, insbesondere mit dem Mangel an Schiffen. Ich hoffe, es müssen nicht allzu viele Öltanker zu provisorischen Kampfkähnen und Kriegskuttern umgerüstet werden.

      Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und beruflichen Spaß bei Ihrer Mission im Auftrag der internationalen Öl-Lobby.

    2. Genau, @Holger Voss, die „Olenegorsky Gornyak“ hat ganz souveraen die ukrainische Seedrohne mit der Bordwand abgefangen. Dafuer sind ja auch Bordwaende von Kriegsschiffen da, oder? Aber warum musste die dann mit ner ziemlichen Kraenkung in ne Werft geschleppt werden? Und die „Sig“ war auch sehr erfolgreich, die Seedrohne abzuwehren. Der Motorraum wurde wahrscheinlich absichtlich geflutet, damit die Matrose dort schwimmen koennen. Und die Oelsilos in Feodosia waren auch sehr gut in der Lage, mit Raketenbeschuss umzugehen….

      Sie demonstrieren wieder, wie man die Welt so macht, wie man sie sich wuenscht, nicht wie sie ist.

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