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Die Indikatoren sind widersprüchlich US-Rezession rückt näher – Ökonomen überdenken ihre Prognose

US-Rezession rückt näher - Ökonomen überdenken ihre Prognose

Seit Monaten sagen Ökonomen und Experten eine drohende Rezession in den USA vorher, die aber nicht so richtig kommen mag. Die stark invertierte Zinskurve, die eigentlich als verlässlicher Rezssions-Indikator gilt, deutet ebenfalls seit Monaten auf eine Wirtschaftsabkühlung hin. Doch sowohl der Arbeitsmarkt als auch die Wirtschaft präsentieren sich weiterhin robust. Dementsprechend hat ein Umdenken an den Finanzmärkten stattgefunden – die Marktteilnehmer spekulieren inzwischen darauf, dass die Fed eine sanfte Landung hinbekommt, ohne dabei die Wirtschaft zu stark abzuwürgen. Anleger schalteten in den Risk-On-Modus und leiteten schließlich eine Hausse an den Aktienmärkten ein. Einige der Prognostiker, die als erste eine US-Rezession vorhersagten, beginnen jetzt, ihre Wetten abzusichern, da die Inflation abebbt und die Wirtschaft überraschend widerstandsfähig bleibt.

Rezession das wahrscheinlichere Szenario

Der stellvertretende Forschungsleiter der Deutschen Bank, Peter Hooper, und der Chefvolkswirt von Fannie Mae, Doug Duncan, sagen nun, dass es im Wesentlichen eine Frage der Zeit ist, bis wir sehen, ob die US-Wirtschaft in eine Rezession abrutscht oder eine weiche Landung erfährt und weiter wächst. Beide glauben aber immer noch, dass ein Abschwung das wahrscheinlichere Szenario ist, so berichtet Bloomberg.

Aichi Amemiya, leitender Wirtschaftswissenschaftler bei Nomura Securities International, hält ebenfalls an der Rezessionsprognose seines Unternehmens fest, fügte aber hinzu: „Es wird langsam eng“.

Diese Einschätzung wurde auch in der Bloomberg-Umfrage unter Wirtschaftswissenschaftlern vom Juli geäußert, in der die Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt für das zweite und dritte Quartal nach oben korrigiert wurden. Die Prognostiker sehen jedoch nach wie vor eine 60 %ige Chance, dass die USA in den nächsten 12 Monaten in eine Rezession fallen werden. Ab dem vierten Quartal könnte es zu einem Wirtschaftsabschwung kommen.

Prognosen für das US-Bruttoinlandsprodukt und die Inflation

Wirtschaftsabschwung: Das Für und Wider

Duncan sagte, dass die Baubeginne und Immobilienpreise stärker als erwartet ausgefallen seien, was die Wirtschaft stütze. Amemiya verwies auch auf die Stärke der Neuwagenverkäufe.

Paradoxerweise führt Hooper die aggressive Zinserhöhungskampagne der Federal Reserve auf das geringere Risiko einer Rezession zurück. Dies hat dazu beigetragen, die Inflationserwartungen wieder zu verankern, was die Chancen erhöht, dass der Preisdruck nachlässt, ohne dass es zu einem bedeutenden Rückgang der Wirtschaft kommt.

Die von Bloomberg befragten Ökonomen sind ebenfalls zunehmend optimistischer, dass die Inflation weiter abkühlt. Der Preisindex für die persönlichen Konsumausgaben (PCE) – die bevorzugte Inflationskennzahl der Fed – wird laut der Juli-Umfrage im letzten Quartal 2024 um 2,2 % steigen. Im vergangenen Monat hatten die Ökonomen noch 2,3 % erwartet.

Ohne Lebensmittel und Energie wird die sogenannte PCE-Kernrate in der ersten Hälfte des nächsten Jahres wahrscheinlich stärker zurückgehen als im letzten Monat vorhergesagt. Die Ökonomen gehen auch davon aus, dass sich der Verbraucherpreisindex bis zum Ende des nächsten Jahres schneller abkühlt.

Keine zweite Zinsanhebung der Fed

Die Umfrage unter 73 Wirtschaftswissenschaftlern, die vom 14. bis 19. Juli durchgeführt wurde, erfolgte kurz nachdem die jüngsten Verbraucherpreisdaten gezeigt hatten, dass die Inflationsrate in den USA im Juni auf ein mehr als zweijähriges Tief gesunken war. Dies veranlasste viele Händler dazu, darauf zu wetten, dass die für nächste Woche erwartete Zinserhöhung durch die Fed die letzte in diesem Zyklus sein wird.

„Die US-Notenbank wird nach der Anhebung im Juli wahrscheinlich im September erneut pausieren. Die nächste Gelegenheit im November wird wahrscheinlich vor dem Hintergrund einer Rezession stattfinden, da die realen Zinssätze restriktiver werden“, sagte Philip Marey, Senior US-Stratege bei der Rabobank, in einer Antwort auf eine Umfrage. „Daher erwarten wir nicht, dass die zweite Zinserhöhung, die die Dot Plots zuvor signalisiert haben, zustande kommt.

Die in der Umfrage befragten Ökonomen erwarten jedoch auch weniger Zinssenkungen durch die Fed im nächsten Jahr, da bislang vieles auf eine milde Rezession hindeutet.

FMW/Bloomberg



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4 Kommentare

  1. Die Wirtschaft hinkt sowohl in den Vereinigte Staaten, als auch in der Europäische Union und in der Volksrepublik China. Wenn das kein Grund ist für ein G20-Gipfeltreffen zwecks Stimulierung der Weltwirtschaft ist. Allerdings sollten sich dort sämtliche Staats- und Regierungschefs zu einer multipolaren Außenwirtschaftspolitik bekennen. Eine Reduzierung des Sanktionsregimes wäre hierbei ebenfalls konstruktiv/zielführend.

    1. Die G20-Mitgliedsländer Königreich Saudi-Arabien, Volksrepublik China und Russische Föderation sprechen sich im Rahmen eines aktuellen G20-Wirtschaftsministertreffens für eine kompetente Energiepolitik zugunsten der Weltwirtschaft aus.

  2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Zinsen brauchen immer Zeit sich durch’s System zu fressen. Denoch, eine ganz Generation von Investmentbankern und Anlegern ist heute mit praktisch negativen Leitzinsen aufgewachsen, es wird ihnen nicht leicht fallen, normale Zinsen zahlen zu müssen.

    Von den Firmen ganz abgesehen. Das wird noch lustig.

    In der nächsten Woche stehen historisch,einmalige Entscheidungen an: Erstmals ,seit über 15 Jahren, ist das Ausgangsniveau von vor der Finanzkrise wieder erreicht.

    5,25 – 5,50 Prozent Leitzins bei der FED und 4,25 Prozent Leitzins bei der EZB.

    Nur die Fallhöhe ist heute eine ganz andere….

  3. Tut nix zur Sache

    Das wird bedeuten, das der Markt steigen muss und wird. Wenn es sooo schlecht ausschaut, kann die Fed gar nicht anders, als die Zinsen zu senken. Schließlich ist sie verantwortlich, das die Märkte steigen müssen. Gefühlt sind die Zinsen immer zu hoch. Und der Dow ist ja auch schon seit 2017 von 18000 auf 34000 gefallen. Damit lässt sich kein Geld verdienen. Nun muss aber endlich Mal was passieren, damit die gute Laune nicht auch noch baden geht.

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