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Eine Rezession reißt vieles mit nach unten USA: Wirtschaft auf dem Weg in eine Rezession?

Ist eine Rezession noch vermeidbar?

Wirtschaft USA Rezession

Hartnäckig hält sich bei der US-Notenbank der Glaube an eine weiche Landung der Wirtschaft in den USA, weshalb man auch den aktuellen Zinszyklus gut verkraften könne. Auch hofft man an der Wall Street an weiterhin sprudelnde Gewinne bei den Unternehmen im S&P 500. Aber es gibt ganz klare Signale, dass dies ein Wunschdenken sein könnte, ist eine Rezession noch vermeidbar?

Wirtschaft und Rezession in den USA: Die unerschütterliche Wall Street

Klar gibt es noch die Einkaufsmanagerindizes in den USA, die sich sowohl im Verarbeitenden Gewerbe (53,0 Punkte), als auch im Dienstleistungssektor (55,3 Punkte) noch deutlich über der Wachstumsschwelle befinden. Auch ist der Arbeitsmarkt in den USA mit seiner historisch niedrigen Arbeitslosenrate von 3,6 Prozent extrem stark, die Zahl der offenen Stellen noch riesengroß.

Was schlussendlich zu diesen im Tweet von Lance Roberts präsentierten Gewinnschätzungen für 2022 und 2023 führt. Wozu ein Gewinnwachstum von um und bei 10 Prozent für die beiden Quartale nötig wäre. Wo ist hier eine Rezession?

Lance Roberts S&P 500 Earnings Estimates

Jetzt kommt das „Aber“: Von den 103 S&P 500-Unternehmen,  die bisher eine vierteljährliche Gewinnprognose für das zweite Quartal herausgegeben haben, waren 71 negativ und 32 positiv. Damit liegt man über dem Fünfjahresdurchschnitt von 59 und über dem 10-Jahres-Durchschnitt von 66. Tatsächlich weist das zweite Quartal die höchste Anzahl von S&P 500-Unternehmen auf, die seit dem vierten Quartal 2019 für ein Quartal negative Prognosen abgeben:

Negative S&P 500 Guidance EPS Rezession der Wirtschaft in USA

Aber das große Thema dürfte bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen nicht der aktuelle Stand sein, sondern der Ausblick der Unternehmen. Wie wirken sich die höheren Kosten, die Lohnentwicklung, die hohen Lagerbestände und all die Faktoren aus, die den Konsum verlangsamen werden?

Die Straffung der Finanzierungsbedingungen (Financial Conditions)

Zwar hat die US-Notenbank mit ihrer Geldpolitik schon viel erreicht, vor allem verbal, denn die Leitzinsen liegen erst bei 1,50 bis 1,75 Prozent, auch ist die Notenbankbilanz noch wenig geschrumpft. Was hingegen nach oben geschossen ist, sind die Kapitalmarktzinsen, mit ihrer Verdoppelung seit dem Jahresanfang, mit ihrem Top bei den Zehnjährigen bei knapp 3,5 Prozent.

Was sich natürlich auf viele Kreditarten ausgewirkt hat, schließlich ist dies die Benchmark für einen Teil des Kapitalmarktes – sprich die Finanzierungsbedingungen haben sich bereits massiv verschärft.

Müsste diese Steigerung nicht, nicht wie in der Historie erlebt, die Wirtschaft erheblich schwächen? Bei einem Niveau wie in der Finanzkrise und der Dotcom-Bubble?

Financial Conditions Rezession Wirtschaft USA

Trotz dieser Verschärfung hat sich der Konsens darüber, wie die Gewinne der S&P 500-Unternehmen beeinflusst werden, noch nicht ausreichend verändert. Aber wenn dies geschieht, dürfte es mit den Bewertungen am Aktienmarkt nach oben, beziehungsweise mit dem Kursniveau weiter nach unten gehen.

Ein starker Dollar, hohe Inflation, gestiegene Kapitalmarktzinsen – warum um alles in der Welt sind die Unternehmensschätzungen noch so optimistisch?

Im Jahresvergleich sinkende Gewinnerwartungen waren aber stets der Grund für sinkende Aktienkurse.

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Eine Rezession und weiter fallende Notierungen

Was wird dazu führen, dass Gewinne und Gewinne schrumpfen und möglicherweise mehr Druck auf den S&P 500-Index ausüben? Eine Rezession wird es richten – und dabei war die Entwicklung der Rohstoffpreise stets ein Barometer dafür, dass eine Rezession kommt. Hier eine Übersicht, die den Fall der Commodities seit bereits einigen Monaten darstellt.

Commodities aktuell im Sinkflug Rezession USA Wirtschaft

Und stets an vorderster Front, der Leithammel Kupfer (Dr. Copper), ohne den kaum industrielles Wachstum möglich ist, wie sich bereits in der Finanzkrise 2008/2009 gezeigt hat:

CPI, Kupfer, 10-Jährige Finanzkrise

Hier wieder einmal ein Vergleich mit der Vergangenheit. Wie war es bei der Finanzkrise 2008/09 bei den Rohstoffen insgesamt?

Commodities 2009 Wirtschaft USA Rezession

Für uns in Europa derzeit angesichts des Ukraine-Kriegs kaum vorstellbar. Selbst die Inflation bei Lebensmitteln könnte bei einer globalen Rezession zusammenbrechen, wie schon bei der Finanzkrise.

CPI Food 2009 und 2022

Ähnlich ist es bei Öl. Vor einem Jahr lagen die Preise bei 75 bis 80 Dollar. Derzeit ist es gar nicht mehr so weit bis zu diesem Niveau, was im Vergleich zu den 128 Dollar in der Spitze eine deflatorische Tendenz bei den Preisen bewirken würde.

Alles ziemlich abseits des momentanen Umfelds, aber die große Rezession 2008/09 zeigt was in einem solchen Fall mit den Preisen geschehen kann.

Zuletzt noch einmal der Vergleich zur großen Krise und dem Verhältnis von Dr. Copper zum Konsumentenpreisindex. Das Metall wird deshalb stark beäugt („Dr. Copper„), weil es mit anderen Industriemetallen weit vor anderen ökonomischen Daten eine schwächelnden Weltwirtschaft widerspiegelt.

Manch einer wird sich bei dieser Argumentation angesichts hoher Aufträge und den ständig gestörten Lieferketten an den Kopf fassen. Aber in der Wirtschaft geschieht oft das, was absolut konträr ist zum Mainstream.

Heute kommen die nächsten und lang erwarteten Daten zu den US-Verbraucherpreisen CPI.

Auch wenn jede Krise anders ist (von den Ursachen und vom Verlauf): eine Rezession reißt vieles mit nach unten.

Wann endet der Bärenmarkt?

Die 100.000 Dollarfrage. Aber es ist wahrscheinlich wieder einmal die US-Notenbank mit ihrer Geldpolitik – der so bedeutsame monetäre Faktor. Hierzu muss sich aber erst einmal die Wirtschaft in den USA abschwächen und vor allem der Arbeitsmarkt entspannen. Ein Grund dafür, warum die Notenbank so an ihrem Kurs der monetären Straffung festhält. Das Mismatch zwischen Angebot und Nachfrage muss beendet werden.

Es gibt aber noch eine Grafik, die aufzeigt, wann die Federal Reserve mit ihrem Straffungszyklus aufgehört hat. Immer dann, wenn die Zinskurve invers wurde, weil dies ein Zeichen für eine Rezession gewesen ist. Damit sind wir wieder beim Thema: Wenn die Unternehmensgewinne zurückgehen, die Wirtschaft schrumpft, dann könnte das Ende einer „hawkishen“ Fed gekommen sein.

Otavio Costa Zinskurven



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4 Kommentare

  1. Sehr spannender und aufwändig recherchierter Artikel! Er zeigt aus meiner Sicht sehr gut, welch widersprüchlichen Faktoren der Markt derzeit ausgesetzt ist, und zwar in einer Weise, für die es in dieser Form keinen Präzedenzfall gibt. Alles ist offenbar möglich, baldige Erholung oder weiterer brutaler Absturz der Märkte. Aktionismus dürfte jetzt hochriskant sein..

  2. 2008 lag ich richtig, hingegen 2009 total falsch. Ich hatte einfach nicht mit den Chinesen gerechnet, die dann die Weltwirtschaft gerettet hatten.

    Letzte Woche (oder auch vorletzte) kam eine Meldung, dass die Chinsen analog zu 2009 viel Geld für die Infrastruktsaur ausgeben wollen. Sofort steigen die Aktionen. Ich dachte mir nur, wieviel Millionen-Städte ohne Einwohner, wieveile Autobahnen ohne Autos usw. brauchen die Chinesen noch.

    Allerdings las ich heute in der NZZ „Jeder fünfte junge Chinese ist arbeitslos“. Scheinabr haben die Chinesen eigene Probleme und können sich nicht auf die Welt konzentrieren…..oder gerade deshalb. Schon spannend.

  3. Die Schinsen haben genug eigene Sorgen und werden diesmal nicht ihre Gegner retten. In der Zwischenzeit sind die China Tech- Aktien m.W. auch wieder gefallen.Die Bric Staaten brauchen keinen Krieg ,nur Geduld, der Westen demoliert sich gerade selber.

  4. Nerv Peter Zwäng55

    Widersprüchliche Faktoren, alles ist offenbar möglich, baldige Erholung oder weiterer brutaler Absturz.
    2008 lag ich richtig, hingegen 2009 total falsch.
    Wieviel Millionen-Städte ohne Einwohner, wieviele Autobahnen ohne Autos brauchen die Chinesen noch.
    Die BRIC Staaten brauchen keinen Krieg, nur Geduld, der Westen demoliert sich gerade selber.

    Das alles klingt sehr wissenschaftlich, fundiert und höchst relevant (Satironie).
    Hat der deutsche Krisenkult nichts Besseres auf Lager, als irrelevante Offensichtlichkeiten und widersprüchliche Möglichkeiten in die Welt hinauszuposaunen?

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