Der europäische Gaspreis am Terminmarkt (Dutch TTF-Kontrakt für die Lieferung im Oktober) fällt heute um 15,6 Prozent auf aktuell glatt 205 Euro pro Megawattstunde. Vom Hoch am 26. August bei 341 Euro ist es bis jetzt ein Rückgang um 136 Euro oder 39,9 Prozent. Im Chart sehen wir den Kursverlauf der letzten 12 Monate. Wir berichteten bereits heute früh – die Nord Stream AG zeigt heute bereits an, dass der Gasfluss über Nord Stream 1 ab morgen früh wieder aufgenommen werden soll mit (wie vorher) 20 Prozent der Durchleitungskapazität.
Drei Tage lang war die Leitung komplett stillgelegt, laut Gazprom angeblich wegen Wartungsarbeiten. Wenn wieder Gas fließt, sinkt damit die Verknappungsangst um Gas in Europa – dies hilft den Gaspreis zum Fallen zu bringen. Bis zum 26. August war er unter anderem wegen dieser anstehenden Abschaltung von Nord Stream 1 und der damit verbundenen Verknappungsangst gestiegen. Denn man konnte auch vermuten, dass die Pipeline womöglich auch nach der dreitägigen Unterbrechnung abgeschaltet bleibt.
Gaspreis fällt deutlich – „Erleichterung für die Märkte“
Diese voraussichtliche Wiederaufnahme der Lieferungen über Nord Stream 1 ist laut aktueller Aussage von Bloomberg ist eine Erleichterung für die Märkte, auch wenn die Befürchtung besteht, dass es in diesem Winter zu weiteren Unterbrechungen kommen könnte. Der Gaspreis ist gefallen. Dies ist ein gewisser Trost für die politischen Entscheidungsträger, die befürchtet hatten, Moskau könnte sich nach den jüngsten Wartungsarbeiten gegen die Wiederaufnahme der Gaslieferungen entscheiden. Europa wird laut Bloomberg jedoch den ganzen Winter über in Atem gehalten werden, da die steigenden Preise die Volkswirtschaften in Mitleidenschaft ziehen.
Deutschland hat erklärt, dass es in den kalten Monaten überhaupt nicht auf russisches Gas zählen kann, und die Regierung bereitet sich darauf vor, dass Gazprom bereits im nächsten Monat eine weitere Abschaltung wegen Reparaturen vornehmen wird. Gazprom hat erklärt, dass die einzige funktionierende Turbine am Einspeisepunkt von Nord Stream 1 alle 1.000 Stunden einer technischen Wartung unterzogen werden muss. Das ist etwa alle 42 Tage der Fall, wobei die nächste Überprüfung folglich Mitte Oktober ansteht.
Bloomberg erwähnt, dass laut den vom Betreiber der Pipeline veröffentlichten Lieferaufträgen erwartet wird, dass der Durchfluss am Samstag um 2 Uhr morgens deutscher Zeit mit 20 % der normalen Kapazität wieder aufgenommen wird, also auf demselben Niveau wie vor den Arbeiten. Die Anordnungen sind keine Garantie für die tatsächliche Durchflussmenge, und normalerweise dauert es eine Weile, bis die Lieferungen wieder das geplante Niveau erreichen. Der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Novak signalisierte am Donnerstag laut dem Nachrichtendienst Tass, dass das Land am Zeitplan festhält.
Gazprom hatte die Lieferungen durch Nord Stream im Juli, kurz nach der saisonalen Wartung der Pipeline, unter Berufung auf technische Probleme gedrosselt. Die Lieferungen wurden am Mittwoch unterbrochen, um die einzige funktionierende Turbine zu überprüfen, mit deren Hilfe Gas in die Pipeline gepumpt wird. Normalerweise werden sechs große und zwei kleinere Turbinen eingesetzt, aber in diesem Sommer wurde der Großteil der Ausrüstung unter Berufung auf internationale Sanktionen, die die Wartung und Reparaturen behinderten, außer Betrieb genommen.
Die EU hat sich auf Unterbrechungen vorbereitet. Der Wettlauf Europas um die Gasspeicher für die bevorstehende Heizsaison hat dazu geführt, dass die Auffüllungsraten das angestrebte Niveau zwei Monate früher als geplant erreicht haben, was die unmittelbare Bedrohung mindert (FMW: Und was für Erleichterung im Gaspreis sorgt).
Risiko des Ausgleichs
Der geringere Verbrauch von Gas in Verbindung mit höheren Gasvorräten und Lieferungen aus alternativen Quellen könnte laut Bloomberg dazu beitragen die Risiken für Russland vorerst auszugleichen. Häufige Nord Stream 1-Stopps wären jedoch ein Indikator dafür, wie weit Russland zu gehen bereit ist, was weitere Risiken in diesem Winter bedeuten würde – vor allem, wenn es ein kalter Winter wird.
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„Während eine weit verbreitete Rationierung in der EU selbst in einem Abschaltszenario nicht unvermeidlich ist, würde dies in einigen Ländern, einschließlich Deutschland, ein hohes Risiko darstellen“, so Fitch Ratings in einer Notiz vom Donnerstag. „Eine Rezession in der Eurozone scheint nun als Folge der sich verschärfenden Gaskrise wahrscheinlich.“
Es ist noch nicht klar, wann andere Nord Stream-Turbinen, die offline sind, gewartet werden können. Dies könnte entweder vor Ort oder in Kanada, wo sie hergestellt wurden, geschehen. Für die verbleibende Anlage ist die regelmäßige Wartung laut Gazprom auf technische Anforderungen des Herstellers Siemens zurückzuführen. Das bedeutet wiederholte Stillstände, wenn sich die Situation bei den anderen Turbinen bis Oktober nicht ändert. Ein Ersatzteil, das die Lieferungen ankurbeln könnte, steckt nach Reparaturen in Montreal in Deutschland fest, und Moskau und Berlin streiten sich darüber, welche Dokumente erforderlich sind, um seine Rückführung nach Russland zu ermöglichen.
FMW/Bloomberg
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Jetzt kommt das, was ich schon lange vermutete: Jetzt spielen „Sie“ mit uns. Mal hoch mal runter…das wird uns zermürben.
Vor einpaar Tagen habe ich einen Artikel über einen chinesischen Kriegsphilosophen gelesen, der die Kriegskunst darin sah, einen Krieg ohne aktivierte Waffen in zu gewinnen.
Über diesen Artikel denke ich oft nach: vielleicht sind z.B die Lockdowns in China eine solche Waffe.
Russland schaltet Mal mehr, Mal weniger Gas frei.
Indien bekennt sich offen zu Russland.
Alle zusammen versuchen uns zu schaden.
Die G7 hat eine reine waffenbezogene Strategie.
Ich bin fast versucht zu glauben, dass der Russland Feldzug nur dazu dient, uns in die Waffen Strategie zu treiben, während nun die BRICs Staaten mit der der Strategie des alten Chinese zu punkten.