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„Wirtschaftselite“ ist besorgt über Globalisierungskritiker – das Problem wird aber nicht erkannt

Haben Sie schon mal was von der "B 20" gehört? Das ist das "Wirtschaftsdialogforum Business 20", das als eine Art Unterstützungs-Think Tank großer Konzerne und Verbände der G20...

FMW-Redktion

Haben Sie schon mal was von der „B 20“ gehört? Das ist das „Wirtschaftsdialogforum Business 20“, das als eine Art Unterstützungs-Think Tank großer Konzerne und Verbände der G20 zuarbeitet (so formulieren wir es mal). Wir sind keine eindimensionalen Freihandels- oder Globalisierungsgegner, aber aus den aktuellen Äußerungen dieser B 20 glauben wir erkannt zu haben, wo in der Denkweise dieser wichtigen Wirtschaftslenker der Fehler liegt.

Von dieser Gruppe, zu der unter anderem Deutsche Bank-Chef John Cryan gehört wie auch der UBS-Chef Axel Weber oder der Alibaba-Chef Jack Ma, haben nun rund 50 Mitglieder einen Brief geschrieben an die Vorbereiter des G 20-Gipfels, der im Juli in Hamburg stattfinden wird. Darin heißt es, dass die Globalisierung mit großen Herausforderungen verbunden sei. Man sei zutiefst besorgt über die aktuelle Anti-Globalisierungs-Stimmung, die in vielen Ländern der Welt festzustellen sei. Der Widerstand gegen den Abbau von weltweiten Handelsbeschränkungen und internationale Investitionen werde immer größer. Und jetzt (Achtung)… eine wachsende Zahl von Menschen und gesellschaftlichen Gruppen würde sich als Verlierer des schärferen globalen Wettbewerbs empfinden. Und: Solche Sorgen müsste man erst nehmen. Genau gelesen?

Die (nervigen?) Globalisierungskritiker haben laut „B 20“ also nur Sorgen und nur ein Empfinden Verlierer zu sein. Folglich, so darf man schlussfolgern, gibt es laut B 20 gar keine Globalisierungs-Verlierer, sondern nur Menschen, die Angst haben vielleicht mal Verlierer zu sein, oder es gibt Menschen, die gefühlt Verlierer sind, was aber gar nicht der Fall ist. Da müssen wir sagen: An diesem Punkt kommt eine brutale Arroganz zu tragen. Man beachte, dass gerade diese Woche verkündet wurde, dass in mehreren ostdeutschen Bundesländern tausende hochwertige Jobs in der Fertigung von Bahnwaggons bei Bombardier gestrichen werden.

Die Zentrale für diesen Konzernbereich sowie die Produktentwicklung verbleibt in Deutschland, die Produktion zieht… wohin auch immer. Jedenfalls verbleibt sie nicht in Brandenburg, und wird auch nicht in Schweden oder Frankreich neu eröffnet, da kann man sich sicher sein. Mannheim letzte Woche: General Electric macht ein überflüssiges Werk dicht, 1.000 Jobs weg. Lufthansa Technik: Die Zerlegung und Wartung von großen Linienflugzeugen ist in Hamburg zu teuer. Wie es aussieht: Ab mit diesen Jobs nach Polen, oder sogar auf die Philippinen – diese neuen Jobs seien den Menschen dort gegönnt, damit hier keine Missverständnisse aufkommen. Aber diese „guten“ Jobs fehlen dann eben hierzulande!

Da nützt es auch wenig, wenn die „B 20“ in ihrem Brief fairen Handel und Bildungschancen für alle fordern, damit alle in der neuen Arbeitswelt auch mitkommen. Dass wegfallende Zölle zwangsläufig Jobverlust bedeutet, wird nicht erwähnt. Gewiss, an anderen Stellen entsteht neue Arbeit, aber nicht jeder entlassene Industriearbeiter wird als Wirtschaftsprüfer oder Fachanwalt für internationales Handelsrecht einen neuen Job finden. Da kann noch so viel Bildung nicht helfen – es muss ein langsamer Übergang zu einer völlig globalisierten Welt erreicht werden, und nicht wie offensichtlich gewollt alles bitte jetzt so schnell wie möglich. Auch nützt es wenig zu sagen (wie so macher Ökonom es tut), dass die Verbraucher ja bei der Globalisierung von günstigeren Preisen profitieren. In der Tat werden die Produkte billiger, wenn sie günstiger im Ausland hergestellt werden. Der Verbraucher spart zwar, aber der Verbraucher ist eben auch gleichzeitig Arbeitnehmer. Wer deutlich weniger verdient, kann auch deutlich weniger konsumieren!

Nein, dies ist kein Gastbeitrag von Sarah Wagenknecht. Aber es ist ein Fakt. Hochwertige Industriearbeitsplätze gehen stetig verloren, und wie wir in den letzten Wochen mehrmals aufzeigten, entstehen neue Arbeitsplätze in Deutschland eben nicht in der Industrie, sondern reihenweise bei sehr schlecht bezahlten Jobs wie Wachschutz, Lager-Tätigkeiten, Gastronomie usw. Na klar, Globalisierung schafft automatisch mehr Jobs im Logistik-Bereich – das klingt logisch. Nur der Industriearbeiter bei Bombardier, der vielleicht bisher (geraten) 25 Euro die Stunde verdiente: Wenn der dank Globalisierung zukünftig in einem großen Logistik-Lager arbeitet für 9 Euro die Stunde, wird der jubeln über die Globalisierung, die in Deutschland für eine brummende Beschäftigungslage sorgt? Wohl kaum!

Das scheinen die Damen und Herren der B 20, G20, X 20 oderZ 20 (wie auch immer) nicht zu verstehen. Der gesellschaftliche und finanzielle Abstieg ist keine Angst, sondern bei vielen Menschen längst Realität. Er wird lediglich in den offiziellen Statistiken mit schlecht bezahlten neuen Jobs überdeckt. Nochmal zurück zu den Original-Aussagen des „B 20“-Briefs. Dort heißt es auch, dass immer mehr Menschen es schwierig finden würden mit dieser schnell verändernden Welt klarzukommen. Daher müssten Wirtschaft und Regierungen dem begegnen. Im Klartext: Die Globalisierungsgegner haben nicht nur falsche Ängste – sie sind auch derart verwirrt, dass Staat und Unternehmen sie an die Hand nehmen und ihnen „die Welt da draußen“ erklären müssen.

Diese doch recht arrogante Sichtweise unterstellt, dass der „einfache Arbeitnehmer“ schlichten Gemütes ist und es aufgrund seiner vermeintlich niedrigen Bildung einfach nicht besser weiß. Also muss ihm/ihr erklärt werden, warum die Globalisierung für alle ein Gewinn ist – so lautet wohl die unausgesprochene Argumentation dahinter. Um es klar zu sagen, zumindest sehen wir Kleingläubigen von FMW das so: Welthandel ist nichts Schlechtes, das Abschaffen von sinnlosen Zöllen und Vorschriften ist auch nichts Schlechtes. Aber das Ziel zu verfolgen möglichst schnell möglichst alle weltweit existierenden Zölle ganz abzuschaffen (völliger Freihandel), führt zu einer immer schnelleren Verschiebung von Arbeitsplätzen.

So sehr man jedem armen Menschen in Afrika oder Asien besser bezahlte Jobs wünscht, so sehr wird der Arbeiter in Europa auch an seinem eigenen Job hängen. Eine ruckartige Abschaffung von Zöllen kann ein Gefälle schaffen, dass die plötzliche Verlagerung von sehr vielen Arbeitsplätzen nach sich zieht, weil der Unternehmer woanders deutlich billiger produzieren, und dann zollfrei zurück auf den Verbrauchsmarkt importieren kann. Um es klar zu sagen: Was Donald Trump vorhat, scheint der extreme Gegenentwurf zum freiem Welthandel zu sein, der auch ins Verderben führt. Ein gesundes Mittelmaß oder zumindest ein deutlich verlangsamtes Tempo bei der Globalisierung könnte angemessen sein, damit sich Löhne und Lebensverhältnisse auf globaler Ebene nach und nach angleichen können!



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4 Kommentare

  1. „Globalisierung“ Das ist ein sehr komplexes Thema. Ich kann nur sagen das die Arbeitnehmer in den führenden Industrieländern die Verlierer sind. Wenn man nicht aufpasst und kontrolliert dann wird man ruckzuck vom Exportweltmeister zum Importweltmeister.
    Und noch eins sehe ich, wir stecken also Milliarden an Steuergeldern von Arbeitnehmern in Bildung und Forschung und produziert soll aber in einem Entwicklungsland.
    Das sind keine guten Zukunftsaussichten

  2. Schleswig-Holsteiner

    `White trash`sagt danke für diesen gelungenen und engagierten Artikel. Darf ich ihnen noch eine Frage stellen ? Können Sie sich eigentlich zumindest im Entferntesten vorstellen, dass Donald auch ein „gesundes Mittelmaß“ kann ?

    (Ich sage übrigens immer Donald, analog zur mordsmäßig gehypten Killary)

  3. Ob der Verbraucher wirklich spart, wenn die Produktion ins Ausland verlegt wird oder ob die Verbrecher sparen und Gewinne maximieren, sei jetzt einmal dahingestellt, wer kann das schon wissen.
    Nach dieser These müssten jedenfalls Bahnreisen bald wesentlich günstiger werden. Die Strompreise dürften demnach bei maximal 60 bis 70% des aktuellen Levels liegen. iPhones dürften nur die Hälfte kosten.

    Und was das Thema der Formulierung (Sorgen, Empfinden) angeht: Darüber lohnt es sich leider schon fast gar nicht mehr zu diskutieren. Kein Konzern, Politiker oder deren Lobby kann doch heute noch Klartext reden. Weil es sie nicht interessiert, weil sie zu weit abgehoben sind, weil sie keine Verantwortung für ihre Aussagen, Versprechen, für ihr Tun und Handeln tragen müssen.
    Doch trösten wir uns mit Einem: Unser aller Sorgen nehmen sie wirklich ernst. Ehrlich?! Die Politiker zumindest vor den Wahlen, die Konzerne dann, wenn ihnen die Kunden weglaufen. Aber sind das dann tatsächlich unser aller Sorgen?

  4. Bevor eine Globalisierung stattfindet, sollte man Weltweit den Mindestlohn auf 11€ setzen,
    dann hat der Spuk mit der Globalisierung ein Ende! Das gleiche Problem hat die EU, anstatt
    die Löhne, Sozialabgaben, Steuern und Renteneintrittsalter im Vorfeld anzupassen, musste
    alles schnell, schnell gehen und nun der sich abzeichnende Trümmerhaufen!

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