Devisen

Yen-Aufwertung: Wie lange währt sie noch?

Das Symbol für den japanischen Yen

Japan versucht es wieder einmal mit einem Konjunkturprogramm (lesen Sie dazu auch gerne hier unseren gestrigen Artikel). Das wievielte es ist, seitdem vor drei Jahrzehnten die Immobilienblase in Japan platzte, habe ich aufgrund der großen Anzahl nicht mehr gezählt. Fakt ist: Bis jetzt war jedes Konjunkturprogramm in Japan zu knapp bemessen, um die Wirtschaft nachhaltig zu beleben. Außer einem Anstieg der Staatsschulden passierte bisher wenig. Doch die vielen verpufften Programme im Umfang hunderter Milliarden Euro (bzw. Billionen Yen) werden langfristig Folgen für die Stabilität des japanischen Yen und damit des Landes selbst haben.

Die Japaner haben es wahrlich nicht leicht. Als Anfang der 90er Jahre die Immobilienblase platzte, sprang die Regierung ein und verhinderte zahlreiche den Markt bereinigende Pleiten. Entstanden sind Zombie-Unternehmen, die an sich nicht überlebensfähig wären, aber des sozialen Friedens wegen von der Regierung bzw. von dazu gedrängten Banken am Leben erhalten werden. Das Vorhandensein der unproduktiven Unternehmen kombiniert mit einer überalternden Bevölkerung schafft ein denkbar wachstumsunfreundliches Klima. Wer sollte in Japan investieren, wenn die Bevölkerung absehbar schrumpft und mit von der Regierung und Banken künstlich am Leben erhaltenen Unternehmen konkurriert werden muss, die nicht zwingend Gewinne erwirtschaften müssen?

Mangel an Anlage-Möglichkeiten in Japan und ein starker Yen führen zu Fehlinvestitionen

Der Mangel an Anlage-Möglichkeiten in Japan führt zu Verwerfungen wie Softbanks Vision Fund, die ohne tiefgreifendes Research dutzende Milliarden US-Dollar aus Japan in windige US-Startups wie WeWork pumpen. Dass das ohne ausreichende Überprüfung der Startups geschieht, sage nicht ich, sondern Softbanks CEO Masayoshi Son. Von den 10,3 Milliarden US-Dollar, die Softbank in WeWork pumpte, wurden am 6. November 9,2 Milliarden US-Dollar als Verlust abgeschrieben. Und das ist beileibe nicht das einzige aufsehenerregende Investment des japanischen Vision Funds.

Im Zuge der weltweiten Finanzkrise und den daraufhin in vielen Ländern stark gesunkenen Zinsen musste auch die Bank of Japan als Zentralbank die Zinsen auf Null absenken. Er lag schon Ende 2007 bei nur 0,5%, so dass nicht viel Spielraum nach unten bestand. Lag der Leitzins zunächst jahrelang bei 0,1%, wurde er 2016 schließlich auf -0,1% abgesenkt. Da zu diesem Zinssatz kaum noch jemand Interesse hat, dem ohnehin mit mehr als 200% der jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldeten japanischen Staat neue Staatsanleihen abzukaufen, sprang wieder die Zentralbank ein, die inzwischen Besitzer von 43% aller japanischen Staatsanleihen ist.

Die japanische Zentralbank ist auf dem Weg in die Währungs-Hyperinflation

Lassen Sie uns diese Zahl einmal einordnen. Japan ist mit 238,2% des Bruttoinlandsprodukts verschuldet. 43% davon sind 102,4% des Bruttoinlandsprodukts. Die US-amerikanischen Staatsschulden betragen 106,1% des Bruttoinlandsprodukts. Würde die US-amerikanische Fed so viele Staatsschulden wie die Bank of Japan besitzen, dann wären fast sämtliche Staatsschulden der USA mit frisch gedrucktem Notenbankgeld „gekauft“ worden. Das letzte Mal, als das auch nur annähernd in Deutschland geschah, gab es Hyperinflation.

Seit 2010 hat sich die Bilanzsumme der Bank of Japan fast versechsfacht. Nach Jahren der Kredit-Kontraktion gelang es wenigstens endlich, die japanischen Verbraucher wieder zur Neukreditaufnahme zu bewegen, was den Konsum anheizt. Die an Verbraucher ausgereichte Kreditsumme bewegt sich endlich wieder in einem stabilen Aufwärtstrend. Die Geldmenge stieg um rund 1/3. Aufgrund der stagnierenden Nachfrage sieht sich Japan trotzdem ständig mit Deflationsgefahren konfrontiert.

Aufgeblähte Notenbankbilanz, steigende Geldmenge, trotzdem stagnierende Wirtschaft, es grenzt an ein Wunder, dass sich der Yen trotzdem noch so stabil hält. Denn eines ist klar: Sollten all die jemals erschaffenen Yen genutzt werden, um Güter und Dienstleistungen nachzufragen, dann sieht sich Japan mit einer galoppierenden Inflation konfrontiert.

Dank aufgelöster Carry Trades wertet der Yen derzeit auf

Bis dahin wird der Yen jedoch nicht zum Kauf von Waren und Dienstleistungen genutzt, sondern für sogenannte Carry Trades. Dabei leihen sich Investoren eine niedrig verzinste Währung und tauschen sie in eine höher verzinste Währung bzw. investieren das Geld in einem Währungsraum mit besseren Wachstums- und damit Rendite-Aussichten. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit werden diese Carry Trades vermehrt aufgelöst. Das erhöht temporär die Nachfrage nach Yen und lässt die japanische Währung aufwerten. So bekommen US-Anleger derzeit nur noch 108 Yen pro US-Dollar. Vor zwei Jahren waren es noch 118 Yen.

Japanischen Exporteuren schmeckt das gar nicht. Sie sehen sich nun einer doppelten Belastung ausgesetzt. Erst schwächt sich die Nachfrage nach ihren Produkten ab und dann steigt auch noch der Preis ihrer Exportprodukte aus Sicht des Auslands. Ein kreditfinanziertes Konjunkturprogramm ist mithin auch eine Möglichkeit, die eigene Währung wieder etwas zu schwächen, um den Exporteuren bessere Chancen auf dem Weltmarkt zu bieten.

Der Aufwertungsdruck wird jedoch nicht ewig währen. Antizyklisch zu handeln und den Yen gerade jetzt zu verkaufen, kann sich daher mittel- und langfristig als eine profitable Anlagemöglichkeit herausstellen.



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1 Kommentar

  1. Sehr beängstigend. Denn m.E. nur eine Frage der Zeit, bis die USA und die Eurozone in einer ähnlichen Lage sind. Geld wird sich weiter entwerten, es könnte sogar des Ende unseres Währungssystems sein.

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