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Zinsen: Spar- und Dispozinsen – was für Unterschiede!

Über den schrillen Gegensatz zwischen den hohen Zinsen bei Dispokrediten für Verbraucher - und Mini-Zinsen, die als "Junk" eingestufte Unternehmen zahlen

Wir leben in einer extremen Geldperiode, zumindest was die Zinsen für Anleihen, aber auch für Sparguthaben angeht. Die finanzielle Repression entwertet Bankeinlagen sukzessive, dazu der schrille Gegensatz – der Dispokredit bei Überziehung des Girokontos.

Eine Nische in der Welt der Zinsen

Es geschieht relativ schnell und auch sehr häufig in Deutschland: die Überziehung des Girokontos. Manche Menschen nutzen diesen geduldeten Kredit zur Finanzierung von Sonderausgaben, selbst bei Urlaubsreisen, wie eine Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ergeben hat.

Jeder neunte Verbraucher ist bei seinem Girokonto dauerhaft im Minus und es sind 3,2 Millionen Deutsche, die sich für den Urlaub verschulden. Damit liegt etwa ein Drittel der Dispokreditnutzer wegen des Urlaubs mit mehr als 1000 Euro im Minus. Für die Rückführung des Kredits braucht jeder Zweite mehr als drei Monate – oder er bleibt dauerhaft in den Miesen.

Mit fatalen finanziellen Folgen, denn die Zinsen sind fast überall noch zweistellig. Eine deutsche Besonderheit zu Zeiten, in denen Banken von der EZB Kapital ohne Kosten beziehen können.

Die Stiftung Warentest hat bei einer Überprüfung von mehr als 1000 Banken, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken landesweit festgestellt, dass Dispozinsen von fast zehn Prozent die Regel sind. Direktbanken sind zwar zumeist günstiger, aber Dispozinsen unter sechs Prozent gibt es dort auch nicht. Auch bei N26, der Bank mit kostenlosem Girokonto verlangt man 8,9 Prozent Zinsen für Überziehungen.

Sparkassen und die Deutsche Bank liegen deutlich über 10 Prozent, ich kann mich sogar noch an süddeutsche Zweigstellen erinnern, die vor ein paar Jahren über 15 Prozent Überziehungszins in Rechnung stellten.

Einsehbar ist eine aktuelle Übersicht unter der Internetseite Konto.org.

Dabei waren Wucherzinsen schon einmal ein Thema für den Bundestag, der 2016 in ein Gesetz mündete. Mit Beratungs- und Trasparenzpflichten, was aber seither nicht zu wesentlich tieferen Zinsen geführt hat. Mit mittlerweile absurden Vergleichssituationen.

Extrem niedrige Zinsen selbst für Junk-Unternehmen

Die Bedingungen für den Dispozins erscheinen schon sehr unwirklich angesichts der Situation an den Anleihemärkten. Wenn man das Argument mit der Unsicherheit über die Zahlungsfähigkeit von Privaten heranzieht, was ist dann mit Junk Bonds? Mittlerweile müssen selbst Schuldner mit niedriger Kreditwürdigkeit nur noch minimale Zinsen bezahlen.

Wie Holger Tschäpitz von der Welt feststellt, gibt es aktuell ein extremes Beispiel: Ein amerikanischer Hersteller von Getränkedosen (Ball Corp.) musste für eine 10-jährige Anleihe über 1,3 Milliarden Dollar nur noch einen Kupon von 2,875 Prozent bieten, obwohl die Ratingagentur S&P dem Unternehmen eine erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit attestiert hat und die Firma mit der Bonitätsnote von BB+ „Schrottanleihe“ einstuft.

Diese 2,875 Prozent sind der niedrigste Zinssatz, der je für ein derart niedrig bewertetes Unternehmen bei einer Anleihe mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren zahlen werden musste. Der historische Schnitt für Junk Bonds liegt bei 9,5 Prozent. Der Preis für ein erhöhtes Ausfallrisiko. Ein Relikt der Vergangenheit, denn der Anleihespezialist BNY Mellon Investment Management rechnet für Europa und die USA mit Ausfallraten von acht bis zehn Prozent – und dann solche minimalen Zinsen.

Deutschlands Sonderrolle beim Dispo

Blickt man ins benachbarte Ausland, so scheint Deutschland beim Dispo eine Sonderrolle einzunehmen. Dort haben diese Zinsen für Kontoüberziehungen schon deutlich nachgegeben, in Frankreich und Holland auf fünf Prozent, in Italien sogar auf 4,7 Prozent. Man orientiert sich dort an den Konditionen von Unternehmen geringerer Kreditqualität. Eine Ausnahme bilden neben Deutschland auch Griechenland und Spanien.

Fazit

Wann geht es den hohen Dispozinsen der Banken ans Leder? Banken begründen bisher die Höhe mit den Vorhaltekosten, Verwaltungs-, Personal und Risikokosten.

Es gibt natürlich die Argumente hinsichtlich gestiegener Ausfallwahrscheinlichkeit ohne spezielle Bonitätsprüfung: Sie unterwirft das Privatkundengeschäft strengeren Vorschriften als die Transaktionen großer Spieler auf dem Kapitalmarkt. Der Unterschied zwischen Junk Bonds und Dispo-Krediten ist, dass erstere marktgängige Schuldtitel sind, während letztere Darlehen von streng regulierten Kreditinstituten an Private darstellen, die mit Eigenkapital und Guthaben unterlegt werden müssen.

Zwar müssen die Banken überschuldeten Kunden inzwischen Umschuldungsangebote machen und die Inanspruchnahme des Dispokredits sinkt bereits seit dem Jahre 2013. Kein Wunder, angesichts ständig sinkender Zinsen in allen Bereichen. Der große Unterschied zwischen der Höhe der Zinskosten bei Raten- und Dispokrediten dürfte sich aber nicht nicht überall herumgesprochen haben. Den Geldinstituten sollte dies nicht ungelegen kommen. Man gewährt diesen Kreditspielraum in der Regel in Höhe der Summe des dreifachen regelmäßigen Kontoeingangs.

Wie heißt es aktuell? Wir werden noch sehr lange mit Nullzinsen leben müssen – und wahrscheinlich auch mit hohen Dispozinsen.

Die Zinsen für Dispokredite sind extrem hoch in Deutschland



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3 Kommentare

  1. Nimand wird mit vorgehaltener Waffe gezwungen sein Konto zu überziehen. Daher sind auch 1000% völlig in Ordnung. Und wer das für seinen Urlaub macht der weiß was er tut. Und wenn nicht ist das sein Problem.
    Und jetzt kommt mir nicht wieder mit der Nummer, das manche ja nur ein ganz geringes Einkommen haben. Hatte ich während meiner Ausbildungszeit auch. Und trotzdem hatte ich immer eine Liquiditätsreserve von 3 Monaten.

    Das kann JEDER aufbauen. Aber das ist ja das grundlegende Problem unserer Zeit. Eigenverantwortung ist nicht. Meine Lebensrisiken hat jemand anders zu tragen.

    Wobei es natürlich ein Skandal ersten Ranges ist, das dieses Verhalten der Risikoabwälzung durch die Superreichen vorexerziert wird.

    Allerdings ist ein solches System dem Untergang geweiht. Das war in der Geschichte immer so und wird auch diesmal so enden.

  2. Ich sehe die Banken eigentlich so. Beispiel:
    Kommt ein Pärchen in ein Hotel und möchte gerne ein Zimmer, der Hotelier sagt 100€ die Nacht, Ok sagt der Mann und zahlt die 100€. Wir wollen aber vorher noch spazieren gehen wir kommen dann gleich wieder, Ok sagt der Hotelier und nimmt den 100€ Schein.
    Das Pärchen ist gerade zur Tür raus da denkt sich der Hotelier, der Metzger bekommt noch Geld von mir, nimmt den Geldschein rennt schnell zum Metzger und gibt ihn den 100€ Schein.
    Der Metzger denkt sich ich muss ja noch den Elektriker bezahlen, rennt rüber und gibt den 100€ Schein dem Elektriker. Der Elektriker denkt sich man ich muss noch das Freudenmädchen bezahlen rennt schnell zu ihr rüber und gibt den 100€ Schein dem Freudenmädchen.
    Das Freudenmädchen denkt man der Hotelier bekommt noch Geld von mir und rennt schnell zum Hotel und gibt den Hotelier die 100€ und geht wieder.
    Im selben Moment kommt das Pärchen wieder und meint es würde doch weiterfahren und wollte den 100€ Schein zurück. Der Hotelier hat den Schein noch in der Hand und gibt ihn dem Pärchen wieder zurück.
    Alles wurde bezahlt obwohl das Geld eigentlich nie vorhanden war.

    1. @Dreistein
      Das ist eine nette Schneeball-Parabel mit zwei gravierenden Denkfehlern.

      1. Der Hotelier ist satt, auch wenn er sich um seinen Cholesterinspiegel und BMI sorgen sollte. Der Metzger hat wieder eine funktionierende Elektrik. Und der Elektriker konnte seine biologischen Überspannungen erfolgreich abbauen 🤩 Die Leidtragende ist jedoch das ursächlich geldschöpfende Freudenmädchen, weil dieses so dumm war, seine Dienste kostenlos anzubieten. Die 100 € waren ja nur für das Zimmer, nicht für die Dienstleistung. Somit wurde mitnichten alles bezahlt.

      2. Das Geld war natürlich vorhanden, das Pärchen überreichte es ja zu Beginn dem Hotelier.

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