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Spaltung in der EZB? Franzose Villeroy widerspricht Bundesbankern Schnabel und Nagel Zinsen und Inflation: Bekommt die EZB kalte Füsse?

EZB Villeroy Zinsen Inflation

Innerhalb der EZB scheint es zu einer Spaltung zu kommen, wie hoch die Zinsen steigen müssen, um die Inflation wirksam zu bekämpfen. Zuletzt hatte vor allem die deutsche Bundedesbankerin Isabelle Schnabel davor gewarnt, dass die Märkte die Inflation unterschätzen könnten – daraufhin waren die Renditen europäischer Staatsanleihen deutlich gestiegen: die 2-jährige deutsche Staatsanleihe erreichte den höchsten Stand seit dem Jahr 2007.

Geld und Schulden werden also immer teurer. Und das ist für stark verschuldete Länder wie Italien, aber auch für Frankreich ein Problem. Denn zählt man zur Verschuldung nicht nur die Staatsschulden, sondern auch die Schulden der Konsumenten und der Unternehmen hinzu, hat Frankreich die höchste Schuldenquote in der Eurozone. „Schuldenspitzenreiter ist Frankreich mit 316,8 Prozent Schulden des Nicht-Finanzsektors relativ zum BIP“, so der Ökonom Daniel Stelter.

Insofern trifft der Anstieg der Zinsen Frankreich härter als etwa Deutschland. Ist das der Grund dafür, dass der französische Notenbankchef und EZB-Ratsmitglied Villeroy nun meint, dass die Märkte übertrieben hätten bei ihrer Erwartung weiterer Anstiege der Zinsen?

Nach Ansicht von EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau könnten die Märkte in den letzten Tagen bei ihren Wetten auf den Höchststand der Zinsen der Europäischen Zentralbank zu weit gegangen sein – wie Bloomberg nun berichtet.

EZB-Ratsmitglied Villeroy: Sind nicht verpflichtet, auf jeder Sitzung Zinsen anzuheben

Die EZB sei „in keiner Weise“ verpflichtet, die Zinsen bei jeder Sitzung bis September zu erhöhen, da der Einlagensatz bereits auf einem Niveau liege, das für die Wirtschaft der Eurozone restriktiv sei, sagte der Präsident der französischen Zentralbank der Zeitung Les Echos.

Seine Zurückhaltung folgt auf Äußerungen von EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel Ende letzter Woche gegenüber Bloomberg, die sagte, dass die die Inflation noch lange nicht besiegt sei. Die Investoren würden die Inflation möglicherweise unterschätzen. Dadurch stiegen die Wetten auf den Höchststand der Zinsen, die derzeit bei 2,5% liegen, zum ersten Mal auf 3,75%.

Inflation EZB und Zinsen

Die Kern-Inflation wird voraussichtlich in diesem Quartal ihren Höhepunkt erreichen

„Es gab ein Übermaß an Volatilität bei den Erwartungen für den Endsatz der Zinsen“, sagte Villeroy. „Mit anderen Worten, die Märkte haben seit Donnerstag ein wenig überreagiert“.

Die EZB-Mitglieder warnen zwar davor, im Kampf gegen die Inflation, die zwar zurückgeht, aber immer noch näher an ihrem zweistelligen Höchststand liegt als das 2%-Ziel der EZB, zu früh nachzulassen. Selbst wenn die Gesamtrate der Inflation sinkt, liegt das Augenmerk vieler EZB-Mitglieder auf dem hartnäckigen zugrunde liegenden Preisdruck. Die Kern-Inflation blieb im Januar auf einem Rekordniveau.

Die jüngsten aggressiven Äußerungen von Schnabel und anderen EZB-Ratsmitgliedern haben die Volkswirte von Goldman Sachs, Berenberg und der Deutschen Bank veranlasst, ihre Prognosen für den Leitzins anzuheben.

Die Deutsche Bank war die letzte, die dies tat, und sagte voraus, dass der Hochpunkt der Zinsen im Juni bei 3,75% erreicht were, da sich die Wirtschaft des 20 Nationen umfassenden Euroraums als widerstandsfähiger erwiesen hätten, als viele nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine befürchtet hatten.

Ein weiterer Beweis dafür ist der ifo Index vom heutigen Mittwoch, der zeigt, dass sich die Konjunkturaussichten in Deutschland zum fünften Mal in Folge verbessert haben. Dies folgte auf eine überraschend starke Verbesserung der Einkaufsmanagerindizes in der Eurozone in diesem Monat, wie aus einer am Vortag veröffentlichten Umfrage hervorgeht.

Goldman Sachs sieht mit 3,5% einen etwas niedrigeren Endpunkt für die Zinsen als die Deutsche Bank, während die Anleger immer noch davon ausgehen, dass 3,77% bis September erreicht werden. Von offizieller Seite wurde eine weitere Zinserhöhung um 50 Basispunkte im März fast schon versprochen.

Märkte laut Villeroy bei Erwartung für Gipfel bei Zinsen „zu weit gegangen“

Villeroy sagte, dass die EZB bei der Festlegung des weiteren Weges ihre Einschätzung, reale Daten und Prognosen abwägen müsse. Es gibt bereits Anzeichen für Meinungsverschiedenheiten: Im Gegensatz zu seinem französischen Amtskollegen ist Bundesbankpräsident Joachim Nagel der Ansicht, dass die Zinsen noch nicht das restriktive Niveau erreicht haben.

Die EZB sollte die Zinsen stabilisieren, „wenn wir eine klare Trendwende bei der zugrunde liegenden Inflation haben“, sagte Villeroy.

Nach Ansicht von EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau könnten die Märkte in den letzten Tagen bei ihren Wetten auf den Höchststand der Zinssätze der Europäischen Zentralbank zu weit gegangen sein.

Die EZB sei „in keiner Weise“ verpflichtet, die Zinsen bei jeder Sitzung bis September zu erhöhen, da der Einlagensatz bereits auf einem Niveau liege, das die Wirtschaft der Eurozone einschränke, sagte der Präsident der französischen Zentralbank der Zeitung Les Echos. Währen lso Villeroy meint, die Zinsen seien bereits auf aktuellem Nieau restriktiv, sehen das die deutschen EZB-Mitglieder offenkundig anders!

FMW/Bloomberg

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8 Kommentare

  1. Jahrzehntelang konnte Italien und Frankreich gut mit einer Inflation von 8-10% pro Jahr leben, allerdings mit den Voraussetzungen: Löhne und Pensionen wurden gemäß Inflationsrate angeglichen, die Währung zur wurde laufend zu DM und Dollar abgewertet, die Banken verliehen Geld ohne wesentliches Eigenkapital der Kreditnehmer -nach 3 Jahren haben sich die Schulden zu ca 30% von selbst „getilgt“. Damit gelingt eine hohe Eigentumsquote, der deutsche Michel konnte da nur zusehen. Das geht solange gut, bis es nicht mehr geht – aber wer hat, der hat. Und dann da capo a fine…..Die Frage wäre nur, ob die nichteuropäischen Länder dem Treiben zusehen würden.

    1. „…der deutsche Michel konnte da nur zusehen…“ und wer hat nun für seine Bürger die bessere Geldpolitik betrieben? Der deutsche Vermögensmedian kämpft sich nur noch knapp über die Osteuropäischen EU Mitgliedsstaaten. Das deutsche Vorgehen die Bürger zu verarmen kann doch nicht ernsthaft als Erfolgsgeschichte verkauft werden. Wenn doch, hat man sichtlich zu viele Reden von Herrn Sinn gehört!
      Deutschland ist verarmt und die französischen Bürger sind im direkten Vergleich geradezu reich – da ändert auch mal ein kurzes Zinsflackern nichts, bei dem sich dann die wieder im Recht sehen die dieses Land hier haben verarmen lassen.

  2. „Jahrzehntelang konnte Italien und Frankreich gut mit einer Inflation von 8-10% pro Jahr leben“ (Dagoberti). Sie konnten es eben nicht, denn es ging einher mit dem Verlust von Wettbewerbsfähigkeit durch Verlust von Produktivität und fehlender Planungssicherheit durch eine Weichwährung. Dass die Bundesrepublik ihren Exportweltmeister-Fetisch immer zulasten der eigenen Bevölkerung auslebte, steht auf einem anderen Blatt. Die hat es ja noch nicht bemerkt.
    Nichteuropäische Staaten können dagegen gleichgültig sein. Auf der einen Seite müssen sie ihre Währungen auch stets auch auf den weichen EURO hin ausrichten, müssen also selbst keine „harte“ Politik fahren, auf der anderen Seite profitieren sie vom Zufluss an Kapital und Humankapital. Ersteres können sie ja für billige Einkäufe in der Eurozone nutzen, letzteres zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

    1. Sind Sie wirklich der Meinung, dass Italiener und Franzosen im Median ärmer sind als die Deutschen? Das Gegenteil ist der Fall.

  3. „Schuldenspitzenreiter ist Frankreich mit 316,8 Prozent Schulden des Nicht-Finanzsektors relativ zum BIP“ (Daniel Stelter). Damit ist ein realer Zins von über 2% (nicht nominal) über den Durchschnitt aller Verpflichtungen schon nicht mehr tragbar. Bei 4% Inflation im Mittel wird der EZB-Leitzins nicht oder nur wenig über 4% steigen können (neutral), weil die Zinsstruktur dann etwa bei 3-8% nominal liegen wird, also dicht an die reale 2%-Grenze zu liegen kommt. Francois Villeroy de Galhau hat recht und die EZB wird deshalb ihre Bilanzreduktion nicht lange durchhalten können.

  4. Eine Inflation, die im Grunde keine ist, sondern rein künstliche Preistreiberei durch irrwitzige, politisch installierte Instrumente wie Gas/Strompreis Bindung und Zentralbänker mit immer noch alten, aber mehr untauglichen Mitteln wie Zinserhöhungen im Dreivierteltakt.
    Es braucht keine weiteren Zinserhöhungen aber striktere und nachvollziehbare Regeln zur grenzenlosen Gier und Profittreiberei.
    Mehr Empowerment für die Hüter der Monopol Überwachung etc.

  5. Fugi – beim Schreiben ihres Namen haben Sie wohl zu sehr an Isabella Schnabelina gedacht…😂 Die Frau heißt schlicht und einfach Isabel…

  6. Das habe ich auch nicht behauptet. Hätten die Nordländer die Südländer nicht durch den EURO gestützt, wären sie es aber heute mit Sicherheit. Das Argument „gut mit Inflation leben“ ist deswegen nicht stichhaltig.

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