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Aktienmärkte: Sieg der Demokraten in Georgia: weiterer Game Changer?

Ist der Sieg der Demokraten in Georgia ein game changer für die Aktienmärkte,  Auslöser für die Korrektur der Hightech-Werte im Nasdaq?

Ungeachtet der politischen Ereignisse in den USA, die einen fassungslos machen, mit ungeahnten gesellschaftspolitischen Konsequenzen, stellt sich aus markttechnischer Sicht folgende Frage: Ist der Sieg der Demokraten für den amerikanischen Kongress ein game changer für die Aktienmärkte,  etwa als Auslöser für die lang erwartete Korrektur der Hightech-Werte im Nasdaq?

In meinem Dienstag-Artikel hatte ich auf die langjährige Outperformance des Nasdaq gegenüber dem großen Leitindex S&P 500 hingewiesen. Seit der Finanzkrise eine Verzwölffachung gegenüber einer Verfünffachung – im Bereich der Nebenwerte war es sogar noch krasser. Aber auch wenn durch die Digitalisierung ein neues Zeitalter läuft, ohne die „Industrials“ läuft keine Produktion, ohne Caterpillar keine Minenarbeit. Seit vielen Dekaden zeigen die Aktienmärkte immer wieder die Angleichung von Growth und Value, eine „Mean Reversion“, die Frage ist nur der Zeitpunkt. Hat diese Phase seit dem Herbst letzten Jahres begonnen?

Aktienmärkte: Die Branchenrotation des Herbstes

Bereits seit mehreren Monat erkennbar, aber immer wieder angezweifelt läuft sie ab: die Umschichtung von Growth zu Value, von den Wachstumstiteln zu den konservativen Dividendentiteln. Immer wieder unterbrochen durch Schübe in die großen Highflyer, die von zwei Seiten immer Unterstützung fand. Zum einen durch das Wiederaufflammen der Covid-19-Zahlen im Vorwinter und die damit verbundenen Restriktionen, die immer wieder Futter für die Stay-at-Home-Aktien lieferten.

Damit auch den Glauben der vielen Neuanleger „RobinHoodies“ an die Big Seven der Aktienmärkte verstärkten, mit denen man immer wieder Geschäfte, ob mit oder ohne Hebelung gemacht hat. War ja auch sachlogisch, dass in den Phasen der Lockdowns das Geschäftsmodell von Amazon und Co immer wieder Anschub erhielt. Dann kam der November mit dem Biden-Wahlsieg und die große Impfstoffankündigung von BioNTech/Pfizer. Der große Game Changer für die zurückgebliebenen Value-Titel, angesichts großer zu erwartender Infrastrukturprogramme bei einer gleichzeitigen Bezwingung der Pandemie mittels der historischen Impfstoffentwicklung. Vieles wurde in Windeseile eingepreist, aber nicht alles. Denn die Wall Street war sich durchaus bewusst, dass ein republikanischer Senat viele der Biden-Pläne in Sachen Konjunkturpakete, aber auch Regulierung der großen Tech-Konzerne relativieren würde.

Der nächste Antrieb für Value, die blaue Welle

Betrachtet man sich die Kursreaktionen der Aktienmärkte nach dem Sieg der Demokraten gestern in Georgia mit allen den beschriebenen Folgen für den Kongress und die Regierungspolitik für den neuen Präsidenten, so fällt sofort die unterschiedliche Performance des Nebenwerte-Index Russel 2000 und des Nasdaq auf. Die Zurückhaltung des Marktes hinsichtlich der Biden-Profiteure wurde schlagartig abgebaut.

Werte wie Vulcan Materials (einer der größten Baustoffhersteller in den USA), Jacobs Engineering (US-Anlagebauer) oder First Solar (Photovoltaik-Unternehmen) sprangen am gestrigen Tag um bis zu zehn Prozent in die Höhe. Clean-Energy, Bankentitel (Renditeanstieg), US Steel, Caterpillar, alles was mit Infrastruktur zu tun hat, war gesucht.

Sehr viele Titel aus dem Nebenwerte-Index Russell 2000 profitierten von der sich klärenden Lage, anders als beim Nasdaq, indem zunächst sehr viel verkauft wurde, was von einem demokratisch bestimmten Senat beeinträchtigt werden könnte. Durch Regulation, oder gar Zerschlagung, zumindest aber durch künftige Steuerbelastungen.

Fazit

Der US-Kongress hat am Mittwoch schlussendlich das Ergebnis der US-Wahlen bestätigt, die Zertifizierung des Biden-Sieges ist erfolgt.

Auch wenn jetzt die Emotionen aufgrund der unglaublichen Szenen in Washington hochkochen und viele Marktbeobachter von bleibenden Schäden für die USA reden werden, ist es schon erstaunlich wie wenig die Aktienmärkte der USA auf das gestrige gesellschaftspolitische Ereignis reagiert haben. Die Märkte sehen die Konsequenzen des Regierungswechsels und preisen die neue Lage ein. Das neue Geld blendet.

Jetzt zu erwarten, dass es in den USA gleich einen Paradigmenwechsel von der Wall Street zur Main Street geben wird, halte ich für relativ überzogen. Die USA sind zu abhängig vom Funktionieren ihrer Kapitalmärkte, insbesondere der 40 Billionen Dollar schweren Aktienmärkte. Auch die künftig regierenden demokratischen Politiker besitzen Aktien, ihr Vermögen hängt von den Märkten ab und sie werden die 14 Billionen Dollar-Konsumökonomie in den USA nicht an die Wand fahren wollen.

Eine Underperformance von Hightech gegenüber dem Allgemeinmarkt könnte aber aus den besagten Gründen angelaufen sein. Außerdem sind heftige Korrekturen jederzeit möglich.

In den USA gilt nach wie vor: „Money makes the World go round.“ Oder der zweite platte Spruch: Politische Börsen haben kurze Beine. Wie viele Beweise will man noch für diese alten Thesen bekommen?

Wenn Trump nicht mehr Präsident ist, wird sich die Presse geballt gegen ihn stellen, Staatsanwälte seine Geschäfte und sein Verhalten prüfen, viele Republikaner sich von ihm abwenden. Wird das nicht auch für viele der 70 Millionen Trumpwähler gelten, die ihn wegen seiner Wirtschaftspolitik gewählt haben und jetzt erschrocken die Konsequenzen der Polarisierung erkennen müssen? Die Hardliner wird allerdings all das nicht interessieren.

Außerdem gibt es noch das Thema Corona-Pandemie, welches jeden Amerikaner trifft und die große Impfstoffaktion, die das gesamte Volk in Kürze wieder in den Bann ziehen wird. Das Virus interessiert sich nicht für machtpolitische Auseinandersetzungen. Es könnte jedoch sein, dass die Zusammenrottung von Menschen in Washington wieder einmal zu einem weiteren Superspreader-Event generieren wird.

Ist der Sieg der US-Demokraten der nächste game changer für die Aktienmärkte?



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1 Kommentar

  1. Erst einmal hat die Wahl so gut wie keinen Einfluss auf die Wirtschaft, da die wirtschaftsrelevanten Eckdaten sich nicht ändern. Die Notenpresse wurde seit Beginn der 80er von allen Regierungen befeuert. Nur die Begründungen wechseln, aber die Methode ist immer die selbe.
    Der strukturelle Niedergang ist seit 40 Jahren in Takt und wird sich weiter fortsetzen.

    Der Durchmarsch der Kulturmarxisten seit 68 sowie die seitdem entstandene Klasse der neuen Feudalaristokratie werden dem Mittelstand nun den Rest geben. Das wird aber die Börsenkurse nicht belasten. Ganz im Gegenteil. Denn die Finanzmärkte bieten die Gelegenheit sich an deren Ausplünderung zu beteiligen.
    So lange der Dollar die Leitwährungsfunktion behält, können die USA einen Teil dieser Probleme auf Dritte abwälzen, was das Potential zusätzlich erhöht.

    Der entscheidende Punkt ist also, wann der Dollar die Rolle als Leitwährung verliert, was aber völlig unvorhersagbar ist. Wenn das passiert steht allerdings die Existenz der USA auf dem Spiel (muss nicht sein, kann aber).

    Noch eine Anmerkung zu einem Satz, der zeigt das Herr Müller und ich nicht im gleichen Universum leben (obwohl ich ihm z.T. bei seinen Analysen durchaus recht gebe):

    „Wird das nicht auch für viele der 70 Millionen Trumpwähler gelten, die ihn wegen seiner Wirtschaftspolitik gewählt haben und jetzt erschrocken die Konsequenzen der Polarisierung erkennen müssen?“

    Das ist schon ziemlich elaborierter Unsinn. Trump hat nicht „polarisiert“ sondern das ist das Ergebnis kulturmarxistischer Unterwanderung seit 1968. Die Jungs vom KGB waren der Gegenseite eben doch über. Auch wenn es einer gewissen Ironie nicht entbehrt, dass sie das aufgehen ihrer Saat nicht mehr erlebt haben.

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