Konjunkturdaten

Bloomberg-Analyse Arbeitsmarktdaten: Aus der Traum von bald sinkenden Fed-Zinsen?

Arbeitsmarktdaten: Traum von bald sinkenden Fed-Zinsen geplatzt
US-Arbeiter. Foto: Samuel Corum/Bloomberg

Starke US-Arbeitsmarktdaten haben die Märkte am Freitag durchgeschüttelt. Höher als erwartete Beschäftigungszahlen und Lohnzuwächse lassen die Wetten auf Fed-Zinssenkungen platzen. Die jüngsten Zahlen verdeutlichen einen Arbeitsmarkt, der den hohen Zinsen trotzt. Die Tür für eine Juli-Senkung der US-Notenbank ist damit endgültig geschlossen, zudem wackelt nun auch der September. Während die Anleiherenditen im Anschluss an den Arbeitsmarktbericht nach oben sprangen, kam es an den Aktienmärkten, bei Gold und dem Devisenpaar EUR/USD zu Rücksetzern. Allerdings erholten sich die Aktienmärkte schnell, was an der Haushaltserhebung liegt, die im Widerspruch zu den Arbeitsmarktdaten steht und doch noch Hoffnung auf eine Zinssenkung in diesem Jahr macht.

Im Vorfeld der Daten rechneten die Märkte noch mit einer ersten Senkung der Zinsen im September – doch der Traum ist wohl ausgeträumt. Wie Bloomberg aktuell berichtet, haben das starke Beschäftigungswachstum in den USA im Mai und der Anstieg der Löhne die Händler dazu veranlasst, den erwarteten Zeitpunkt für Zinssenkungen der Federal Reserve zu verschieben.

Robuste Arbeitsmarktdaten

Einem Bericht des Bureau of Labor Statistics vom Freitag zufolge stieg die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft im vergangenen Monat um 272.000 und übertraf damit alle Prognosen einer Bloomberg-Umfrage unter Wirtschaftsexperten. Die durchschnittlichen Stundenlöhne stiegen im Vergleich zum April um 0,4 % und im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 %, was beides einen Anstieg gegenüber dem letzten Bericht darstellt, und über den Analystenschätzungen lag.

Die Arbeitslosenquote – die man aus einer separaten Umfrage ableitet – stieg jedoch von 3,9 % auf 4 % und damit zum ersten Mal seit über zwei Jahren wieder auf dieses Niveau.

Arbeitsmarkt: Starke Arbeitsmarktdaten belasten Erwartung an sinkende Fed-Zinsen

Die jüngsten Zahlen verdeutlichen einen Arbeitsmarkt, der weiterhin den Erwartungen trotzt und die Auswirkungen der hohen Zinsen und Preise auf die Wirtschaft abschwächt. Diese Stärke birgt das Risiko, dass sich die Inflation hartnäckig hält, was die vorsichtige Haltung der Fed in Bezug auf Zinssenkungen wahrscheinlich noch verstärken wird, da die Beamten darüber diskutieren, wie restriktiv die Zinssätze sind.

Zinsen: Fed bleibt wohl in der Warteschleife

„Es ist ein sehr Fed-unfreundlicher Bericht beziehungsweise ein Lockerungs-unfreundlicher Bericht“, sagte Jay Bryson, Chefökonom von Wells Fargo. „Diese Daten für sich genommen bedeuten, dass die Fed wahrscheinlich in den nächsten Monaten in der Warteschleife bleiben wird.“

Dies ist einer der letzten wichtigen Berichte, die die Fed-Mitglieder vor der Sitzung in der nächsten Woche sehen, bei der sie die Zinsen voraussichtlich auf dem höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten halten werden. Ein mit Spannung erwarteter Inflationsbericht erscheint erst am Morgen der Zinsentscheidung am Mittwoch.

Die Ökonomen und Märkte werden besonders auf die aktualisierten vierteljährlichen Prognosen achten, nachdem die Inflation und die Beschäftigung zu Beginn des Jahres überwiegend positiv überrascht haben. Es wird erwartet, dass die Notenbanker die Zinsen frühestens Ende 2024 senken werden, auch wenn ihre Kollegen aus der Eurozone und Kanada bereits diese Woche eine erste Zinssenkung vollzogen haben.

Börsentermingeschäfte und Staatsanleihen gaben nach der Veröffentlichung nach, während die Renditen und der Dollar zulegten. Händler reduzierten indessen ihre Wetten darauf, in welchem Umfang die Fed die Zinsen in diesem Jahr senken wird. Sie schraubten die gesenkten Erwartungen von Anfang der Woche zurück, nachdem die jüngsten Daten zum verarbeitenden Gewerbe sowie die JOLTs Stellenangebot und ADP-Beschäftigungszahlen schwächer ausgefallen waren als erwartet.

Zwei Erhebungen – zwei unterschiedliche Ergebnisse

Der Beschäftigungsbericht setzt sich aus zwei Erhebungen zusammen: einer bei den Unternehmen, aus der die Lohn- und Gehaltsdaten hervorgehen, und einer kleineren bei den Haushalten, die zur Ermittlung der Arbeitslosenquote verwendet wird.

Die Haushaltsbefragung veröffentlicht auch eine eigene Messung der Beschäftigung, die im Mai um  408.000 gesunken ist und damit auf den niedrigsten Stand seit 2021. Diese Kennzahl steht zunehmend im Widerspruch zu den Beschäftigtenzahlen, sodass unter Ökonomen eine Debatte darüber entbrannt ist, welches Signal für den Arbeitsmarkt zutreffender ist. Die Haushaltserhebung, die im Widerspruch zu den Arbeitsmarktdaten steht, passt jedoch besser zu anderen Daten, die auf eine Abschwächung am Arbeitsmarkt hindeuten, einschließlich eines Rückgangs der offenen Stellen im April. Damit bleibt doch noch etwas Hoffnung, dass die Fed die Zinsen noch mindestens einmal in diesem Jahr senkt.

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit spiegelt vor allem die Rückkehr von Menschen in den Arbeitsmarkt wider, die keine Arbeit gefunden haben. Die Zahl der Personen, die ihren Arbeitsplatz verloren oder aufgegeben haben, ist ebenfalls zurückgegangen.

Präsident Joe Biden hat in seiner Kampagne zur Wiederwahl regelmäßig die Stärke des Arbeitsmarktes hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass die Arbeitslosenquote seit über zwei Jahren unter 4 % liegt. Der unerwartete Anstieg stellt eine weitere Hürde für seine Regierung dar, da die Wähler die Wirtschaft größtenteils negativ beurteilen und durch die anhaltende Inflation weiter unter Druck geraten.

Die Erwerbsquote – der Anteil der Bevölkerung, der arbeitet oder Arbeit sucht – fiel auf 62,5 % und damit auf den niedrigsten Stand seit Anfang letzten Jahres. Die Quote für Arbeitnehmer im Alter von 25 bis 54 Jahren stieg jedoch auf den höchsten Stand seit 2002.

Arbeitsmarktdaten – Details

Das Beschäftigungswachstum im Mai war recht breit gefächert und wurde von den Bereichen Gesundheitswesen, Regierung sowie Freizeit und Gastgewerbe angeführt. Im Bereich der freiberuflichen und unternehmensbezogenen Dienstleistungen wurden die meisten Arbeitsplätze seit Jahresbeginn geschaffen.

Die am Mittwoch veröffentlichten Daten des BLS deuten jedoch darauf hin, dass die Zahl der Beschäftigten im vergangenen Jahr im Monatsdurchschnitt deutlich langsamer gestiegen sein könnte als ursprünglich gemeldet. Die vierteljährliche Erhebung von Beschäftigung und Löhnen deckt mehr als 95 % der Arbeitsplätze in den USA ab und wird schließlich für die jährlichen Korrekturen der monatlichen Daten verwendet.

In den am Freitag veröffentlichten Arbeitsmarktdaten stiegen die wöchentlichen Gesamtlohnsummen – ein umfassender Maßstab für Beschäftigung, Arbeitsstunden und Verdienste – um 0,6 %, nachdem sie im April ins Stocken geraten waren.

Mohamed El-Erian, Präsident des Queens‘ College of Cambridge, sagte bei Bloomberg, dass der heutige Arbeitsmarktbericht endgültig die Tür für eine Zinssenkung durch die Fed im Juli geschlossen hat. Hier seine Aussagen:

FMW/Bloomberg



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3 Kommentare

  1. „Einem Bericht des Bureau of Labor Statistics zufolge“ – aha.

    die biden admin. hat sich strategische entschloßen alle statistisch nutzbaren schwächen der erfassung resp. der moglichkeiten schönung des endergebnisses im vollen umfang zu nutzen, um ihre grandiose schuldenorgie (aka wirtschaftspolitik) als wirksam darzustellen. allein ein großteil bis hin in die obere mittelklasse erlebt anderes in ihrem alltag. auch andere seriöse statistiken zeigen insb. bei der vollzeitbeschäftigung ein ganz anderes bild.

    das ist ein spiel auf zeit. ich denke nicht, dass sie es bis zur wahl durchhalten werden können. das trump lager wird alles tun um die nummer vor der wahl auffliegen zu lassen um seine chancen zu zementieren. wir werden sehen wie big money agiert.

  2. Die USA haben zur Zeit ein geringes Bevölkerungswachstum -> nur 2 Mio pro Jar :-). Das reicht aber aus. Wenn jetzt jemand sagt, das sind doch Kinder, na dann nehmen wir das Bevölkerungswachstum von vor 20 Jahren, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängen. Das wären dann ca. 3 Mio Menschen. Ok, dann gehen drei Mio neu in Rente, die brauchen neu e Pflegeheim und ein paar Krankenhäuser usw. Die USA selber sind eine einzige Wachstumsstory!!
    In Deutschland ist das anders mit dem Bevölkerungswachstum. Die neuen suchen nicht unbedingt Jobs. Völlig verständlich. Ich würde als junger Mann auch aus Afghanistan abhauen. Hier würden meine Zahnschmerzen kostenlos behandelt und eine Brille bekomme ich auch uns dann gehe ich in die Disco. Was will man mehr.

  3. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    4 Prozent Al-Quote ist im Prinzip Vollbeschäftigung ,in den USA. Zinssenkungen, auf Sicht der nächsten 3 Monate ,dürfte es deshalb nicht geben.

    Zudem sind die Finanzkonditionen nach wie vor sehr locker. Einfach gesagt, es ist noch viel billiges Geld im Umlauf, aus den Zeiten der Niedrigzinspolitik.

    Diese wiederum ging fast anderthalb Jahrzehnte, mit kurzer Unterbrechung in 2018.

    Wir dürfen eines nicht vergessen, trotz der jüngsten Reduktion bei der FED Bilanz, liegt diese immer noch beim Zehnfachen der Jahrtausendwende.

    Aber auch jetzt, trotz der Zinserhöhungen der FED, liegt die amerikanische Umlaufrendite, im langjährigen Mittel, weitab vom Durchschnitt der letzten gut 55 Jahre.

    Noch Anfang der Neunziger waren hier 7,5 Prozentpunkte die Regel, Anfang der Achtziger gar 15 – und Anfang der Siebziger 12,5 Prozentpunkte und um die Jahrtausendwende immer noch stolze 6,5 Prozentpunkte.

    Bei einer durchschnittlichen Inflation, für den Endkunden, von nicht einmal 5 Prozent im Schnitt.

    Das ist mit ein Grund für den Aufstieg der der Aktienmärkte ,seit der Finanzkrise, die fast ununterbrochene ,negative Realverzinsung in den USA.

    Hier noch einmal die Ausgangswerte aus dem Frühjahr 2009 ,dem Tiefpunkt in der Finanzkrise: Dow Jones um die 6500 Punkte, heute fast 40 000,Nasdaq 100 im Tief bei um die 1000 ,heute fast 20 000,S&P 500 bei um die 650 Punkte heute fast 5500 usw und so fort…
    Einzelne Aktien wie eine Apple, Microsoft, Google oder Amazon haben noch stärker zugelegt…
    Von einer Nvidia ganz zu schweigen…

    Die Märkte also auf All Time High, die Beschäftigung im Bereich der Vollbeschäftigung, die Wirtschaft boomt, theoretisch müsste die FED die Zinsen sogar noch erhöhen, wenn, ja wenn die Verschuldung nicht wäre…

    Die gigantische Summe von fast 35 Billionen Dollar, alleine bei der Staatsverschuldung spricht dagegen…
    Die Gesamtverschuldung aller Sektoren ist nochmals mit dem Faktor drei zu bewerten…

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