Asien

China hängt über der Klippe zur Deflation – Stimulus im Anflug?

Die Inflation in China liegt exakt bei 0 %, und die Erzeugerpreise weisen den Weg in die Deflation. Hier dazu Daten und Expertenaussagen.

Kulisse von Shanghai

Die Inflation in China hängt für Juni laut heutiger Veröffentlichung des nationalen Statistikamts direkt bei 0 %, während die Fabrikpreise bereits deutlich fallen, was die Besorgnis über Deflationsrisiken schürt und Spekulationen über mögliche wirtschaftliche Anreize verstärkt. Die Kerninflation, die die volatilen Lebensmittel- und Energiekosten ausschließt, ging von 0,6 % auf 0,4 % zurück. Die Erzeugerpreise fallen um 5,4 % gegenüber dem Vorjahr und damit so stark wie seit Dezember 2015 nicht mehr.

„Die Gefahr einer Deflation ist sehr real“, sagte Zhang Zhiwei, Chefökonom bei Pinpoint Asset Management laut Bloomberg. Beide Messwerte sind ein weiteres Indiz dafür, dass sich der Aufschwung in China abschwächt, wobei die Sorge vor Deflation das Vertrauen belastet. Dies dürfte die Spekulationen über mögliche Konjunkturmaßnahmen zur Stützung der Wirtschaft weiter anheizen.

„Die heutigen Daten sprechen sicherlich für eine weitere Lockerung der Geldpolitik, die die geldpolitischen Entscheidungsträger bereits praktizieren, allerdings nur in Maßen“, so Michelle Lam, Greater China Economist bei der Societe Generale SA.

Die Erzeuger haben bereits seit Monaten mit niedrigeren Rohstoffpreisen und schwacher Nachfrage im In- und Ausland zu kämpfen. Wenn sich Verbraucher und Unternehmen in der Hoffnung auf niedrigere Preise weiterhin mit Ausgaben oder Investitionen zurückhalten, könnte dies zu einer sich selbst verstärkenden Preissenkungsspirale führen.

Der Hang Seng China Enterprises Index stieg bis zur Mittagspause hin China heute um 0,7 %, angetrieben von Technologiewerten, da die Anleger auf eine Normalisierung des regulatorischen Umfelds in China hoffen. Der CSI-300-Index für Festlandaktien stieg um 0,5 %, nachdem er drei Wochen lang gefallen war. Der Offshore-Yuan gab nach den Inflationsdaten Gewinne von bis zu 0,2 % wieder ab.

Ein wichtiger Belastungsfaktor für die Verbraucherpreise waren im vergangenen Monat die Schweinefleischpreise. Die Kosten für Fleisch – ein Grundnahrungsmittel in der chinesischen Ernährung – fielen im Juni um 7,2 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das war ein stärkerer Rückgang als im Mai (3,2 %). Die Regierung hat versucht, den Rückgang der Schweinefleischpreise einzudämmen, indem sie letzte Woche erklärte, sie werde mehr Schweinefleisch für die staatlichen Reserven kaufen, um die Nachfrage anzukurbeln.

Die Deflation der Erzeugerpreise wurde durch den anhaltenden Rückgang der internationalen Rohstoffpreise angeheizt. In einer Erklärung führte der NBS-Statistiker Dong Lijuan einen anhaltenden Rückgang der Kosten für Öl und Kohle sowie eine hohe Vergleichsbasis im letzten Jahr an. Abgesehen von einer kurzen Deflationsphase Anfang 2021 hat China seit 2009, also seit der globalen Finanzkrise, keine längere Deflation der Verbraucherpreise mehr erlebt.

Damals legte Peking ein Konjunkturpaket in Höhe von 4 Billionen Yuan (553 Milliarden US-Dollar) auf, das sich auf die Infrastruktur und die Modernisierung der Industrie konzentrierte. Dieser Plan förderte damals zwar das Wachstum, führte aber auch dazu, dass die lokalen Regierungen mehr Kredite aufnahmen, als ihnen gesetzlich erlaubt war, was die Schulden in die Höhe trieb. Der Spielraum der Politik zur Eindämmung einer drohenden Deflation ist dieses Mal begrenzter, was zum Teil auf die Bedenken hinsichtlich der Schuldenrisiken zurückzuführen ist.

Was Bloomberg Economics dazu sagt: „Die Null-Inflation bei den Verbraucherpreisen und der stärkere Rückgang der Erzeugerpreise im Juni deuten darauf hin, dass Chinas Aufschwung nach der Krise an Kraft verloren hat. Die nachlassende Dynamik an der Preisfront ist ein Zeichen für eine schwache Nachfrage, die die Wachstumsaussichten trübt. Der Bedarf an weiteren Stimulierungsmaßnahmen seitens der People’s Bank of China steigt.“
– David Qu, Wirtschaftswissenschaftler

Die meisten Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft waren begrenzt, und die Zentralbank senkte den Leitzins im letzten Monat nur geringfügig. Außerdem hat die Regierung die Steuervergünstigungen für Käufer von Elektroautos verlängert. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Regierung außerordentlich starke makroökonomische Maßnahmen einführt“, sagte Bruce Pang, Chefökonom bei Jones Lang Lasalle Inc. Er fügte hinzu, dass die Regierungschefs „ein qualitativ hochwertiges Wachstum betonen, das stabil ist und ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Strukturanpassung und Risikoprävention herstellt.“

Premierminister Li Qiang sprach letzte Woche mit einigen chinesischen Ökonomen über mögliche Hilfen, wobei er betonte, dass die Maßnahmen „gezielt, umfassend und gut koordiniert“ sein würden – was die Erwartung verstärkte, dass die Stimulierung nicht massiv ausfallen würde. Die Regierung muss ihren Schwerpunkt von angebotsseitigen Maßnahmen auf Maßnahmen verlagern, die die Nachfrageprobleme angehen, sagte Xing Zhaopeng, Senior China Strategist bei der Australia and New Zealand Banking Group.

Die chinesischen Behörden unterstützen Unternehmen seit langem durch gezielte Kreditvergabe, z. B. in den Bereichen Fertigung und erneuerbare Energien. In der Zwischenzeit haben die Behörden oft Maßnahmen gemieden, die den Verbrauchern direkt helfen sollten, wie etwa Subventionen. „China ist jetzt mit einem Überangebot konfrontiert“, sagte Xing und warnte vor einer sich verstärkenden „Deflations-Rezessions-Schleife“.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Ist das Stimulus im Anflug?

    Russland bestätigt goldgedeckte BRICS-Gemeinschaftswährung

    https://www.goldseiten.de/artikel/586315–Russland-bestaetigt-goldgedeckte-BRICS-Gemeinschaftswaehrung.html

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