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Kampf um die Gunst der Nachbarländer China und Indien: Spannungen verschärfen sich

Geopolitische Auswirkungen

China und Indien Spannungen verschärfen sich

Chinesische Forschungsschiffe erhöhen die Spannungen zwischen China und Indien im Indischen Ozean. Sri Lanka und Malediven zeigen unterschiedliche Haltungen gegenüber den beiden Großmächten. Die Ausrichtung dieser kleinen Staaten hat geopolitische Auswirkungen.

Die Spannungen zwischen China und Indien im Indischen Ozean haben sich in den letzten Monaten verschärft, nachdem zwei benachbarte Länder, Sri Lanka und Malediven, unterschiedliche Haltungen gegenüber den beiden nominal Verbündeten eingenommen haben. Der Umgang mit chinesischen Forschungsschiffen spiegelt diese Entwicklung wider.

China und Indien: Rivalen im Indischen Ozean

China sieht den Indischen Ozean als eine wichtige Route für seinen Handel und seine Energieversorgung an und will seine Präsenz und seinen Einfluss in der Region ausbauen. Im Rahmen der „Belt and Road Initiative“ baut China Häfen, Straßen und andere Infrastrukturprojekte in Ländern wie Pakistan, Bangladesch, Myanmar und Sri Lanka. Teil seines Engagements stellen auch die Forschungsschiffe dar, die China regelmäßig in den Indischen Ozean entsendet. China betont dabei den friedlichen Zweck der Forschungsreisen, nämlich wissenschaftliche Erkenntnisse über die Meeresumwelt, Geologie, Biologie und Ressourcen zu gewinnen.

Indien hingegen betrachtet den Indischen Ozean als seinen Hinterhof und seine strategische Interessensphäre. Indien will verhindern, dass China seinen Einfluss in der Region ausweitet und seine Sicherheit und wirtschaftlichen Interessen bedroht. Indien hat seine diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zu den Ländern des Indischen Ozeans verstärkt, um seinen Status als regionaler Führer zu behaupten.

Nicht nur Indien sieht eher einen militärischen Hintergrund in den Missionen. Nach Auffassung Indiens dienen die Erkundungen der Sammlung von Informationen, Durchführung und Aufklärung für zukünftige militärische Navigation und Operationen chinesischer Kriegsschiffe und U-Boote im Indischen Ozean. Karten des Meeresbodens sind entscheidend für U-Boot-Operationen der Marine der Volksbefreiungsarmee Chinas. Daher hat Peking großes Interesse daran, den Ozean von der Straße von Malakka bis zur afrikanischen Küste, einschließlich des Golfs von Aden, zu kartieren – den Handelsweg zwischen dem Suez-Kanal und China im Indischen Ozean. Letztes Jahr entsandte China zehn solcher Forschungs- oder Aufklärungsschiffe in die Gewässer rund um Indien.

Malediven und Sri Lanka – Schlüsselrollen zwischen China und Indien

Dabei spielen die Malediven und Sri Lanka eine wichtige Rolle als Häfen für die chinesischen Schiffe, um Nahrungsmittel und Treibstoff zu bunkern. Indien hat wiederholt Einspruch dagegen erhoben, dass chinesische Kriegsschiffe und U-Boote in Sri Lanka oder auf den Malediven anlegen. Es hat Colombo und Male gebeten, diesen chinesischen Schiffen nicht zu erlauben, in ihren Häfen anzulegen oder Erkundungen im Indischen Ozean im Hinblick auf zukünftige militärische Operationen durchzuführen.

Bisher galt Sri Lanka als eher pro-chinesisch, unterhält China doch in Hambantota im Süden des Inselstaates einen strategisch wichtigen Hafen, der 2017 an China für 99 Jahre verpachtet wurde, nachdem Sri Lanka das Darlehen, das es von China für den Bau des Hafens erhalten hatte, nicht zurückzahlen konnte. Im Rahmen der Proteste der Einwohner, die der Regierung vorwarfen, das eigene Land blind an China zu verkaufen, hat nun offenbar ein Umdenken stattgefunden. Aufgrund der schweren Wirtschaftskrise ist Sri Lanka auf die Hilfe von China, Indien und anderen internationalen Partnern angewiesen. Die Erfahrungen mit China orientiert sich das Land aber wieder mehr in Richtung Indien. Folge dieser Entwicklung ist nun, dass Sri Lanka am 1. Januar die Erlaubnis für ein chinesisches Forschungsschiff verweigert hat, in Colombo anzulegen. Zudem verhängte Colombo ein einjähriges Verbot für alle solche Schiffe, die seine Häfen besuchen wollen. Damit kam Sri Lanka den Sicherheitsbedenken Indiens entgegen.

Die Malediven, auf denen Ende September des letzten Jahres der bisherige pro-indisch geltende Präsident Ibrahim Solih durch Dr. Mohamed Muizzu abgelöst wurde, sind nun mehr als willig, dem Forschungsschiff das Anlegen in ihren Häfen zu gestatten. Muizzu gewann die Wahl mit einer „Indien-Raus“-Kampagne und forderte Indien mittlerweile auf, seine militärische Hilfe und sein Personal aus den Malediven abzuziehen, und wies die Vorwürfe zurück, dass das chinesische Forschungsschiff in Spionage verwickelt sein könnte. Er behauptet, er sei „pro-maledivisch“ und nicht „pro-china“ oder „Anti-Indien“. Seine erste Auslandsreise führt in diesen Tagen nach Peking. Dies ist ein Bruch der Tradition, nach der die neuen maledivischen Präsidenten immer Indien als erstes ihre Aufwartung machten. Während des Aufenthalts werden Abkommen über Projekte im Rahmen der „Belt and Road Initiative“, sowie ein Freihandelsabkommen und über die Nutzung der Fischgründe und Meeresressourcen abgeschlossen.

Zwei kleine Staaten mit großer Bedeutung

Daraus wird deutlich, dass sich die Malediven in absehbarer Zeit eher an China orientieren werden als an Indien. Dass sich Sri Lanka wieder mehr zu Indien hinwendet, bedeutet nicht, dass sich der Inselstaat vom Reich der Mitte abwendet. Denn einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Landes, der Hafen, wird noch auf Jahrzehnte unter chinesischer Kontrolle stehen und über 80% der Einnahmen fließen nach Peking. Auch andere Projekte werden weiter laufen. Die Schuldenlast zwingt Colombo auf Indien zuzugehen. Die Abkehr der Malediven von Indien wird für Modi aus geopolitischer Sicht schmerzlich sein, wie es für China ein Zugewinn darstellt. Bei der wachsenden Rivalität des nun bevölkerungsreichsten Landes der Erde und dem vormals bevölkerungsreichsten wird sich diese Verlagerung in der Orientierung der beiden kleinen Staaten eher verstärkend auswirken.



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