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Deindustrialisierung: Energieverbrauch soll massiv reduziert werden

Die Deindustrialisierung läuft. Und laut Energieeffizienzgesetz soll der Endenergieverbrauch von 2008 bis 2045 um 45 % reduziert werden!

Autoproduktion
Autoproduktion. Foto: Nataliehora-Freepik.com

Ich habe am Wochenende aufmerksam dem einstündigen Vortag von Hans-Werner Sinn gelauscht (hier dazu das Video). Es war eine Abrechnung mit den Problemen bei Wirtschaft und Energiewende in Deutschland. Er sprach von einer „erzwungenen Deindustrialisierung“. Aber warum? Im bereits geltenden Energieeffizienzgesetz stehe, dass der gesamte Endenergieverbrauch hierzulande im Vergleich zu 2008 bis 2045 um 45 % reduziert werden soll. Er betonte auch, das Gesetz sei im Großen und Ganzen unter Ausschluss der Öffentlichkeit umgesetzt worden. Und ich gestehe: Bisher habe auch ich mich damit nicht wirklich im Detail beschäftigt. Dafür aber jetzt umso mehr. Hans-Werner Sinn ist ein vertrauenswürdiger Ökonomen – dennoch konnte ich es nicht so recht glauben, und habe es nochmal selbst nachgelesen, dass wir alle als Volkswirtschaft gut die Hälfte unseres Energieverbrauchs reduzieren sollen.

Deindustrialisierung: Endenergieverbrauch soll 45 % sinken

Im „Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland1 (Energieeffizienzgesetz – EnEfG)“, das im November 2023 beschlossen wurde (hier der gesamte Text), ist nachzulesen unter Abschnitt 1 § 4, Zitat: „Für den Zeitraum nach 2030 strebt die Bundesregierung an, den Endenergieverbrauch Deutschlands im Vergleich zum Jahr 2008 bis zum Jahr 2045 um 45 Prozent zu senken.“ Wichtig: Hier steht kein Wort davon, dass der Endenergieverbrauch, der aus fossilen Energieträgern stammt, um 45 % reduziert werden soll. Nein, der gesamte Endenergieverbrauch soll bis 2045 massiv reduziert werden – also auch wenn die erzeugte Energie zu 100 % aus Sonne und Wind erzeugt wurde. Wenn das keine Maßnahme zur Deindustrialisierung ist, was dann?

Wie soll sowas denn aussehen? Natürlich können energieintensive Unternehmen wie auch private Verbraucher durch diverse Maßnahmen dafür sorgen, dass zum Beispiel durch energiesparende Geräte und Produktionsverfahren weniger Strom verbraucht wird. Aber seien wir mal ehrlich: Der ganz große Wurf wäre das nicht. Was man die letzten Jahre sah: Der Stromverbrauch sank vor allem deswegen etwas, weil große Stromfresser in der Industrie ihre Produktion eingeschränkt oder ganz stillgelegt hatten. Inzwischen wandern auch immer mehr Unternehmen ab, vor allem ins europäische Ausland. Das senkt natürlich hierzulande bereits den Endenergieverbrauch. Die Deindustrialisierung sozusagen als „wärmende Decke“ im Sinne der guten Sache. Dass durch diese Umsiedlung der Stromverbrauch in der Schweiz, in Polen, Ungarn etc ansteigt, und dass unterm Strich dadurch der Stromverbrauch gar nicht sinkt – egal.

Aber lassen wir die Abwanderung der Industrie mal bei Seite. Wie soll das in der Praxis aussehen, dass man selbst bei 100 % Ökostrom bis 2045 seinen Stromverbrauch weiter massiv absenkt? Sollen Verbraucher zuhause (vereinfacht ausgedrückt) den halben Tag das Licht auslassen? Oder – weil man ja zukünftig nur noch mit Strom heizt – soll im Winter die Wohnung den halben Tag kalt bleiben? Oder soll die Industrie den halben Tag nicht mehr produzieren? Dass die Politik zu solch abstrusen Ideen fähig wäre, zeigten ja die jüngsten Vorschlage aus dem Hause Habeck, genauer gesagt von der ihm untergeordneten Bundesnetzagentur. Man schlug nämlich vor – weil die Sonne nachts nun mal nicht scheint und die Windanlagen sich bei Windflaute nicht drehen – dass die Industrie doch bitte nur noch dann produzieren soll, wenn aus Ökostrom auch gerade genug Strom produziert wird. Abstruser geht es nicht!

Staat soll 2 % beim Endenergieverbrauch einsparen – pro Jahr!

Wenn Sie pro Jahr 2 % weniger Strom verbrauchen sollen bis 2045, rechnen Sie das bitte mal hoch, wie viel sie ingesamt weniger Strom verbrauchen müssen! Dieses Ziel hat dieses Energieeffizienzgesetz dem deutschen Staatsapparat auferlegt. Gutes Gelingen, möchte man da wünschen! Zitat aus dem Gesetzestext: „Öffentliche Stellen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von 1 Gigawattstunde oder mehr sind zu jährlichen Einsparungen beim Endenergieverbrauch in Höhe von 2 Prozent pro Jahr bis zum Jahr 2045 verpflichtet. Als Referenz werden die Endenergieverbräuche aus dem jeweiligen Vorjahr herangezogen. Bei Verfehlung des Ziels muss die Menge der nicht erbrachten Einsparung in den zwei jeweiligen Folgejahren eingespart werden. Überschreiten die Einsparungen das Ziel in einem Jahr, können die zu viel erbrachten Einsparungen über bis zu fünf Folgejahre angerechnet werden.“

Bürokratie

Was will der Staat, was wollen SPD, Grüne, FDP und die EU-Kommission mehr denn ja? Richtig, man muss den Bürokratieabbau vorantreiben. Was aber im Energieeffizienzgesetz enthalten ist, bringt für Unternehmen noch viel mehr Bürokratie. Auch hier ist der Wortlaut des Gesetzes aufschlussreich, in Abschnitt 3 § 8: „Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre von mehr als 7,5 Gigawattstunden sind verpflichtet, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem gemäß Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 einzurichten. Unternehmen, die bis zum Ablauf des 17. November 2023 den Status eines Unternehmens nach Absatz 1 erlangt haben, müssen ein Energie- oder Umweltmanagementsystem bis zum Ablauf des 18. Juli 2025 eingerichtet haben. Unternehmen, die ab dem 18. November 2023 den Status eines Unternehmens nach Absatz 1 erlangen, müssen ein Energie- oder Umweltmanagementsystem spätestens 20 Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem sie diesen Status erlangt haben, eingerichtet haben. Unternehmen im Sinne von Satz 1 und 2 sind bis zum Nachweis der Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems von der Verpflichtung zur Durchführung von Energieaudits nach § 8 Absatz 1 des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Effizienzmaßnahmen befreit, längstens jedoch bis zum Ablauf der in Satz 1 oder 2 genannten Fristen.“

Laut § 9 sind Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre von mehr als 2,5 Gigawattstunden verpflichtet, spätestens binnen drei Jahren konkrete, durchführbare Umsetzungspläne zu erstellen und zu veröffentlichen für alle als wirtschaftlich identifizierten Endenergieeinsparmaßnahmen in den Energie- oder Umweltmanagementsystemen und Energieaudits nach § 8 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen.

Kommentar

Wie sonst, außer mit einer massiven Deindustrialisierung, will man diese deutliche Reduzierung beim Endenergieverbrauch hinbekommen? Eine gute Frage. Hans-Werner Sinn fand dafür in seinem Vortrag sehr klare, harte Worte. Das Haus (die Wirtschaft) brenne lichterloh. Die deutsche Energiewende erzeuge eine erzwungene Deindustrialisierung. Und: Eine extremistische Klimapolitik habe sich des Landes bemächtigt.



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5 Kommentare

  1. Es gibt Beispiele wo das funktioniert. 1) Die Glühbirne wurde durch die LED-Lampe ersetzt. 2) Der Verbrenner wird durchs eAuto ersetzt. 3) Bei vielen elektrischen Geräten im Haushalt geht das auch, bsw durch effizientere Motoren.

    Möglicherweise geht das auch bei wichtigen industriellen Prozessen. Doch zB Erdgas durch Wasserstoff zu ersetzen senkt nicht den Energieverbrauch.

    Unabhängig davon ist die Frage, warum die Anbieter kein Interesse an zB effizienteren Motoren haben. Antwort: Die sind teurer und werden deshalb nicht gekauft und produziert, wobei hier die Kennzeichnung nachhelfen soll. Das funktioniert zB bei Häusern schon sehr gut, weshalb auch die Preise von weniger energieeffizienten Häusern massiv gefallen sind. Das die energieeffizienten Häuser entsprechen teurer sind – tja. Eine aktuelle oder wenigstens eine sanierte Wohnung kostet in meiner Gegend um die 6000 Euro pro Quadratmeter, eine ältere Wohnung dagegen 3000 bis 4000 Euro. Ob das gerechtfertigt ist ??? Ich jedenfalls schaue mir nur die älteren Wohnungen an, denn 50% bis 100% Aufpreis halte ich nicht für gerechtfertigt.

    1. KI Anwendungen in der Breite sind mit diesem Gesetz unmöglich. Deutschland wird zu einem Entwicklungsland

      1. Nichts wie raus aus diesem Land

        So ist es Christoph. Mir kommt das langsam so vor wie eine Zerstörung des Industriestandorts Deutschlands im Auftrag. Eins ist klar, die Industrieunternehmen werden alle abwandern. Auch wird es in Deutschland keine Forschung und Entwicklung mehr geben, denn ohne energiefressende KI-Rechenanlagen läuft da in Zukunft nichts mehr. Macht aber nichts, die Frauenhofer-Institute werden geschlossen, oder werden wie die TUs usw. in Richtung Gender-, Migrations- und Integrations“forschung“sinstitute transformiert.

        Mein Rat an die deutschen Jugendlichen, lernt in der Schule Mathe, Physik, Chemie, Fremdsprachen (Englisch, Mandarin, Russisch(?)), macht nichts anderes, nur LERNEN LERNEN LERNEN. Dann einen Handwerks- oder Industrieberuf, anschließend noch den Meister oder Techniker machen. Wenn ihr ein Studium anfangt, dann nur ein hartes MINT-Fach. Nach der Ausbildung sofort AUSWANDERN!

  2. Wenn Deutschland nicht zur „größten Diktatur der Erde“ wird, werden sich bis da hin die Menschen zu wehren wissen, wobei nicht ausgeschlossen ist, das es einen „bestimmten Prozentsatz“ geben wird, der sich an die „Anfänge“ der Menschen erinnert wird, in Höhlen leben will, und Beeren sammeln will.—Es ist natürlich kaum vorstellbar das die „Eliten“ dieses „Spiel“ selbst mitmachen

  3. Tja, das ist aber allerdings ein alter Hut und seit rund zwei Jahren bekannt. Da muss man sich jetzt nicht die Augen reiben und das Thema wöchentlich neu aufwärmen!
    So etwas bezeichnet man auch als Gebäudeeffizienz, Energieeffizienz, Sektorenkopplung und Elektrifizierung. Es geht z. B. um Dämmung oder Nutzung und Vermeidung von Abwärme, etwa in ineffizienten Verbrennermotoren, in Rechenzentren, in schlecht gedämmten Bürogebäuden und Industriehallen, in der Stahl- oder Zementindustrie usw.

    Alleine Wärme macht mehr als 50 Prozent des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs aus. Ein enormes Einsparpotenzial, das nicht im Geringesten etwas mit Deindustrialisierung zu tun hat.

    Ein Sektor befindet sich seit fast 20 Jahren bereits auf einem guten Weg: Der Endenergieverbrauch des Sektors Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD) ist in den letzten Jahrzehnten von 2006 bis 2022 deutlich um etwa 29 % zurück gegangen.
    https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/2_abb_eev-sektoren_2024-01-19_0.png

    Bei Haushalten ist noch nicht viel passiert, der Sektor Verkehr ist bis dato ein blamabler Totalausfall.
    Alleine im Verkehr lassen sich locker 70 bis 80 % einsparen, auch das Potenzial im Gebäudesektor ist enorm.
    https://cdn.shopify.com/s/files/1/0638/9222/6282/files/Okoebilanz_Elektro_vs_Verbrenner_Teil1_Betrieb_600x600.png

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