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Anstehende Rezession in Euroland Der Euro steigt nicht richtig – trotz anstehender Jumbo-Zinsanhebung

Der Euro steigt nicht, und das trotz einer anstehenden Jumbo-Zinsanhebung der EZB. Hier dazu bestechende Expertenkommentare.

50 Euro-Geldscheine

Als gestern um 11 Uhr die Eurozonen-Inflation mit 9,1 Prozent auf einem Allzeithoch vermeldet wurde (Erwartungen lagen bei 9,0 Prozent), notierte der Euro gegen den US-Dollar bei 0,9990. Jetzt sehen wir einen Wechselkurs von 1,0022. Es ist also ein Anstieg von 32 Pips. Was ist hier los, wie ist das einzuordnen?

Euro profitiert nicht von nahendem großen Zinsschritt der EZB

Auf der einen Seite spräche die höhere Inflation in der Eurozone für eine weitere Euro-Abwertung. Aber in den Stunden nach dieser Verkündung wurde gestern klar, dass sich die Stimmung innerhalb der EZB stark hinbewegt zu einer Jumbo-Zinsanhebung von 0,75 Prozentpunkten für die Entscheidung nächste Woche Donnerstag. Und jetzt bestätigen auch drei der größten Wall Street-Banken diese Einschätzung, dass die EZB wohl um 0,75 Prozentpunkte anheben wird. Diese Aussicht sollte dem Euro eigentlich einen richtig kräftigen Aufwärtsschub geben. Aber im großen Bild gesehen, da sind diese 32 Pips Anstieg des Euro seit gestern 11 Uhr bis jetzt kaum erwähnenswert. Im folgenden TradingView Chart sehen wir den fallenden Euro im Verlauf der letzten zwölf Monate (von 1,18 auf jetzt 1,0022) im Vergleich zur immer weiter steigenden Inflation in der Eurozone, von damals 3 Prozent auf jetzt 9,1 Prozent.

Chart vergleicht Euro-Verlauf mit Inflation in der Eurozone

Der Euro notierte in den letzten Tagen unterhalb der Parität zum US-Dollar, jetzt wieder leicht darüber. Im großen Bild ist es ein langfristiger Absturz der Gemeinschaftswährung, der eine immer weiter steigende Inflation gegenüber steht. Warum springt der Euro gegenüber dem US-Dollar nicht kräftig nach oben auf einen Wechselkurs von zum Beispiel 1,02 oder 1,05? Denn bei dieser anstehenden Jumbo-Zinsanhebung wäre das doch durchaus angebracht? Dem gegenüber steht als Argument die wirtschaftliche Schwäche in der Eurozone, die gerade voll im Anrollen ist. Aller Voraussicht nach dürften die explodierten Energiepreise Europa im Herbst in die Rezession reißen. Massiv steigende Zinsen könnten diese Rezession noch verstärken, weil Kreditkosten für Unternehmen und Verbraucher dadurch deutlich verteuert werden.

Experte mit hochinteressanten Aussagen

Robin Brooks vom International Institute of Finance lieferte jüngst zur Euro-Schwäche einige bestechende Kommentare. Hier ins Deutsche übersetzt mit den entsprechenden Tweets:

Wenn Sie denken, dass der Euro zur Parität billig ist, denken Sie noch einmal nach. In ersten Halbjahr 2021 wies die Leistungsbilanz der Eurozone einen Überschuss von 167 Mrd. EUR auf. Im ersten Halbjahr 2022 wies sie ein DEFIZIT von 19 Mrd. EUR auf. Der Handelsbilanzüberschuss in ersten Halbjahr 2021 betrug 101 Mrd. EUR. In H1 2022 ist es ein Defizit von 140 Mrd. EUR. Der Überschuss der Eurozone ist vorbei.

Oberflächlich betrachtet handelt der Euro von der Inflation und der Reaktion der EZB. Unter der Oberfläche geht es bei der Euro-Abwertung um die steigende Wahrscheinlichkeit einer Rezession und die Störungen durch den Anstieg der Energiepreise, wie z. B. Produktionskürzungen in der deutschen Chemieindustrie. Der Euro wird weiter fallen.

Viele sind der Meinung, dass die EZB angesichts des fallenden Euro Erhöhungen rechtfertigen würde. Nein! Die Eurozone steht vor einem großen negativen Schock für ihr verarbeitendes Gewerbe. Die Wettbewerbsfähigkeit leidet sehr darunter. Ein fallender Euro ist genau das, was passieren SOLLTE. Es ist weitaus besser, den Euro fallen zu lassen, als seinen Niedergang zu bekämpfen.



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