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Grüne Anlagen werden reduziert ESG-Fonds mit 5 Billionen Dollar erhöhen Anlagen in Öl und Gas

Paradox: ESG-Fonds mit 5 Billionen Dollar Volumen halten mehr Gelder in Öl und Gas als vor zwei Jahren. Kommt bald der "Ritterschlag"?

Windkraft-Parks sind geeignet für ESG-Anlagen
Windkraft-Anlagen. Foto: moretocome - Freepik.com

Environmental Social Governance kurz ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) ist die neue Leitlinie grüner Politik und auch von immer mehr Unternehmen. Sogar Banken werden jetzt von der EZB als oberster Finanz-Klimawächter in Europa immer stärker dazu gedrängt sich in ihrem Handeln wie der Kreditvergabe danach auszurichten. Dazu bekommt die EZB gerade erweiterte Befugnisse. Banken wie die ING Deutschland geben sogar zu, dass man bereits Unternehmenskunden vor die Tür setzt, die sich bei ihren ökologischen Konzepten nicht genug Mühe geben. Aktuelle Informationen zeigen aber, dass die Geldanlage-Industrie, die sich mit dem Label ESG eine grüne Ausrichtung gegeben hat, verstärkt in die Bereiche Öl und Gas investiert.

ESG-Fonds mit vermehrten Anlagen in Öl und Gas – Daten für Ende September

Die weltweit größte ESG-Fondsklasse mit einem Kundenvermögen von rund 5 Billionen US-Dollar hat ihr Engagement im Öl- und Gassektor seit der Einführung strengerer Vorschriften vor zweieinhalb Jahren um etwa zwei Drittel erhöht. Fonds, die als „Förderer“ von Umwelt-, Sozial- und Good-Governance-Kriterien registriert (ESG) sind, hielten am Ende des dritten Quartals etwa 2,3 % ihrer Bestände in fossilen Brennstoffen, verglichen mit 1,4 % unmittelbar nach der Einführung eines Rahmens für ESG-Investitionen in Europa Anfang 2021, wie laut Bloomberg aus Daten von Morningstar hervorgeht. Die Daten zeigen, dass der Anteil der Geldanlagen in erneuerbaren Energien von 0,4 % im gleichen Zeitraum auf 0,3 % des Gesamtbestandes gesunken ist.

Höhere Bewertungen und Käufe

Diese Entwicklung, die sowohl Veränderungen in den Bewertungen der Anlagen als auch direkte Käufe widerspiegelt, folgt auf einen durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Anstieg der Ölpreise und ein „schreckliches Jahr“ für erneuerbare Energien, sagte Hortense Bioy, Global Director of Sustainability Research bei Morningstar, in einer E-Mail-Antwort auf Fragen. Diese Entwicklung fällt auch mit den wachsenden Forderungen der Schwergewichte der globalen Finanzwelt zusammen, fossile Brennstoffe in den „ESG-Maschinenraum“ zu bringen. Nirgendwo war dies deutlicher zu sehen als auf dem COP28-Klimagipfel in Dubai, der vom Chef der Abu Dhabi National Oil Co geleitet wurde. Am Mittwoch endeten die Gespräche mit einer Vereinbarung, die einen weltweiten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen fordert.

Umstellung auf Gas noch in Ordnung?

Klimaaktivisten hatten auf eine Formulierung gehofft, die auf einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen abzielen würde. Stattdessen lässt der endgültige Wortlaut des COP28-Abkommens „Schlupflöcher, die es den Produzenten fossiler Brennstoffe und den Staaten erlauben, so weiterzumachen wie bisher“, so Amnesty International. Das Abkommen fordert eine Verdreifachung der weltweiten Kapazität an erneuerbaren Energien bis 2030. Es ebnet aber auch den Weg dafür, dass kohlenstoffärmere Brennstoffe wie Erdgas bei der Umstellung auf sauberere Energiequellen eine Rolle spielen können.

Gas und Co auf einmal als ESG-konforme Übergangsenergie?

ESG-Fondsmanager könnten schon bald von den Aufsichtsbehörden die ausdrückliche Erlaubnis erhalten, fossile Brennstoffe zu halten. In Europa, wo die Regeln für ESG-Investitionen weltweit am weitesten gehen, sind die Behörden dabei, den Anfang 2021 in Kraft getretenen Rahmen zu überprüfen, und die Behandlung der so genannten „braunen“ Vermögenswerte wird dabei im Mittelpunkt stehen. Die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), die rund 11 Billionen Dollar an Gesamtinvestitionen steuert, könnte umgeschrieben werden, um Fonds zu ermutigen, so genannte Transition Assets zu halten, also solche, die derzeit braun sind, aber das Potenzial haben, grüner zu werden.

Was ist SFDR?

Das weltweit größte Regelwerk für ESG-Investitionen wurde im März 2021 mit dem Ziel in Kraft gesetzt, Greenwashing zu bekämpfen und eine nachhaltige Kapitalallokation zu fördern. Es umfasst zwei Offenlegungskategorien für ESG-Fonds: Artikel 8-Fonds sollen ökologische, soziale und Good-Governance-Ziele „fördern“, während Artikel 9-Fonds ESG zu ihrem eigentlichen „Ziel“ machen sollen. Laut Morningstar-Daten, die Geldmarktfonds, Dachfonds und Feeder-Fonds ausschließen, verwaltet Artikel 8 ein Kundenvermögen von rund 5 Billionen US-Dollar.

Unternehmen in ESG aufnehmen in Hoffnung auf zukünftig gute Taten?

Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen und -Märkte, sagte letzten Monat, dass die EU Vermögensverwaltern mehr Freiheit einräumen könnte, Unternehmen mit einem hohen CO2-Fußabdruck in ESG-Portfolios aufzunehmen, vorausgesetzt, es gibt einen glaubwürdigen Plan zur Reduzierung ihrer Emissionen. „Wir müssen den Unternehmen auch die Möglichkeit geben, sich umzustellen, und vielleicht müssen wir uns darauf ein wenig mehr konzentrieren“, sagte McGuinness letzten Monat in einem Interview mit Bloomberg TV. „Denn wir reden zu viel in grün oder braun, gut und schlecht. Eigentlich sind die Unternehmen, die noch nicht so weit sind, diejenigen, in die wir das Geld stecken müssen, damit sie nachhaltiger werden.

Um den Anlegern zu helfen, herauszufinden, welche Fonds den Übergang tatsächlich unterstützen, könnte die EU von ihnen verlangen, dass sie angeben, inwieweit sie die Treibhausgasemissionen reduzieren wollen. Studien zeigen nämlich, dass Transparenz nach wie vor ein Problem ist. In einer kürzlich von EY durchgeführten globalen Bewertung der Offenlegung von Klimarisiken schnitten die Vermögensverwalter als Branche am schlechtesten ab. Es mangelt an Transparenz, obwohl sich viele Firmen Netto-Null-Ziele gesetzt haben, die eine erhebliche Umschichtung der Portfolios erfordern“, so Matt Bell, Leiter des Bereichs Klimawandel-Dienstleistungen bei EY, gegenüber Bloomberg.

Einige nationale Regulierungsbehörden in der EU nehmen eine viel härtere Haltung ein. In Frankreich hat die Finanzaufsichtsbehörde kürzlich festgelegt, dass Vermögensverwalter ihr nationales ESG-Fondslabel nur dann verwenden dürfen, wenn sie Unternehmen ausschließen, die ihre Produktion von fossilen Brennstoffen weiter ausbauen. Nach Schätzungen von Morningstar könnte dieser Plan dazu führen, dass Öl- und Gasanlagen im Wert von etwa 7,6 Milliarden Dollar veräußert werden.

Strengste ESG-Fonds reduzierten fossile Investments

In der Zwischenzeit hat die strengste ESG-Fondsbezeichnung der EU in den letzten zweieinhalb Jahren ihr Engagement in fossilen Brennstoffen reduziert. Morningstar-Daten zufolge sank der Anteil von Öl- und Gasanlagen in Artikel 9-Fonds im letzten Quartal auf nur noch 0,1 % des Gesamtvolumens gegenüber 0,6 % Anfang 2021. Investitionen in erneuerbare Energien stiegen leicht von 1,7 % auf 1,8 %.

ESG-Geldanlagen performen deutlich schlechter als normale

Katastrophale Performance von grünen Geldanlagen

Unter Renditegesichtspunkten war es jedoch schwierig, im Jahr 2023 bei den erneuerbaren Energien zu bleiben. Der S&P Global Clean Energy Index ist um etwa 30 % gefallen, während der S&P 500 um 20 % gestiegen ist. Der S&P Global Oil Index ist im gleichen Zeitraum um etwa 3 % gesunken. Die kapitalintensiven Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien hatten mit „steigenden Finanzierungskosten, Materialinflation und Unterbrechungen der Lieferkette“ zu kämpfen, so Bioy.

Nach Ansicht der Analysten von JPMorgan könnte sich dieser Gegenwind jedoch bald abschwächen. Sie gehen davon aus, dass das Jahr 2024 ein „äußerst günstiges“ Umfeld für traditionelle ESG-Anlagen bieten könnte, die in einem Hochzinsumfeld zu kämpfen haben. Das nächste Jahr wird auch für ESG-Regulierungen „entscheidend“ sein, so die JPMorgan-Analysten in einer in diesem Monat veröffentlichten Notiz.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Das schöne am sozialismus ist die Tatsache, daß es die regulierte Ökonomie ist,die dem ganzen budenzauber das Genick bricht. In Dschland hatten wir das schon zwei mal, warum nicht auch noch ein drittes mal.
    um mal mit den worten einer anwärterin auf den titel schlePaZ zu sprechen: ich jedenfalls freue mich darauf!

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