Allgemein

Statement 14:15 Uhr / PK 14:45 Uhr EZB wird Boden für Juni-Zinssenkung bereiten – Entscheidungstag

Die EZB dürfte den Boden für sinkende Zinsen im Juni bereiten. Hier ein Ausblick auf die heutige Entscheidung um 14:15 Uhr.

EZB-Chefin Christine Lagarde
EZB-Chefin Christine Lagarde. Copyright: Angela Morant/ECB CC BY-NC-ND 2.0 DEED https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird heute aller Voraussicht nach die fünfte Ratssitzung in Folge ihre Zinsen beibehalten (Leitzins 4,0 %, Einlagensatz 4,5 %). Die Entscheidung mit Statement wird um 14:15 Uhr vermeldet, die Pressekonferenz beginnt um 14:15 Uhr. Die EZB dürfte den Boden bereiten für eine im Juni anstehende erste Zinssenkung. Eine Bloomberg-Umfrage unter Ökonomen ergab die fast einhellige Erwartung unveränderter Zinsen. Nur ein einziger der 62 befragten Volkswirte rechnet mit einer Senkung des Einlagensatzes um einen Viertelprozentpunkt.

EZB senkt im Juni die Zinsen – danach Vorsicht

Die Inflation im Euroraum ist inzwischen zwar wieder in Sichtweite des 2%-Ziels (aktuell 2,4 %). Noch haben die EZB-Ratsmitglieder jedoch nicht die nötige Zuversicht, die Zinsen herabzusetzen. Besonders mit Blick auf das Thema Lohnanstiege haben EZB-Chefin Christine Lagarde und viele ihrer Kollegen durchblicken lassen, dass bis Mitte des Jahres mehr Zutrauen da sein könnte. “Die EZB hat signalisiert, dass die Zinsen sehr wahrscheinlich im Juni gesenkt werden, und die jüngsten Inflationsdaten dürften dies bestätigt haben”, sagt DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. “Nach Juni sprechen die Unsicherheit und die Risiken für die Inflationsaussichten für Vorsicht und Lagarde könnte sich mit Signalen zurückhalten.”

Grafik zeigt Entwicklung der Inflation in der Eurozone

Während in der Schweiz die geldpolitische Lockerung bereits im Gange ist, dreht sich die Debatte in der Eurozone darum, wie schnell die Zinsen nach Juni gesenkt werden sollen. Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras befürwortet eine weitere Zinssenkung im Juli. Andere wollen zumindest bis zur nächsten Sitzung im September eine Pause einlegen. Ein weiterer Faktor ist die Geldpolitik der Federal Reserve, die mit hartnäckiger Inflation bei robustem Wachstum ringt. Dies lässt die US-Währungshüter vor einer ersten Zinssenkung zurückschrecken, womit es vermutlich die EZB sein wird, die zuerst lockert. Eine länger bestehende Divergenz in der Geldpolitik birgt Risiken auf den Devisenmärkten, die sich auf die Verbraucherpreise auswirken könnten.

Die Sicht von Bloomberg Economics lautet: “Angesichts der Abkühlung des Lohnauftriebs, der geringen Gewinnmargen der Unternehmen und der sich abzeichnenden Unterschreitung der Zielwerts bei der Gesamtinflation wird die EZB die Zinsen bald senken. Da die Kosten eines erneuten Inflationsanstiegs jedoch hoch wären (eine Kehrtwende würde die Glaubwürdigkeit ernsthaft untergraben), ist verständlich, dass der EZB-Rat vorsichtig agiert.” — Europa-Chefvolkswirt Jamie Rush.

Aussichten für sinkende Zinsen

Die Erwartung eines Zinsschritts im Sommer wurde letzte Woche geschürt, als das Protokoll der EZB-Sitzung im März die Einschätzung der Währungshüter zeigte, dass “die Argumente für eine Zinssenkung immer stärker werden”. Dank “ermutigender” Fortschritte bei der Inflation kamen sie außerdem zu dem Schluss, dass der Zeitpunkt für einen ersten Schritt “immer deutlicher in Sichtweite” rückt. Einige im EZB-Rat wollten eine Zinssenkung auf der heutigen Sitzung nicht ausschließen, die Mehrheit spricht sich aber für einen Beginn der Lockerung im Juni aus, wenn weitere Zahlen zu Inflation, Löhnen, Gewinnen und Produktivität vorliegen werden. Dieser Zeitplan deckt sich mit den Ansichten von Ökonomen und Anlegern, nachdem die Märkte ihre Zinssenkungswetten zurückgefahren haben.

Grafik zeigt Aussicht für EZB-Zinsen

Das weitere Tempo der Lockerung ist weniger klar. Christine Lagarde sagte im März, es sei möglich, dass die Währungshüter sich nicht festlegen, und betonte ihren “datenabhängigen” Ansatz.

Konjunkturentwicklung

Die Inflation im Euroraum hat sich im vergangenen Monat auf 2,4% verlangsamt, nachdem sie im Februar bei 2,6% lag. Die Kerninflation, die Energie und Nahrungsmittel ausschließt, sank von 3,1% auf 2,9% und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Anfang 2022. Einige Ökonomen und EZB-Räte gehen davon aus, dass die Teuerungsrate in diesem Sommer auf den Zielwert von 2% oder sogar darunter sinken wird. Die jüngsten Stabsprognosen der EZB sagen dies indessen erst für die zweite Hälfte des Jahres 2025 voraus.

Grafik zeigt Aussicht für die Inflation in der Eurozone

Die steigenden Dienstleistungspreise sind in den Worten der Allianz-Volkswirte “das Haar in der Suppe”. Die Teuerung liegt hier bei 4%. Auch die Löhne steigen stärker als im historischen Durchschnitt, obgleich sich das Tempo der ausgehandelten Lohnerhöhungen Ende 2023 verlangsamt hat. Die Wirtschaft des Euroraums steht seit mehr als einem Jahr am Rande der Rezession. Während die EZB eine allmähliche, konsumgetriebene Erholung vorhersagt und sich sogar in Deutschland erste Anzeichen für einen Aufschwung abzeichnen, belegt die jüngste EZB-Umfrage zur Kreditvergabe der Banken einen Einbruch der Unternehmensnachfrage nach Darlehen.

EZB im Vergleich zur Federal Reserve

Während die Märkte die Wahrscheinlichkeit einer EZB-Zinssenkung im Juni mit rund 80% beziffert, sehen sie nur eine knappe 20%-Chance, dass die Fed in jenem Monat lockert. Abweichungen in der geldpolitischen Gangart gab es bereits in der Vergangenheit und die Währungshüter in Frankfurt haben wiederholt ihre Unabhängigkeit betont. Der Finne Olli Rehn beispielsweise sagte, die EZB sei nicht der 13. Distrikt der Fed. Eine längere Phase der Lockerung in Europa ohne entsprechende Maßnahmen in den USA hätte jedoch Folgen, wie der frühere Pimco-Chef Mohamed El-Erian anmerkt. Dies zeige sich nicht nur am Anleihemarkt sondern auch bei den Wechselkursen. Eine Parität zwischen Euro und Dollar sei “eine Möglichkeit”.

Grafik zeigt Markterwartungen für schneller sinkende Zinsen bei der EZB als bei der Federal Reserve

FMW/Bloomberg



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

3 Kommentare

  1. Spannend. Die FED ziert sich (verständlicherweise) mit Zinssekungen, die EZB ist aufgrund der desolaten Wirtschaftslage und den Schuldensituationen der Südländer dazu gezwungen. Eine nachhaltige Differenz zwischen EUR und USD Zinsen wird Arbitrageeffekte freisetzen, die den EUR massiv unter Druck setzen werden.

    1. Es ist gerade umgekehrt der US Pleitestaat hat die Zinssenkungen viel nötiger da sie wegen der astronomischen Staatsverschuldung am absaufen sind was dazu führt das die Zinslast immer explosiver steigt die schon bald die unglaubliche Summe von $2 BILLIONEN erreichen wird . Der einzige grund warum die Fed mafia noch nicht die Zinsen gesenkt haben ist weil sie PANIK vor einer stärkeren kapitalflucht aus dem Dollar haben und da ist es von vorteil eine US Puppe in der EZB zu haben die dafür sorgen wird das der Euro zuerst geschrottet wird zugunsten des Dollars .

  2. Zitat aus dem Text: „der Federal Reserve, die mit hartnäckiger Inflation bei robustem Wachstum ringt“

    Das ist der Punkt, die Federal Reserve möchte die Inflation unter einer sehr ausgabefreundlichen US-Regierung und der ganz gern auf Kredit lebenden Bevölkerung nicht noch zusätzlich anheizen. Die EZB muss Kapitalabflüsse in Richtung USD fürchten, die wegen der Eigenschaft des Dollarraums als „sicherer Hafen“ gerade jetzt sehr offensichtlich sind. Also bleiben die Zinsen dort wo sie sind. Wenn USA ihre Ausgaben massiv einschränken, wird es ernste Veränderungen sowohl in China als auch in Europa geben. Ich bin mir sicher, dass sich das keiner wünschen wird. ,

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage