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Abflauende Bankenkrise rückt Kampf gegen Inflation wieder in Vordergrund EZB-Mitglied warnt: Euroraum vor Risiko verfestigter Inflation

Machtverhältnisse innerhalb der EZB verschieben sich wieder Richtung Falken

EZB Inflation Villeroy

Innerhalb der EZB tobt ein Kampf zwischen den Vertretern der Nordländer und den Südländern in Sachen Zinsen und Inflation: die Vertreter der Nordländer wollen die Zinsen weiter anheben, die Vetreter der Südländer hingegen sagen, die EZB habe bereits genug getan, die Inflation gehe doch perspektivisch zurück, die Zinsanhebungen müssten erst noch ihre volle Wirkung entfalten. Vor der Bankenkrise waren die Nordländer innerhalb der EZB am Drücker, mit der Bankenkrise dann bekamen die Vetreter der Südländer Oberwasser.

Nun aber scheint die Bankenkrise erst einmal etwas abgeflaut zu sein – und das verschiebt die Perspektive wieder zur weiteren Anhebungen der Zinsen zur Bekämpfung der Inflation. Dieser Perspektiv-Wechsel zeigt sich besonders anhand des französischen Notenbankchefs Villeroy, der im Gefolge der Krise um die Credit Suisse zunächst zur Vorsicht gemahnt hatte, nun aber offenkundig wieder das Thema Inflation in den Vordergrund rückt. Kein Wunder: zwar fällt die Gesamtinflation, aber die Kerninflation (also die Inflation ohne Nahrung und Energie) steigt immer weiter und hat im Februar ein neues Allzeithoch erreicht.

EZB-Ratsmitglied: Risiko steigt, dass sich Inflation verfestigt

Nach Ansicht von EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau besteht im Euroraum die Gefahr einer sich verfestigenden Inflation, die die Europäische Zentralbank durch anhaltend hohe Zinssätze bekämpfen will. Darüber berichtet Bloomberg.

Zwar hätten die Energiepreise früher als erwartet nachgegeben und der Aufwärtsdruck auf die Lebensmittelkosten dürfte ab dem dritten Quartal nachlassen, doch sei die zugrunde liegende Inflation — einschließlich der Dienstleistungen — in den letzten Monaten stetig gestiegen, so der Chef der französischen Zentralbank laut Text für eine Rede in New York.

EZB-Mitglied Villeroy warnt: Euroraum vor Risiko verfestigter Inflation
Francois Villeroy de Galhau

“Wir stehen jetzt vor dem Risiko einer verfestigten Inflation, die in der zugrunde liegenden oder Kernkomponente liegt”, erklärte er am Dienstag. “Mit anderen Worten: Die Inflation hat sich weiter verbreitet und ist möglicherweise hartnäckiger.”

Anfang dieses Monats war Villeroy das erste EZB-Ratsmitglied, das darauf hinwies, dass die aggressivste geldpolitische Straffung, die die Eurozone je erlebt hat, möglicherweise zu Ende geht.

Am Dienstag sagte er, dass die Wirkung der bisherigen Zinserhöhungen in den kommenden Monaten größer sein und dass eine weitere Anhebung der Zinsen durch die EZB möglicherweise nicht in demselben Tempo erfolgen werde.

“Unsere geldpolitische Reaktion auf die steigende Inflation war stark und schnell”, sagte Villeroy. “Wir bei der EZB gehen jetzt von einem Sprint zu einem Langstreckenlauf über. Auf unseren nächsten Sitzungen werden wir Entscheidungen über mögliche neue Zinserhöhungen treffen, indem wir drei wichtige Wirtschaftsindikatoren betrachten: die Inflationsaussichten, die zugrunde liegende Inflation (Kerninflation) und die geldpolitische Transmission.”

FMW/Bloomberg

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13 Kommentare

  1. Wie, außer durch Inflation, sollen denn sonst die Schulden auf ein erträgliches Maß abgebaut werden?
    Die Südländer habe immer (vor der Einführung des Euro) gut mit bis zu 20 % Inflation leben können. Selbst die Target 2 Schulden der Südländer schmilzen mit einer hohen Inflation dahin.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. Hallo nach Andalusien, :-)

      kannst Du mir bitte in kurzen Worten erklären, warum Schulden durch Inflation abgebaut werden können? Irgendwie verstehe ich das Thema nicht so ganz.

      Vielen Dank vorab Helmut, und schöne Grüße
      Stefan.

      1. Hallo Stefan Ziege,
        das ist ganz besonders an den Target 2 Salden zu sehen.
        Wenn Spanien etwa 350 Milliarden Schulden im Target- System hat, dann werden daraus kaufkraftmäßig bei 10 % Inflation in 10 Jahren etwa 100 Milliarden.
        Nominal bleiben es zwar 350 Milliarden, aber um die Summe dann in 10 Jahren doch einmal zurückzuzahlen, müsste dann Spanien nur etwa 1/3 an gleichwertigen Waren gegenrechen, die Spanien ursprünglich für die 350 Milliarden bekommen hat.
        Etwa 200 Milliarden hätten sich wertmäßig in Luft aufgelöst.
        Das kann man auch an vielen anderen Beispielen erklären, aber da dieTarget- Salden in alle Ewigkeit zinslosen Kredit zur Verfügung stellen, erscheint mir das als typischer Fall.
        Bei Zinszahlungen von 5% für weitere Kredite die zur Staatsverschuldung dienen, und ebenfalls 10 % Inflation, dauert es natürlich länger.

        Viele Grüße aus Andalusien Helmut

        1. Hallo Helmut,

          ganz lieben Dank für Deine tolle Erklärung! :-) Mit etwas logischen Nachdenken hätte ich da auch selbst drauf kommen können. Aber nun habe ich es auch verstanden.

          Wie gesagt: Vielen Dank dafür und weiterhin frohes Schwitzen bei 27 Grad.

          1. @Stefan Ziege

            „…in kurzen Worten erklären, warum Schulden durch Inflation abgebaut werden können?…“

            🤣Er ist tatsächlich darauf hereingefallen🤣

          2. Deswegen sind die Regierungen uch nicht böse oder verärgert über die Infaltion, senken sie doch auf diese Weise den Schuldendienst, wenn sie durch Inflation, sprich höhere Löhne = mehr Steuern und höhere Verkaufspreise = mehr Steuern, mehr einnehmen. Schuldenhöhe bleibt, aber mehr Geld in der Kasse.

      2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

        Stellen Sie sich vor Sie hätten 1914 gelebt und sich ein Haus gekauft für damals 50 000 Reichsmark, soviel kostete damals ein sehr, sehr gutes und großes Einfamilienhaus in bester Lage.

        1923,zum Hochpunkt der Inflation, bekamen Sie für 50 000 Reichsmark noch nicht mal ein Brötchen beim Bäcker.
        Ihr Haus dürften Sie aber behalten. Bezahlt ist bezahlt. Nur ihr Gläubiger, ihre Hausbank, guckt in die Röhre.
        Nach der Hyperinflation von 23 kam es eh zur Währungsreform. Stichwort Währungsreform 1923,einfach mal googeln.
        Überdies :Reichsmark orientierte sich damals am Dollar als Siegermacht des Ersten Weltkrieges. Und da der Dollar noch goldgedeckt war, die Reichsmark aber seit dem August 14 nicht mehr, kam’s sukzessive zum Verfall der Währung.
        Zudem musste Deutschland nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages nach 1918 praktisch alle restlichen Goldreserven den alliierten Siegermächten überlassen.
        Die Reparationen waren nämlich in Goldmark zu entrichten und es galt der Goldwert vom Mai 1914. Also vor dem Attentat in Sarajevo,das ja am 28.06.14 stattfand.
        Die Alliierten waren nicht dumm,die akzeptierten nur die Goldmark. Und jede Goldmark, enthielt so und soviel Gramm reines Gold.
        Da aber mit den Bestimmungen des Versailler Vertrages die Reichsmark praktisch ungeschützt vorlag, war sie den Spekulationen jener Zeit hilflos ausgesetzt.
        Ein Dollar der im Mai 2014 noch 4,2 Reichsmark kostete, kostete zum Hochpunkt der Inflation schon 4,2 Billionen Reichsmark!
        Das ist Inflation. Übrigens Hugo Stinnes, hoch verschuldet vor dem Ersten Weltkrieg, hat sich mit der Inflation kernsaniert.
        Inflation schützt immer die Sachwerte und enteignet die Gläubiger!

        1. Hallo Sebastian,

          auch Dir ganz lieben Dank für Deine ausführlichen Erklärungen. Ich finde es toll, dass man hier noch so viele Dinge nebenbei erklärt bekommt. :-)

          Habt noch einen entspannten Abend und bis bald,
          Stefan

  2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die Südländer früher auch „PIIGS“ genannt sind traditionell gegen höhere Zinsen !

    Warum ist das so…? Nun das liegt in erster Linie am schlechteren Rating ihrer Länder. Dazu muss man wissen, das alle Länder von den sogenannten Ratingagenturen geratet, also bewertet werden.

    Im Prinzip ist es wie früher an der Schule oder Universität, die Ratingagenturen vergeben Noten.

    Je besser das Rating, umso geringer sind die Refinanzierungskosten. Das beste Rating ist „AAA“ oder auch „Tripple A“ genannt.
    Es entspricht der Schulnote Eins mit Sternchen. Italien zum Beispiel war lange Zeit mit „BBB – „bewertet, das entspricht einer Vier Minus ,im Fachjagon eine Stufe über Ramsch !
    Also kurz vor dem Rating „versetzungsgefährdet“ würde man in der ehemaligen DDR sagen, da ging es übrigens nur bis zur Fünf.
    Warum ist das so ? Warum bekommt der Stiefelstaat traditionell so schlechte Noten ?

    „Verschwörung“ würde Draghi sagen : Die bösen Hedgefonds ! Die würden ständig gegen sein schönes Land hetzen und dann dagegen wetten !

    Aus diesem vorgeschobenen Argument entwickelte er, am Donnerstag , dem 26.Juli 2012 : „Whatever it takes ! „.
    Mit der „Whatever it takes Geldpolitik“ hob er praktisch die „No Bail Out Klausel „aus den Angeln. Das was sich Jean Claud Trichet noch nicht getraute, Draghi machte es !

    Die Afd war geboren….In England führte die Aufhebung der „No Bail Out Klausel“ praktisch zum Brexit.

    Die Briten sagten sich zurecht, bei einer Europäischen Union, wo elementare Grundregeln der Geldpolitik nicht mehr gelten, wollen wir nicht mehr Mitglied sein, auch wenn wir noch nicht im Euro sind !

    In Deutschland bekam Draghi das „Bundesverdienstkreuz am Bande“. Eine der höchsten Auszeichnungen der Bundesrepublik.
    Da störte es auch nicht, das Deutschland praktisch und realistisch mit über 25 00 Milliarden Euro in die Haftung geht, wenn der Euro crashen sollte, von dem wir aber nicht ausgehen, zum bisherigen Zeitpunkt.

    Die Alternative wären „Eurobonds “ gewesen. Für die Jüngeren hier im Forum, das waren mal Ideen der SPD und der Grünen während der Eurokrise.
    Die Eurobonds aber wollte Merkel nicht. Ihr Ausspruch: “ Nur über meine Leiche“ ist legendär ….

  3. Hallo Ottonorma, 1924 hat man aber dann die Hauszinssteuer eingeführt. Alle Hypotheken wurden so gestellt, wie sie 1918 waren.
    Daher durften die Hausbesitzer nocheinmal anfangen die Hypothek abzuzahlen.
    Aber jetzt mit neuem Geld.
    1952 das Gleiche durch den Lastenausgleich.
    Es ist eben zu einfach für den Staat, den Immobilienbesitzer in die Tasche zu greifen.
    Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages schlägt für das nächste Mal eine sogenannte Soll-Enteignug vor. Somit müsste Vermögen nur geschätzt werden.
    Mal sehen was wann kommt.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  4. Hallo Helmut.
    Das von 924 wusste ich noch nicht oder auch nicht mehr.
    Das die sich was einfallen lassen um den Bürger zur Kasse zu bitten kann man sich denken. Keiner kommt ungeschoren davon.

    1. @ottonorma
      924 ist auch schon 1099 Jahre her. Da kann man schon mal was vergessen 😂🤣

  5. Die linke Seite der Tastatur schlägt verschiedentlich nicht an. Dies betrifft, 1, q, a, y
    und manchmal wie bei so einem kurzen Satz achte ich nicht darauf.
    Aber im Grunde war der Satz an Helmut gerichtet. Nett das Sie mich beobachten und auf den Fehler hinweisen.
    Weiter so !!
    Wer nichts zu tun hat kümmert sich auch um so einen Blödsinn.

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