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Falken gegen Tauben EZB: Müssen Zinsen weiter sinken, weil Wirtschaft so schwach ist?

EZB: Müssen Zinsen weiter sinken, weil Wirtschaft so schwach ist?
EZB in Frankfurt. Grafik: digograndi-Freepik.com

Die EZB wird in der kommenden Woche ihre Zinsentscheidung verkünden. Eines scheint aber jetzt schon festzustehen: Die Zinsen werden weiter sinken. In den vergangenen Tagen haben bereits mehrere EZB-Mitglieder signalisiert, dass es zu einer Zinssenkung im Oktober kommt. Ein entscheidender Grund, warum die EZB ihre Lockerung der Geldpolitik vorantreibt, dürfte die anhaltend schwache Wirtschaft in der Eurozone sein. Der französische Notenbankchef, François Villeroy de Galhau, sagte am Mittwoch, dass die EZB nächste Woche höchstwahrscheinlich die Zinsen senken wird und auch danach am Lockerungskurs festhält. Laut Bundesbank-Chef Joachim Nagel droht der Wirtschaft im Euroraum sogar ein noch geringeres Wachstum, sollte Donald Trump die Präsidentschaftswahl gewinnen.

EZB signalisiert sinkende Zinsen

Die Europäische Zentralbank wird die Zinsen in der kommenden Woche höchstwahrscheinlich senken, so Ratsmitglied François Villeroy de Galhau. Je nach Fortschritten bei der Bekämpfung der Inflation könnte die Geldpolitik in den kommenden Sitzungen dann weiter gelockert werden.

“Eine Senkung ist sehr wahrscheinlich und zudem wird es nicht die letzte sein, aber das weitere Tempo wird einfach von der Entwicklung des Kampfes gegen die Inflation abhängen”, sagte er am Mittwoch im Radiosender Franceinfo.

Die Erwartungen an eine weitere Zinssenkung in der kommenden Woche sind von nahezu null nach der Sitzung im September auf nahezu sicher in den letzten Wochen gestiegen. Die Inflationsdaten zeigen, dass die Teuerung zum ersten Mal seit mehr als drei Jahren unter dem 2%-Ziel der EZB liegt, während die Umfragen auf eine Verschlechterung der Wirtschaftstätigkeit hindeuten.

Die Anleger kalkulieren inzwischen eine Wahrscheinlichkeit von rund 90% ein, dass der Einlagensatz im Oktober um 25 Basispunkte gesenkt wird.

Schrittweises Vorgehen

Villeroy sagte, die Inflation werde zu Beginn des nächsten Jahres in Frankreich und im weiteren Verlauf des nächsten Jahres in ganz Europa dauerhaft bei zwei Prozent liegen, auch wenn in den kommenden Monaten einige „Höhen und Tiefen“ möglich seien.

Auf die Frage, ob die EZB das Tempo der geldpolitischen Lockerung erhöhen könnte, sagte Villeroy, die EZB werde volatile Maßnahmen vermeiden.

„Wir sind es gewohnt, schrittweise vorzugehen, das heißt entschlossen, aber ohne allzu große Zinssenkungen zu unternehmen“, sagte er.

Wirtschaft bereitet Sorgen

Europas Wirtschaft würde laut Bundesbank-Chef Joachim Nagel einem deutlich geringeren Wirtschaftswachstum und mehr Inflation entgegensehen, sollte Donald Trump die US-Präsidentschaftswahlen gewinnen.

Ein Wahlsieg Trumps “könnte mit drastischen Zollerhöhungen, einer expansiven Fiskalpolitik und einer starken Einschränkung der Zuwanderung einhergehen”, sagte Nagel am Dienstag bei einer Rede beim Hauptstadtempfang der Bundesbank in Berlin.

“Würden Trumps Ankündigungen umgesetzt, könnte dies im Euroraum und in Deutschland zu spürbaren Wachstumseinbußen führen”, führte er aus. “Das läge nicht nur an den Folgen gravierend höherer Zölle, die direkt oder indirekt unsere Exportwirtschaft beeinträchtigen würden. Sondern auch die Unsicherheit wäre bedeutsam, die ein Wahlsieg Trumps in Europa auslösen dürfte.”

Zinssenkungen: EZB dürfte die Zinsen weiter senken, weil die Wirtschaft schwach ist
Das Wachstum in der Eurozone ist gedämpft, aber die Inflation verlangsamt sich.

Aufgrund der im Vergleich zum restlichen Euroraum überdurchschnittlichen Handelsverflechtung Deutschlands mit den USA könnten die negativen Effekte für Deutschland größer sein als für den Euroraum, gab der Bundesbankchef zu bedenken.

“Im Jahr 2023 war Deutschland mit Abstand der größte Exporteur Europas in die USA”, so Nagel. “Auch der Anteil der Exporte in die USA an den gesamten Exporten lag höher als in den meisten EU-Mitgliedsländern.”

Im Falle von massiven Zollerhöhungen und wahrscheinlichen Gegenzöllen wäre es laut Nagel plausibel, dass der negative Effekt daraus stärker auf die US-Wirtschaft wirkt als der fiskalpolitische Stimulus. “In einem solchen Szenario wäre außerdem ein erheblicher Inflationsanstieg in den USA möglich, denn durch Zölle steigen die Preise für Importwaren”, so der Bundesbank-Chef. “Die amerikanische Zentralbank könnte dadurch zu Leitzinsanhebungen veranlasst werden.”

Ein Wahlsieg von Kamala Harris dürfte hingegen “größere Kontinuität in der Handels- und Wirtschaftspolitik bedeuten”, so Nagels Einschätzung.

FMW/Bloomberg



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