Devisen

EZB-Vize Constancio versucht mit Verbalintervention den Euro zu bremsen

Mit wenig überzeugenden Argumenten versucht jetzt EZB-Vize Constancio die Erwartungen der Märkte zu dämpfen und damit den Euro-Anstieg zu bremsen. Aber die Märkte realisieren, dass die EZB nur noch bluffen kann und keine Munition mehr hat..

FMW-Redaktion

Heute Nacht war der Euro über die 1,23er-Marke gestiegen und damit auf den höchsten Stand seit drei Jahren – all das wohl noch eine Folgewirkung des EZB-Protokolls aus der letzten Woche, wonach die EZB ihre „guidance“ schon Anfang 2018 überdenken wolle. Aber der Anstieg der Gemeinschaftswährung schmeckt der EZB nicht, schon am letzten Freitag hatte Bundesbankchef Weidmann, designierter Nachfolger Draghis, eher zaghaft versucht, die scheuen Pferde wieder einzufangen – jedoch ohne Erfolg. Also kommt nun der nächste Versuch, heute durch EZB-Vize Constancio, in einem Interview mit der italienischen „Repubblica“ (wir zitieren im Folgenden Constancio in der englischen Version auf der Homepage der EZB).


Von Chatham House – Vítor Constâncio, Vice President, European Central BankUploaded by January, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25082711

Keine Frage: die EZB ist in einer eher unangenehmen Lage! Man weiß, dass wiederum die Märkte wissen, dass so furchtbar viel geldpolitische Munition nicht mehr vorhanden ist – die EZB hat also wenig Möglichkeiten, zu bluffen. Also muß Constancio Argumente finden, warum der Anstieg des Euro angeblich nicht gerechtfertigt sei – und der Portugiese meint, dass die schnelle Aufwertung des Euro deshalb nicht gerechtfertigt sei, weil sich ja an den Fundmantaldaten wenig geändert habe:

„Looking at fundamentals, inflation declined slightly in December. As it is known, we don’t target the exchange rate. But I am concerned about sudden movements which don’t reflect changes in fundamentals.“

Dem kann man in zweierlei Hinsicht widersprechen: ersten haben sich die Fundamentaldaten deutlich geändert, etwa durch das überraschend starke Wachstum in Frankreich, jenes für die Eurozone so wichtigen Landes. Insgesamt zeigen die Fundamentaldaten vor allem in der Euro-Peripherie nach oben, in Deutschland herrscht Hochkonjunktur, die europäischen Einkaufsmanagerindizes zeigen, dass die Lieferzeiten immer länger werden, weil die Firmen mit der Abarbeitung der Aufträge nicht mehr hinterher kommen.

Und zweitens: Märkte handeln vor allem Zukunftserwartungen, und wie Constancio in dem Interview selbst bemerkt, sind die USA Europa konjunkturell voraus, sodass ein irgendwann gar nicht zu vermeidender Abschwung zuerst in den USA einsetzen wird!

Nun will Constancio die Erwartungshaltung der Märkte beeinflußen und suggerieren, dass eine wirkliche Änderung der Geldpolitik noch lange nicht anstehe:

„We are not changing the path of our monetary policy. With the decision to halve our monthly bond purchases we have adapted our monetary policy to the new economic context and consequently to the higher inflation ahead. But this does not mean that monetary policy will not remain very accommodative for a long time. We see no inflation risks. We should not choke off growth too soon.“

Genau das aber nehmen die Märkte Constancio nicht ab! Also bleibt als eines der wenigen wirklich stichhaltigen Argumente für Constancio nur die Erwähnung der (offiziell!) niedrigen Inflation – bezieht man jedoch die Vermögenspreise mit ein, haben wir jedoch bereits eine sehr hohe Inflation:

„Growth is accelerating but inflation is still not meeting expectations. In particular, the so-called “core inflation” for December – excluding food and energy components – has been disappointing: it fell to 0.9% because wages still aren’t growing sufficiently.“

Dabei weigert sich Constancio, die immens gestiegenen Vermögenspreise etwa am deutschen Immobilienmarkt wirklich zur Kenntnis zu nehmen – das sei doch keine Blase, ebenso wenig wie an den Aktienmärkten und bei europäischen Unternehmensanleihen (die tweilweise Negativrenditen aufweisen oder derzeit gar im Bereich „Junk Bonds mit nur 2% rentieren, in den USA dagegen mit über 6% – also klarerweise eine Blase!) so der Portugiese:

„There is no risk of bubbles in general, not in any market in the euro area. In the housing market, average prices are in line with fundamentals, which can be estimated using various methods. In Europe, the same is true of the stock markets and the corporate bond market. The only market experiencing pressure is the commercial property market, but this does not imply systemic risks, as the residential property market would. There are hot spots concentrated in certain cities, of course, but macroprudential measures have been announced or adopted in some countries, such as the Netherlands, Belgium and France. And Germany may now also do the same.“

Was aber ist dann das große Risiko, das zu fürchten ist? Constancio meint: zu schnell steigende Anleiherenditen (bekanntlich sind die Anleiherenditen in den letzten Wochen sehr stark gestiegen):


„Risks to the global economy come mainly from the possible reversal of risk premia in bond markets. A fall in prices and an increase in yields, if sudden and disorderly, could be a threat. We hope that the adjustment to increased growth, and higher inflation in the future, will be gradual.“

Fazit: der Versuch Constancios, die Erwartungshaltung der Märkte durch beschwichtigende Aussagen zu dämpfen, hat wenig Aussicht auf Erfolg! Das alles überzeugt nicht wirklich , und der Devisenmarkt wird den Euro weiter nach oben treiben und so der EZB klar machen, dass man ihrem Bluff nicht glaubt!



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1 Kommentar

  1. da wird gedruckt bis zum Ende. Wie lange denke die Herren in der EZB wird dieser Aufschwung noch dauern… 10 Jahre? haha!

    Wird Zeit, dass die Zinsen normalisiert werden, sonst kommt die nächste Krise und die Zinsen stehen bei 0%. Dann holt man eben den Panzer raus, weil die Bazooka dann nichts mehr bringt. Vielleicht ist das ja auch sogar gewollt. Dann kann sich die EZB wieder zum Retter aufspielen!

    Nicht, dass noch jemandem einfällt, dass man die EZB gar nicht braucht. Warum lässt man denn im freien Markt nicht die Zinsen auch vom Markt bestimmen?

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