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Anleger, achtet auf die Signale! Über das Zins-Paradox Fed: Je höher Zinsen steigen, umso niedriger langfristige Zinsen

Fed Zinsen Powell

Fed-Chef Powell hat gestern einmal mehr die Aktienmärkte begeistert, trotzdem er weitere Anhebungen der Zinsen angekündigt hat. Die Aktienmärkte gehen davon aus, dass die Fed absehbar die Zinsen wieder senken muß.

Warum wurden die Financial Conditions in den USA seit 90 Tagen immer laxer? Vermutlich weil der (Anleihe-)Markt weiß, dass mit jeder Zinsanhebung die Wahrscheinlichkeit größer wird, dass sich die Wirtschaft stark abschwächt und die Notenbank die Zinsen wieder senken muss.

Da hilft auch nicht mehr die Beteuerung von vielen Notenbankern: Longer for Higher. Bei 94 Billionen Dollar Schulden und bald über einer Billion Dollar jährlicher Aufwendungen für Zinszahlungen im US-Staatshaushalt wird der Spielraum für Zinsanhebungen immer geringer. Dies erklärt auch ein wenig die Reaktion der Aktienmärkte, wenn ein Ende der monetären Geldstraffung in absehbare Nähe kommt. Eben der monetäre Faktor, wenngleich hier ein anderes Problem damit verbunden ist.

Zinsen: Das Dilemma für Fed-Chef Powell

Erst am gestrigen Abend im Interview mit David Rubenstein beim Economic Club in Washington konnte man die große Unsicherheit des Notenbankchefs Powell über den weiteren Verlauf von Inflation und deren Bekämpfung hören. Zwar betonte er die Bereitschaft die Inflation weiter zu bekämpfen, bis zum Ziel von zwei Prozent. Unter Umständen auch mit mehr und größeren Zinsschritten. Aber gleichzeitig hob er hervor, dass man sich nach den hereinkommenden Daten richten werden werde (data dependency).

Der Arbeitsmarktbericht sei auch für ihn überraschend gewesen, die 517.000 neu geschaffenen Stellen habe er nicht erwartet. Echt jetzt, trotz seiner 12 Regionalbanken, die mit ihren Hunderten Ökonomen und ihren Kontakten zur Wirtschaft permanent die ökonomische Lage sondieren?

Was eigentlich zur Schlussfolgerung führen muss: Die Fed weiß auch nicht mehr über die Entwicklung der Wirtschaft, jedenfalls nicht mehr als die Anleihe- oder Aktienmärkte. Dies erklärt im Nachhinein auch, warum man über ein Jahr völlig falsch mit der Einschätzung der Inflation gelegen hat.

Aber warum hat Jerome Powell am Dienstag die Gelegenheit nicht genutzt, um dem „hawkishen“ Wording seiner Fed-Regionalchefs zu folgen? Ist ihm politisch die Lage der USA bewusst, bei den großen Schulden und dem bevorstehenden US-Wahlkampf? Mit jeder Zinsanhebung dürfte der Widerstand aus dem Lager der regierenden Demokraten größer werden.

Die Wortführerin bei den vielen Brandbriefen an den Fed-Chef, Senatorin Elizabeth Warren:

Tweet Elizabeth Warren Fed Powell Zinsen

Der starke Arbeitsmarkt = eine Wirtschaft ohne Rezessionsgefahr?

Mehrfach hatte die Vorgängerin Jerome Powells bei der Fed, die jetzige Finanzministerin Janet Yellen zuletzt betont, bei einem derart starken Arbeitsmarkt könne es gar nicht zu einer Rezession kommen.

Wirklich?

Eine tiefe Arbeitslosigkeit ist geradezu die Voraussetzung für eine kommende Rezession. Warum? Weil die Fed in der Sicherheit eines scheinbar starken Arbeitsmarktes und einer stabilen Wirtschaft historisch stets mit ihren Zinsschritten übertrieben hat.

Hier zwei Grafiken aus einem Tweet von Michael Lebowitz, die das Geschriebene untermauern:

Tweet Michael Lebowitz

Bei einem Tief der Arbeitslosigkeit kam es regelmäßig zur wirtschaftlichen Schrumpfung:

Unemployment and Recessions

Dies war stets die Folge für den Arbeitsmarkt. Auch wenn es in diesem Zyklus mit den vielen offenen Stellen (JOLTs) etwas milder ablaufen könnte. Da wäre sie wieder – die große Hoffnung auf ein Soft Landing.

Der starke Arbeitsmarktbericht hat die Investoren natürlich überrascht, die Anleihemärkte zu einer kleinen Neubewertung veranlasst. Aber sehr stark ist der eingepreiste Zins-Peak im Vergleich zum November nicht angehoben worden.

Tweet Sonders Fed Funds Rates Expectations Zinsen Powell Fed

Ob nun einen Monat früher oder später, ob der Zinsgipfel bei 5,1 oder 5,3 Prozent erreicht wird: Die wende der Fed bei den Zinsen wird kommen. Eine so stark verschuldete Gemeinschaft kann keine derartig starke Anhebung der Zinsen für längere Zeit durchhalten.

Tweet Bilello Market Expectations Ziinsen Fed Powell

Fazit

Diese Erkenntnis stammt schon aus den Hochzeiten von Fed-Chef Alan Greenspan (dem Magier der Märkte), getätigt von Investmentkönig Peter Lynch: Die Fed kann mit ihren Anhebungen der Zinsen zwar die kurzfristigen Anleiherenditen bestimmen. Aber die langfristigen formt der Kapitalmarkt.

Dies gilt zumindest wieder seit dem Ende von Quantitative Easing.

In überwiegender Form mittels der Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen – als Benchmark für viele Konsumentenkredite. Diese liegen schon einige Monate unter dem Leitzins, weil die Bondmärkte die Überzeugung haben, dass der Zinszyklus in absehbarer Zeit ein Ende haben wird. So bizarr es sich anhören mag: Desto schärfer die Fed die Zinsen anhebt ist, desto hawkisher sie in ihren Statements bleibt, umso tiefer sinken die Zinsen für die Zukunft. Was im Umkehrschluss auch bedeutet: Desto niedriger der Zinsgipfel, umso höher können die langfristigen Zinsen bleiben. The new normal.

Kann irgendjemand plausibel erklären, warum die Wirtschaft über Jahre hinweg Niedrigstzinsen gebraucht hat, um wenigstens das Trendwachstum zu erzielen? Warum man sieben Dollar Schuldenaufnahme aufgewendet hat für einen Dollar Wachstum? Diese Schulden sind weiter existent. Und jetzt sollen sich Zinssteigerungen von bald 500 Basispunkten innerhalb eines Jahres nicht auf das Wirtschaftswachstum auswirken? Zumal die USA stramm auf die Schuldenhöhe von 100 Billionen Dollar zumarschieren und bald Anleihen im Wert von Billionen Dollar umgeschichtet werden müssen.

Eine ziemliche Zwickmühle, in der sich die US-Notenbank Fed befindet. Ein klein wenig hat sie selbst schuld daran, da sie zwei Jahre die Inflationsentwicklung in den Vereinigten Staaten notorisch schlecht eingeschätzt hat.

Oder wie es alte Börsenhasen schon so oft ausgedrückt haben: Die Fed hat bei ihren (späten) Zinsaufschlägen historisch regelmäßig die Wirtschaft in eine Rezession getrieben.

Noch anders ausgedrückt: Wer zu spät kommt, den bestraft der Kapitalmarkt.



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10 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Staatsverschuldung und Inflation gehören unmittelbar zusammen. Sehr hohe Inflationen entspringen immer einer zu hohen Verschuldung.

    Die Staaten versuchen sich immer und zwar immer, ohne Ausnahme, über die Inflation, auf Kosten ihrer Gläubiger zu entschulden. Es wäre dann die Aufgabe der Notenbanken ,dem entgegen zu wirken und die Rechte und Ansprüche der Gläubiger durch hohe Zinsen zu schützen….

    Soweit die Theorie….

    ABER ! ! ! Dazu ist aber keine Notenbank mehr bereit. Die „Volckers und Schlesingers“ vergangener Tage sind ausgestorben.

    Bei der FED kommt aber jetzt ein entscheidendes Problem dazu: James Bullard ist nicht mehr stimmberechtigt.

    Somit haben die „Tauben “ in der FED endgültig die Oberhand über die Geldpolitik gewonnen.

    Aber das war abzusehen. Ich habe hier schon Ende 2021 geschrieben:“ Egal was passiert, die Realverzinsung wird in allen, massgeblichen Währungsräumen negativ bleiben. „.
    Und nur die endgültige Realverzinsung zählt an den Märkten. Nicht die Nominalverzinsung!

    Als Realverzinsung bezeichnen wir in der Volkswirtschaft die „Zinsen nach Abzug der Inflation“ .

    Man muss dazu aber den Unterschied zwischen absolut und relativ kennen ! Zwischen Nominal und Real !

    Anfang des Jahres 2022 gingen die Märkte, kurzzeitig davon aus, das sich beide Kurven bald wieder überschneiden, das die Renditen wieder stärker hoch kommen und die Inflation wieder stärker sinkt.
    Das also wieder eine positive Realverzinsung entsteht. Seit dem Oktober 2022 wissen die, es passiert nicht mehr. Für lange Zeit nicht mehr!
    Denn was war passiert….? Die FED hätte ihr „Mäuschen „vorgeschickt und das Mäuschen schrie frei übersetzt Entwarnung, April, April, war alles nicht so gemeint, die Realverzinsung bleibt weiterhin stark negativ!

    Somit fiel allein die Rendite der Zehnjährigen -von 4,33 auf aktuell unter 3,7 Prozent…und bleibt damit weiterhin, real gesehen, im negativen Bereich.
    Auch alle anderen Renditen unterschiedlicher Laufzeiten fielen…
    Alles bleibt real gesehen, also nach Abzug der Inflation, im negativen Bereich, über alle Laufzeiten, vom Tagesgeldkonto bis zur 30 Jährigen!
    Das ist der alles entscheidende Unterschied zu damals, zu den Blasen der Jahrtausendwende und der Immobilienblase von 2007 !
    Denn damals hatten wir eins: Positive Realzinsen!

  2. Eine ausgezeichnete Sicht auf die Dinge. Sehe keinen Fehler, sondern halte es für Absicht, denn die Billionen Zinsen zahlen ja nicht alle, ein paar wenige erhalten diese. So kamen ja auch die selben Wenigen nur in den Genuss der Nullzinsen, während all die anderen die Inflation tragen müssen. Es ist der größte staatlich organisierte Raubüberfall in der Menschheitsgeschichte mit seinen Werkzeugen Pandemie und Krieg. Jerome Powell, Yannet Jellen, Christine Lagarde sind nicht unwissend oder gar dumm, sondern die Marionetten der Profiteure.

    1. Und Warren Buffett hat das alles auch so kommuniziert!

    2. Nicht zu vergessen: Auch der Staat hat von den Niedrigzinsen profitiert – und z.T. für’s Schuldenmachen sogar noch Geld bekommen – und das Geld dann an die „Allgemeinheit“ verteilt – wie z.B. bei den Corona-Förderprogrammen und sonstigen Hilfsprogrammen (Energiepreiskrise etc.). Also hat auch der „kleine Mann“ via Staatsverschuldung von den niedrigen Zinsen profitiert. Das heißt aber nicht, dass bei der sozialen Gerechtigkeit nicht noch eine gewaltige Strecke zu bewältigen wäre…

  3. Staatsverschuldung und Inflation gehören unmittelbar zusammen.
    Herr Dr. Schaarschmidt, da gehört ja immer auch eine Notenbank dazu, wie sie es ja auch beschreiben.
    Die eigentlichen Werte unserer globalen Weltordnung liegen doch in 3 grundsätzlich Werten.
    (Bitte verbessern sie mich.)
    1. Rohstoffe
    2. Menschen die diese Rohstoffe verarbeiten.
    3. Rahmenbedingungen, staatliche Institutionen, die den Wert nachhaltig zum Wohl einer großen Mehrheit der Menschen realisieren können.
    Zusätzliche Bedeutung haben, die Nachhaltigkeit und ein, aus meiner Sicht entscheidender Faktor, wie kann das gegenwärtige Kapital auf die zukünftigen Entwicklungen Einfluss nehmen.

    Da sich herausgestellt hat, dass Kapitel extrem kurzsichtig ist, liegt die größte Chance darin, langfristig zu denken.
    Ich habe einen 3 jährigen Sohn.
    Mein Vater ist 85 Jahre älter als er.
    Wenn ich mir wünsche, dass mein Sohn auch so alt wird, zählt wir das Jahr 2105.
    Wenn ich mir heute die Welt in 85 Jahren ausmahle, wie sollte sie dann aussehen?

    Unglaublich. Ich mache mir mittlerweile selbst Vorwürfe, wie ich meinem Sohn in so einer Welt setzen konnte. Ja, es war egoistisch von mir, weil ich so gerne noch Vater werden wollte.
    Und ja, wir müssen uns über größere Probleme Sorgen machen, als um Inflation, wenn wir Kinder oder Enkelkinder haben.

    Ein Beispiel: wenn ich das richtig mitbekommen habe, haben wir 2011 die letzten Staatsschulden unseres werten Keiser Wilhelm, aus dem 1. Weltkrieg, zurückbezahlt.
    Folgerichtig müssen unsere Urenkel die Schulden zurückbezahlen, die wir jetzt aufnehmen.
    Ist das so richtig?

    Das bedeutet doch für uns, dass wir jede Entscheidung die wir (vor allem politisch) treffen, daraufhin untersuchen müssen, ob sie, bis zur endgültigen Tilgung, (in ca. 100 Jahren) einen Mehrwert haben, da unsere Enkelkinder bis dahin die Tilgung und Zinsen bezahlen müssen.

    Ich habe nur die Hauptschule besucht und meinen Meisterbrief im Handwerk.
    Aber ich könnte mich übergeben, wenn ich sehe wie kurzsichtig diejenigen unterwegs sind, die hier, die ganz großen Entscheidungen treffen.

  4. „Kann irgendjemand plausibel erklären, warum die Wirtschaft über Jahre hinweg Niedrigstzinsen gebraucht hat, um wenigstens das Trendwachstum zu erzielen? Warum man sieben Dollar Schuldenaufnahme aufgewendet hat für einen Dollar Wachstum?“

    Na das ist ja nun wirklich nicht schwer. Der Grund ist das das Produktivitätswachstum spätestens 2000 zum erliegen gekommen ist (zumindest in den entwickelten Volkswirtschaften, global gilt das nicht). Das hat mehrere Ursachen, die sich gegenseitig verstärken. Ich möchte mal drei wesentliche Gründe auflisten wobei die Reihenfolge nicht entscheidend ist.

    1. Das entstehen der neuheidnischen Öko- und Klimarelegion. Da das Produktivitätswachstum entsprechend dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ausschließlich von der Energiedichte der systemtreibenden Primärquellen abhängt drückt deren Beschränkungsversuch sofort die Produktivität. Unsinnige Vorschriften, also staatlich vorgeschriebene kultische Handlungen verstärken den Effekt.

    2. Direkt damit zusammenhängend ist ein Ausdehnung des bürokratischen Apparates. Zwar muss dieser, ebenfalls bedingt durch den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, mit einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft wachsen, allerdings bei weitem nicht in dem Maß, in dem er das tut. Gleichzeitig werden durch den bürokratischen Apparat auch ständig weitere Bullshit Jobs, also Beschäftigungstherapie ohne jeglichen Nutzen, in Gang gesetzt, die Ressourcen aus dem Produktivsektor völlig sinnfrei verschleißen.

    3. Die Ausdehnung des Sektors „persönlicher Dienstleistungen“. Diese haben nämlich die unangenehme Eigenschaft das sie per se nicht Rationalisierungsfähig sind, sprich, deren Produktivität ist nicht steigerungsfähig. Die hier gebundenen Ressourcen fehlen ebenfalls an anderer Stelle.

    Hätte das nicht schon viel früher auffallen müssen? Nein, denn das wurde durch zwei gegenläufige Tendenzen überdeckt. Die erste ist der immense Produktivitätsschub in Ostasien, das immerhin ein Viertel der Weltbevölkerung stellt. Ein erheblicher Teil der dort erzielten Produktivitätsfortschritte konnte über den „Lieferketteneffekt“ in die entwickelten Staaten transferiert werden. Ein weiterer Effekt ist das Kippen der Demographie. Dadurch konnte ein Teil des „Humankapitals“ aus dem gesellschaftlichen Kapitalstock gezogen werden. Der erste Trend schwächt sich nun ab und der zweite kippt jetzt in seine negative Seite.

    Für die „Renditen“ hat das erhebliche Konsequenzen. Renditen sind immer leistungslose Einkommen. Wächst die Produktivität, dann stellt genau dieses Produktivitätswachstum die (reale) Rendite dar. Wächst die Produktivität in Summe nicht, wird über das Vehikel „Rendite“ lediglich Vermögen umverteilt.

    Für die „Finanzmärkte“ hat das ebenfalls einige Konsequenzen. Die realen Zinsen sinken auf 0. Und das dauerhaft. Aktuell sind sie an allen Fronten real massiv negativ, da nicht eintreibbare Schulden aus der Volkswirtschaft ausgebucht werden müssen.
    Die „Finanzmärkte“ selbst verwandeln sich dabei in ein reines Spielcasino, indem die Realwirtschaft nur noch in sofern eine Rolle spielt, indem sie die Menge der auf die Tische geworfenen Jetons beeinflusst.

    Der Spieler selbst muss sich nun mit der Realwirtschaft überhaupt nicht mehr befassen, sondern kann sich darauf konzentrieren das Verhalten seiner Mitspieler zu analysieren, denn das ist, neben dem reinen Glück beim austeilen der Karten, entscheidend für Gewinn oder Verlust.

  5. „Wenn ich mir heute die Welt in 85 Jahren ausmahle, wie sollte sie dann aussehen?“

    Das ist vielleicht schön um seine Phantasie zu entwickeln, ansonsten aber ein völlig sinnloses Unterfangen.
    „Langfristiges denken“ ist in evolutionären Systemen und Gesellschaften sind evolutionäre Systeme, per se nicht möglich. Denn diese sind weder vorhersagbar noch steuerbar. Die Evolution belohnt immer und ausschließlich den kurzfristigen Vorteil. Und das kann auch nicht geändert werden, da es eine konstituierende Eigenschaft des Seins selbst ist.

    Das Menschen grundsätzlich einer Kontrollfiktion unterliegen hat ebenfalls evolutionäre Gründe, denn die Entwicklung selbiger stellte einen Überlebensvorteil dar.

    „Unglaublich. Ich mache mir mittlerweile selbst Vorwürfe, wie ich meinem Sohn in so einer Welt setzen konnte.“
    Dazu besteht nicht der geringste Grund. Man muss sich halt entscheiden ob man dem Leben an sich positiv gegenüber steht oder nicht. Und wenn nicht dann kann man sich auch gleich die Kugel geben. Leider tun diese Typen das in der Regel nicht, sondern versuchen statt dessen dem Rest der Welt ebenfalls das Leben zu vergällen.

    Kommen wir nun zu dem weit verbreiteten Irrtum der „Verschuldung der nächsten Generation“. Schulden stehen immer (Geld)vermögen in exakt gleicher Höhe gegenüber. Die nächste Generation „erbt“ aber nicht nur die Schulden, sondern auch die Vermögen. Verschuldung und Vermögen sind daher ein Problem innerhalb einer Generation aber niemals zwischen den Generationen. Wobei der Erbe der Schulden selbiges ja einfach mal ausschlagen kann. Dann schaut der Gläubiger dann in die Röhre.

    Das einzige was eine abtretende Generation der Nächsten hinterlassen kann ist ein Kapitalstock der aus Gütern mit langer Haltbarkeit besteht. Also Infrastruktur, Häuser, Fabriken, aber auch Wissen und Knowhow. Aber ein „Anrecht“ hat die nachfolgende Generation darauf nicht.

    Kommen wir noch zu Ihren drei Punkten am Anfang:

    1. Rohstoffe => korrekt
    2. Menschen die diese Rohstoffe verarbeiten. => korrekt

    3. Rahmenbedingungen, staatliche Institutionen, die den Wert nachhaltig zum Wohl einer großen Mehrheit der Menschen realisieren können.

    Wie schon gesagt ist „Nachhaltigkeit“ im Sinne von langfristiger Steuerung auf ein Ziel hin ein völlig sinnloses unterfangen. Hinzu kommt noch das das erstrebenswerte Ziel nicht nur bei jedem Individuum ein völlig anderes ist (weshalb der kantsche Imperativ auch keine intellektuelle Glanzleistung, sondern ein logischer Unfall ist), sondern auch noch zeitlich variabel. Weshalb es so etwas wie ein „Gemeinwohl“ auch nicht gibt. Das wird immer nur von Kollektivisten als Herrschaftsbegründungsinstrument verwendet.

    1. Diogenes für die Tonne

      Uiuiui! Die Anzahl der Philosophen auf FMW scheint mit jedem Tag überproportional zu wachsen. Das ist sicher auch so eine kurzfristige Laune der Evolution 😄

      „Die Evolution belohnt immer und ausschließlich den kurzfristigen Vorteil. Und das kann auch nicht geändert werden, da es eine konstituierende Eigenschaft des Seins selbst ist.“
      Und das bei einem Zeitraum von 85 Jahren!
      Da muss dem Sein bei seinem Evolutionswerkzeug aber ein gewaltiger Konstruktionsfehler unterlaufen sein. Zumindest, was folgende Zeitgenossen betrifft:
      https://www.bz-berlin.de/archiv-artikel/groenlandhai-aeltestes-tier-der-welt-400-jahre-alt
      https://www.weltderwunder.de/500-jahre-das-sind-die-aeltesten-tiere-der-welt/

      Allerdings, betrachtet man Homo oeconomicus mit seiner Sucht nach Umwelt- und Meeresverschmutzung ebenfalls als Instrument der Evolution, ist das Sein selbst für diese Methusalems der Evolution bald vorbei. Philosophisch betrachtet wäre das allerdings eine Tautologie ohnegleichen; idem per idem, wie der Philosoph zu sagen pflegt.

  6. thinkSelf,
    das mit dem Erben, bzw. der Möglichkeit das Erbe auszuschlagen, da sehe ich aber ausgesprochen große Lücken in ihren Überlegungen.

    1. Beispiel: wann konnten wir den das Erbe (die Schulden die der Keiser Wilhelm aufgenommen hat) ausschlagen? Müssen nicht noch unsere Kinder die Schulden aus dem2. Weltkrieg abstottern? Haben unsere Kinder (abgesehen von einigen Autobahnen) einen Mehrwert, für denen es sich lohnt Steuern zu bezahlen?

    2. Beispiel. Wenn wir heute Kern- Brennstäbe irgendwo vergraben, und die nächsten 50 Generationen müssen aufpassen, das sich keiner daran vergreift, wann können unsere Kinder dieses Erbe ausschlagen?
    Wenn wir und unsere Landwirte Glyphosat, Pestizide, Herbizide, Fungizide und andere Giftstoffe weiträumig verteilen, werden diese erst in ca. 40 Jahren im Trinkwasser ankommen.
    Wenn Freaking betrieben wird, könnten Jahrzehnte später Giftstoffe aufsteigen und ebenso das Grundwasser verseuchen.
    Plastik das sich in den Weltmeeren sammelt, Microplastic und, und, und .

    Wann ist der Zeitpunkt um das Erbe auszuschlagen?

    1. „Wenn Freaking betrieben wird, könnten Jahrzehnte später Giftstoffe aufsteigen…“ 🤣 Die armen Freaks müssen wohl für alles herhalten…😂

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