Gold/Silber

Gold: Warum der Markt weiterhin im Krisenmodus bleibt!

Ein Stapel Gold Barren

Der Markt für Gold befindet sich seit Wochen in einer Krisensituation, wie man sie bislang noch nie erlebte. Am Goldpreis selbst können Sie diese Krisensituation nicht sofort ablesen. Es sind die Preisunterschiede zwischen dem Terminmarkt und physisch zu lieferndem Gold, die die Krise anzeigen. Und obwohl es diverse Versuche gab, die Situation zu entspannen, gelang es bis jetzt nicht.

Das Problem begann vor einigen Wochen. Der Preis für physisch zu lieferndes Gold koppelte sich vom Preis am Terminmarkt ab. Normalerweise gibt es nur einen winzigen Preisunterschied, da stets genügend Gold verfügbar ist, um Lieferansprüche zu erfüllen. Doch in Zeiten des Coronavirus ist alles anders. Zunächst stieg die Nachfrage nach physischem Gold an, da vermehrt Anleger aus ihrer Sicht sichere Alternativen zu Bargeld suchten. Das führt nach kurzer Zeit zu einem Anstieg nach Lieferwünschen an den Gold-Börsen Comex in New York und LBMA in London, die beide Warenhäuser für börsenfähige Goldbarren unterhalten, um Lieferansprüche von Futurekäufern zu erfüllen. Gleichzeitig beendeten zahlreiche Scheideanstalten ihre Arbeit, um Ansteckungen unter ihren Mitarbeitern zu verhindern.

Auf der einen Seite leerte sich nun vor allem das Warenhaus der Comex in schnellem Tempo, während auf der anderen Seite kein Nachschub von den Scheideanstalten mehr kam. Schnell konnten sich Edelmetallhändler ausrechnen, wie viele Wochen die Warenbestände der Comex noch ausreichen würden, um die Lieferwünsche der Futurekäufer zu erfüllen. Zwar leerten sich die Tresore der LBMA in London nicht so schnell wie die der Comex. Doch erstens entsprechen die in London lagernden Barren nicht den Spezifikationen, die von der Comex verlangt werden und zweitens gab es Folge der Aussetzung von Linienflügen auch deutlich weniger Transportkapazitäten, um Barren von einem Standort an den anderen zu bringen.

Gold-Future-Verkäufer gerieten in Panik

Die Folge war einsetzende Panik der Futureverkäufer. Der Worst Case Fall wäre, wenn mehr Gold zu liefern wäre, als vorhanden ist. Ein „Failure to deliver“ drohte, was das Vertrauen in die Börse und die Handelspartner, in der Regel große Banken, unterminieren würde. Zudem ergäbe sich die Gefahr einer Kettenreaktion. Denn der Käufer des Goldes hat möglicherweise seinerseits Lieferverpflichtungen, denen er nicht nachkommen könnte, woraufhin dessen Kunde nicht liefern könnte usw.

Um das Risiko eines Failure to deliver zu minimieren, versuchten die Broker, verkaufte Future-Kontrakte zurückzukaufen, um die potentiellen Lieferverpflichtungen zu reduzieren. Typischerweise weiß ein Futureverkäufer nicht, wie viele Kontrakte am Ende tatsächlich physisch bedient werden. In den meisten Fällen „rollen“ die Futurekäufer die Kontrakte am Laufzeitende einfach in den nächsten Kontrakt mit längerer Laufzeit, da sie nur vom steigenden Goldpreis profitieren wollen, nicht aber tatsächlich physisches Gold besitzen. Doch nun ist die Situation eine andere. Untypisch viele Kunden wollten auf einmal pyhsisches Gold haben und es waren viel mehr Kontrakte verkauft worden, als Gold in den Tresoren der Comex lagerte. Also mussten möglichst viele Kontrakte in New York zurückgekauft werden.

Die Folge war (und ist) ein großer Preisunterschied zwischen Gold in New York und Gold in London. Normalerweise gibt es nur einen winzigen Preisunterschied, da Gold gleich Gold ist und an beiden Handelsplätzen genügend Gold vorhanden ist. Doch in den vergangenen Wochen gab es ein wildes Auf und Ab. Mal war Gold in New York fast 80 US-Dollar pro Unze teurer als in London, mal war es in London mehr als 40 US-Dollar günstiger als in New York. Doch die meiste Zeit über ist Londoner Gold bedeutend günstiger als New Yorker Gold.

Dem Gold-Futuremarkt fehlen inzwischen die Händler

Beide Börsen bemühten sich, Druck aus dem Markt zu nehmen. Die Comex legte kurzerhand einen neuen Futurekontrakt auf, bei dem auch Gold nach Londoner Barren-Spezifikation geliefert werden konnte. Ziel war, Marktteilnehmer zum Kauf des neuen, günstigeren Kontrakts zu bewegen und den alten, teureren zu verkaufen. Versicherer begannen, Charterflüge zum Transport von Goldbarren aus London nach New York zu versichern. Scheideanstalten nahmen die Arbeit wieder auf und teilweise setzten Regierungen wie in Australien Unternehmen der Branche sogar auf die Liste essentiell wichtiger Wirtschaftssubjekte, um die Arbeit auch während der Corona-Quarantäne zu ermöglichen. Doch all das half nichts. Den ganzen April über kostete Gold in New York mehr als in London.

Inzwischen lagert in New York so viel Gold wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1992. Das allein sollte ausreichend sein, um die Preisschere zu schließen. Broker könnten New Yorker Futurekontrakte verkaufen, Londoner kaufen und Barren von London nach New York transportieren, bis der Preisabstand so gering ist, dass sich die Geschäfte nicht mehr lohnen. Dass das nicht geschieht, deutet auf das Fehlen von Marktteilnehmern hin. Wahrscheinlich haben sich einige Banken in den vergangenen Wochen die Finger derart am Goldmarkt verbrannt, dass sie jetzt lieber gar nicht mehr handeln, als die an sich risikofreie Chance auf Gewinne wahrzunehmen.

Plan für 20 Millionen US-Dollar Gewinn mit einem Flug London nach New York

Übrigens: Derzeit kostet eine Unze Gold in New York 19 US-Dollar mehr als in London. Würde man auf jeden der 509 Sitzplätze eines derzeit abgestellten Lufthansa Airbus A380 2.411 Unzen Gold, also 75kg, legen, wären das 1.227.199 Unzen Gold, die mit einem einzigen Flug von London nach New York transportiert werden könnten. Pro Unze 19 US-Dollar Preisabstand ergeben 23,3 Millionen US-Dollar Marge, von der Versicherung-, Charter- und Finanzierungskosten beglichen werden könnten. Selbst wenn das absurde drei Millionen US-Dollar wären für einen Flug London-New York, blieben noch immer 20 Millionen US-Dollar risikofreier Gewinn übrig. Dass dies niemand macht, um den Preisabstand zu egalisieren, zeigt, wie groß die Furcht der Banken ist, sich abermals zu verspekulieren.



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12 Kommentare

  1. „Mal war Gold in New York fast 80 $ / Unze teurer als in London, mal war es in London mehr als 40 $ günstiger als in New York. Doch die meiste Zeit über ist Londoner Gold bedeutend günstiger als New Yorker Gold.“
    Das „Doch“ macht Kopfschmerzen, im Zusammenhang mit den oberen beiden Halbsätzen.
    Aber sonst stimmt alles. Auch bei den Händlern ist für privat Gold nur schwer zu bekommen und nicht alles verfügbar. Mal das Gold viel teuerer, als die Comex vorgibt. Und oft gibts kaum Barren, mal keine Münzen oder nur die und die… Man muß nehmen, was da ist. DDR 2.0

    Ich glaub aber, dass beim Sommer-Crash Gold wieder günstig ist. Zu Beginn des Crashs. Aber ich bin natürlich kein Prophet.

    1. Statt „Mal das Gold“ muss es heißen: „Das Gold ist viel teuerer,…“ Es gibt ja immer einen Unterschied, aber der ist normal 10-20%. Jetzt haben wir meistens 40% plus x

  2. Das Papiergold in Papierdollar gibt seit Tagen ab. Eine sehr erfreuliche Entwicklung!
    Ich bin gespannt, ob wir noch dreistellig werden, wenn sämtliche Gold-Derivate das Nadelöhr anvisieren. Der Barren und Münzenbesitzer lacht dann als Letzter 🤑

  3. Pingback: Nachrichten vom 21.04.2020 – Teil 2 | das-bewegt-die-welt.de

  4. Mit Gold spekuliert man nicht. Man kauft es als Vermögensabsicherung in Krisenzeiten.

    Wenn morgen die Währung kollabieren würde, bräuchte man Edelmetalle: aber woher so schnell herbekommen?

    Deshalb muß man das Edelmetall bereits besitzen ohne auf den Gewinn zu achten.
    Dasselbe gilt für Land in Krisenzeiten – Gold hat den Nachteil, dass man es nicht essen kann.

    1. @Adept, woher kommt diese Weisheit, dieses Narrativ? Ich spekuliere seit Jahren mit Gold, sehr gehäuft sogar die letzten zwei Jahre. Und wundere mich dennoch immer noch, wie schnell mit klug positionierten Trades unglaubliche Gewinne zu realisieren sind. Ich kann zwar nicht das Geld daraus essen, ebenso wenig aber auch das Schwermetall an sich.

      Ich persönlich habe diese Gewinne in nachhaltige Landwirtschaftsbetriebe, in den Ankauf von Feldern für die Öko-Land- und Forstwirtschaft vor Ort sowie in wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Energieprojekte investiert. Geht manches davon schief, kostet es mich nicht wirklich etwas Substanzielles hinsichtlich meiner Lebenssituation und Altersvorsorge, außer die viel beschworenen Leistungsträger-Boni und „völlig legitimen“ Gewinne aufgrund des Risikos von bis zu mehreren 1000 EUR täglich. Aber diese habe ich längst beschlossen, in die genannten Projekte fließen zu lassen.

      Warum? Weil man weder Geld, noch Gold essen kann. Und den Mist ins letzte Feuer mitzunehmen, macht auch nur wenig Sinn.

    2. Mein Gott,immer noch dieses Argument!Sie essen Ihre Euroscheine und Zertifikate doch auch nicht auf.Allerdings kann man damit bald tapezieren.Seid klug,anonym kaufen und die Füsse stillhalten einen besseren Ratschlag gibt es nicht!

      1. @Stöcker Wolfgang

        „Anonym kaufen“

        Auch diese äußerst unkluge Idee kursiert immer noch. Wo leben Sie denn? Diese Zeiten sind vorbei. Abgesehen davon, daß anonym kaufen in relevanten Mengen nicht mehr geht, ist das Problem anonym VERKAUFEN!
        Keine Bank, kein Händler akzeptiert mehr größere Mengen Anonymes. Nicht einmal ein paar Unzen!
        Jaaaaa, aber dann bleibt ja noch der Schwarzmarkt. Sehr gut, da macht man dann ordentlich Verluste und daheim erwarten einen ein paar Typen, denen man nur ungern etwas abschlagen möchte.

        1. Mittlerweile sollte es genügend seriöse Nachfrage bei Privatverkauf ohne Legitimation geben. Auch die Privatkäufer wollen sich, wenn möglich, nicht legitimieren müssen.
          Schwarzmarkt bei Gold (999.9), wie soll das gehen???…ist nicht der jetzige Zustand mit den hohen Spreads auf Spot eine Art Schwarzmarkt, solange es Papiergold in gewohntem Ausmaß gibt?
          Jeder Deutsche kann, wenn er will und das Zeug verfügbar ist, zumindest für EUR 9999,99 pro Woche bei EINEM Händler anonym kaufen…wo ist da überhaupt irgendein Problem abgesehen davon, dass das derzeitige Angebot sehr dünn und die Spreads v.a. bei Silber gerade Mondpreisen gleichen.

  5. @Joachim

    Die Sache wird dann aber ziemlich kompliziert. Will ich Gold VERKAUFEN, muß ich mir jedesmal irgendwelche undurchsichtige „Privatkäufer“ suchen und mit denen verhandeln, ob sie mir jetzt den Marktpreis zahlen wollen oder nicht. Möglicherweise finde ich die nur irgendwo an der Grenze zur Illegalität. Nein, danke. Dazu kommt noch, daß ich die Herkunft der eingenommenen Euros erklären muß, will ich sie offiziell verwenden. Oder muß ich die wiederum anonym verwahren oder verwenden? Da wird’s dann kriminell, in diesem Fall verliert Gold für mich seine Funktion als Wertspeicher. Da such ich mir was anderes.

    1. Ja, das mit der Herkunft ist natürlich ein großes Problem.
      Aber den Marktpreis nicht zu bekommen ist völliger Unfug…bei Gold ist der zu bekommende Preis relativ transparent, bei Silber und Platin sind die Sekundärmarktpreise etwas unter dem des jeweilis günstigsten Anbieters…immer, also gerade Mondpreise…

  6. Pingback: STOCK EXCHANGE – THE weekly outlook for Dax, S&P 500, gold & oil price | En24 News

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