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Wer hat Recht? Start der US-Berichtssaison Hoffnung auf Zins-Wende der Fed gegen Rezession! Videoausblick

Niedriger als erwartet aufgefallen US-Erzeugerpreise sorgten gestern für Euphorie bei den Wall Street-Indizes – vor allem die großen Tech-Aktien aus dem Nasdaq profitierten von der Hoffnung auf eine Wende der Fed und ignorierten dabei, dass diese Zins-Wende der US-Notenbank nur dann kommt, wenn die US-Wirtschaft in eine Rezession fällt! Heute kommen wichtige Daten, die zeigen, wie groß die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Rezession in den USA ist: um 14.30 die US-Einzelhandelsumsätze und heute Mittag der Start der US-Berichtssaison mit den Zahlen der Banken. Entscheidend sind dabei vor allem die Ausblicke der Banken und die Aussagen zu Kreditvergabe und Bankeinlagen. Während die Aktienmärkte wegen der Hoffnung auf eine Wende der Fed stiegen, sind die Erwartungen der Anleihemärkte für den nächsten Zins-Schritt unverändert geblieben – die Renditen für Staatsanleihen sind gestern gestiegen und nicht gefallen..

Hinweise aus Video:

1. Notkredite der Federal Reserve an Banken sind rückläufig – aktuelle Daten

2. Text zu Ende der Atomkraft: „Wehe den Siegern“



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21 Kommentare

  1. Das wird nicht gut enden … die Uhr tickt …

    https://fred.stlouisfed.org/graph/fredgraph.png?g=12uEa

    grüße Depotrockerin

  2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Sehr geehrter Herr Fugmann,

    selbst wenn die USA in eine Rezession fallen, so wird es diese milde ausfallen im Gegensatz zu Deutschland.

    Hier wirkt der Atomausstieg wie eine Brennglas . Abzulesen am Strompreis an der Strombörse Leipzig.

    Der läuft straff an die obere Begrenzung von 16 Cent die Kilowattstunde. Bricht diese so ist Luft bis zu den Allzeithochs, zu Beginn des Ukraine Krieges.
    Das sture Festhalten der Grünen am Atomausstieg wird Deutschland noch schlecht bekommen.

    Hier wäre ein umsteuern dringend erforderlich. Deutschland ist der „Geisterfahrer in der Energiepolitik“.

    Und ohne Energie geht nunmal nichts.

    Das erkannte schon Lenin 1920 Sein Spruch :“ Kommunismus, das ist Sowjetmacht plus die Elektrifizierung des ganzen Landes “ sollte auf die Rückständigkeit Russlands in Bezug auf die Energiefrage aufmerksam machen,wo in vielen Teilen, außerhalb der Großstädte,noch mit Öl -und Petrolleumlampen der Alltag gestaltet wurde.

    Kommt es zur Rezession und fällt diese in Deutschland mit hohen Energiepreisen zusammen, was wahrscheinlich ist, dann wird die Rezession in Deutschland dadurch wie unter einem Brennglas verstärkt werden.
    Die USA werben nicht zuletzt deshalb, verstärkt deutsche Firmen ab, mit Industriepreisen von 4 US Cent pro Kilowattstunde Strom und 2 US Cent pro Kilowattstunde Gas, verbunden mit massien Subventionen für die Ansiedelung.
    Die BASF in Ludwigshafen ist da nur der Anfang.

    1. Ich fand es besser, als Sie gereimt haben. Da musste man nicht so viel lesen, um zu sehen, dass es Mist ist was Sie schreiben!

      1. @Nixbär…wieso…hatte doch alles Hand und Fuß…

      2. vielleicht versteht Nixbär ja nicht, was Dr. Schaarschmidt schreibt.

  3. Hier mal wieder die Betrachtung des (Markt-)Geschehens aus der Perspektive der industriellen Beschaffung. Die Zulieferer sind zumeist noch bis ca. Ende Q2 ausgelastet. Für die Zeit danach wird händeringend und mit substanziellen Rabatten um Anschlussaufträge gebuhlt. Ich gehe kurzfristig bis Anfang Q3 (wenn die Berichtssaison für Q2 stattfindet) von einer Aktienrally aus, da bis dahin die Zahlen noch gut sein werden (zumal die Erwartungen ja auch noch abgesenkt werden). Dann schlägt die Rezession aber spätestens gnadenlos zu.
    Und noch zum Thema De-Dollarization: mit unseren chinesischen Lieferanten machen wir die Geschäfte in USD. Wurde bis dato auch nie infrage gestellt. In den Verträgen ist der USD auch als Währung vereinbart. Neuerdings bekommen wir Angebote aus China von manchen Lieferanten in 2 Währungen (Yuan und USD). Spricht man die Sales Reps darauf an, heisst es, das macht man „für interne Zwecke“. Einige Verträge laufen zum Jahresende aus, d.h. wir nehmen die entsprechenden Verhandlungen im Herbst auf. Bin schon gespannt, was uns da dann zum Thema Handelswährung erzählt wird.

    1. Das finde ich sehr interessant. Sind die Preise identisch oder ist das Angebot in usd teurer?
      Bitte halten Sie uns auf dem laufenden

      1. Derzeit sind die Preise identisch. Ich hatte aber mal einen japanischen Lieferanten, der unbedingt in Yen fakturieren wollte und der hatte mir deswegen 5% Discount auf den USD Preis angeboten. Zumindest im Geschäftsleben haben Chinesen und Japaner eine ähnliche Mentalität, sodass ich davon ausgehe, dass im Herbst entsprechende Rabattangebote kommen.

        1. Dann muss man aber in die Währungssicherung gehen, da kann sich der 5% Vorteil schnell auffressen. Mit dem Dollar ist das alles noch einfach.

  4. Lieber Herr Fugmann,
    vielen Dank wieder für ein informatives Video, den Hinweis auf das Ende der dt. Atomkraft als katastrophale Entscheidung und einem weiteren Puzzlestein auf dem Weg in die Verarmung und Bedeutungslosigkeit Deutschlands.

    1. Die Grünen wissen, daß sie nicht mehr gewählt werden und zerstören jetzt noch in Deutschland was geht.
      Ohne abgeschlossenes Rückbau-Genehmigungsverfahren: lassen Grüne Landesministerien in Grün geführten Landesumweltministerien abgeschaltete Atomkraftwerke endgültig unbrauchbar machen, so daß eine Wiederinbetriebnahme, wie sie von FDP Landespolitikern gefordert wird unmöglich wird. in den KKW Grohnde und Brokdorf, ist die so genannte Primärkreis-Dekontamination „bereits abgeschlossen”, wie das Bundesumweltministerium (BMU) auf Anfrage von „Achtung, Reichelt!“ mitteilte.
      Durch das Verfahren sei „das Rohrsystem des AKW planmäßig zerstört” worden. Normalerweise wird ein Kraftwerk erst dann zurückgebaut wenn ein Genehmigungsverfahren, das Jahre dauern kann abgeschlossen ist. Eigentlich wird das Kraftwerk erst dann zurückgebaut, wenn ein entsprechendes Genehmigungsverfahren abgeschlossen ist, was in diesen Fällen noch nicht passiert ist.
      Bei der Primärkreis-Dekontamination werden verschiedene Komponenten der Anlage mithilfe von hochaggressiver Säure von radioaktiven Nukliden gereinigt und somit „stark und auf Dauer” geschädigt, „Ein Betrieb ist auch aus sicherheitstechnischer Sicht somit nicht mehr möglich.” laut BMU.

      Die Grünen : zum Wohle Deutschlands. Und wer wählt die ?

  5. Ich habe die DDR überlebt und da war auch nicht alles schlecht. Nur da konnte man kein Gold kaufen. Da Gold die beste aller Währungen ist habe ich alles richtig gemacht und kann gelassen meiner Rente entgegen sehen.
    Wenn Deutschland immer noch den 10% gewählten Grünen die politische Macht gibt, sowie der Arbeiter und Bauern feindlicher FDP das Geld überlässt kommt das Böse 😈 Ende erst noch.

    1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

      Innerhalb des RGW konnten Sie nur in der Sowjetunion oder Bulgarien Gold kaufen, inform von Schmuck.

      Ich war 86 mit einer Reisegruppe in Moskau, die Damen haben sich dort massiv mit Goldschmuck eingedeckt, zumal er dort sehr günstig war.

      Alkohol gab’s keinen mehr,wegen Gorbatschow, aber Goldschmuck. In Bulgarien dann ein Jahr später das Gleiche.

    2. @Hardy

      „…Da Gold die beste aller Währungen ist habe ich alles richtig gemacht und kann gelassen meiner Rente entgegen sehen…“

      Mit der Einschränkung, dass die Regierung damit einverstanden sein muß.
      In der DDR war sie das nicht.
      Die Grünen könnten irgendwann auf die Idee kommen, den Goldhandel extrem zu besteuern oder gar zu verbieten. Grüne Gründe fänden sich zuhauf und der großen Mehrheit der Nicht-Goldbesitzer wäre das ziemlich egal.

      1. Gold hat im Endeffekt auch keinen höheren intrinsischen Wert als Bitcoin oder Papiergeld. Nur weil es schön glänzt ändert sich das auch nicht. Man könnte z.B. auch seltene Muschelschalen verwenden, ist alles gleich wertvoll. Muss man aber auch erkennen wollen, um das zu verstehen!

    3. @Moderer,
      immerhin ist die FDP ein wichtiges Regulativ in dieser Regierung: Hier ein kleiner Ausschnitt:
      sie milderte das Verbrenner-Aus, das schon früher geplante AKW-Aus, das geplante Gas- und Ölheizungsverbot ab 2024, und war treibende Kraft beim Ende der Maskenpflicht, verhinderte den Corona-Totallock-down an Weihnachten 2021, das Bargeldverbot >10.000 EUR u.v.a. mehr. Was wäre ohne sie sonst noch an üblen neuen Gesetzesvorhaben durchgegangen? VG

  6. Durch die Abschaltung der 3.Atomkraftwerke rutscht durch die Merit-Order -Metrik der Billige Atomstrom aus dem System. Mit der Folge ,daß der Strompreis durch die jetzige Verwendung von teureren Fossilen steigen wird . Es geht ja immer nach dem günstigsten Erzeuger. Mehr passiert nicht und der Glaube und Bitten auf einen nächsten milden Winter !

    1. Nach dem DIW Kempfert müsste doch jetzt alles billiger werden, geht doch die teuere Kernkraft vom Netz. Wenn es dann nicht passiert, ist sie auch noch schuld, denn die hat ja vorher die Energiewende zum Besseren verhindert.

    2. Merit-Order bedeutet, dass alle Stromanbieter den Strompreis erhalten, den der teuerste Anbieter verlangt hat, der zur Deckung des Bedarfs noch gebraucht wurde. So haben AKW-Betreiber denselben Preis erhalten, wie Reservegaskraftwerke, wenn diese gebraucht wurden.
      Aktuell erhalten Windkraftanbieter immer mehr als sie verlangen, weil Atomstrom teurer ist und stets der höchste Preis zählt im Strommix.
      Merit-Order ist also das System, das es allen Stromanbietern erlaubt, Über-Gewinne zu machen. Egal wo der Strom herkommt. Dadurch wird der Strom immer teurer eingekauft, als er durchschnittlich angeboten wurde. Weil auch Atomkraft stets den höchsten Preis erhält, wird der Strompreis nicht billiger mit Atomkraftwerken. Die füllen sich genauso die Taschen wie alle Anderen. Es fallen also lediglich ein paar Ausbeuter weg, die mittels Merit-Order ihren Reibach machen auf Kosten der Stromkunden.
      Schade ist nur, dass der Strom dann fehlt und dass der nie so billig war wie er hätte sein können. Wer sich nicht ausbeuten lassen will, der gehe ins Ausland oder mache sich unabhängig von Stromversorgern.

    3. @klempner
      Eigentlich müssten Sie erst einmal die Gesamtkosten für Kernkraft nennen, also nicht nur die reinen Grenzkosten. Das Merit-Order-Modell bezieht keinerlei Einsatz-, Zubau- und Stilllegungsentscheidungen der Anlagenbetreiber mit ein und berücksichtigt auch keinerlei Fixkosten. Die enorm hohen Investitions- und Rückbaukosten von Atomkraftwerken bilden sich in diesem Strommarktmodell nicht ansatzweise korrekt ab.

      Kernkraftwerke weisen sehr hohe Investitions- und Kapitalkosten auf. Die Betriebskosten sind andererseits recht gering, weil etwa die Preise für neue Brennelemente nur wenig zu Buche schlagen. Dies bedeutet, dass die Grenzkosten relativ niedrig liegen – in der Größenordnung von 10 bis 17 €/MWh, je nach Studie. Wirtschaftlich betreiben lässt sich ein Kernkraftwerk auf Dauer aber nur, wenn mehrfach höhere Stromerlöse erzielt werden, weil sonst die hohen Investitionskosten nie amortisiert werden können.

      Für das im Dauerbau befindliche Kernkraftwerk Hinkley Point C etwa wurde Stand 2012 eine Einspeisevergütung von 92,50 £/MWh zzgl. Inflationsausgleich mit einer Laufzeit von 35 Jahren festgelegt, damit sich der ganze Irrsinn überhaupt ansatzweise rentiert. Wenn der Marktpreis also unter dem garantierten Tarif liegt, wird der Betreiber des AKW den Differenzbetrag vom Staat vergütet bekommen. Sollte dieses Wahnsinnsprojekt nun tatsächlich mit viel Optimismus irgendwann 2027 ans Netz gehen, dürfte sich der garantierte Preis auf 135 £/MWh belaufen, nach derzeitigem Stand also 150 €/MWh. Das ist mehr als das Zehnfache der Grenzkosten, zu denen Kernkraftbetreiber in der Merit-Order anbieten.

      Gleichzeitig warnte der Rechnungsprüfungsausschuss des britischen Unterhauses davor, dass sich die Kosten für die Stilllegung von sieben Atomkraftwerken im Land, die ihr Laufzeitende erreicht haben, auf umgerechnet rund 27,5 Milliarden Euro fast verdoppelt haben und wahrscheinlich noch weiter steigen werden.

      Der französische Rechnungshof schätzt, dass es mehrere Hundert Milliarden Euro kosten wird, die Stromproduktion in Frankreich insgesamt zu modernisieren.
      Ausgehend von einer Laufzeitverlängerung von 10 Jahren sagte kürzlich der französische EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton über Frankreich, wo über 70% des Stromanteils aus AKWs bezogen wird, dass allein für die bestehenden Kernkraftwerke bis 2030 Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Euro erforderlich seien, und für den Bau von AKWs der neuen Generation 500 Milliarden.

      Irgendwer muss das alles ja auf irgendeinem Weg bezahlen, auch wenn es natürlich nicht unmittelbar über den Börsenpreis geschieht.

      Erschwerend hinzu kommt: Würden einmal hypothetisch alle AKWs aus der Merit-Order verdrängt, lieferten sie dennoch Strom zum Börsenpreis, weil sie aus technischen Gründen gar nicht so weit reguliert bzw. komplett heruntergefahren werden könnten. Dafür müsste man die Kraftwerke abschalten, die eigentlich zum Zuge kämen, was völlig sinnlose Zusatzkosten über Entschädigungen bedeutet.

      @Ferdl
      Was Sie hier schreiben, ist nur teilweise korrekt. Das Merit-Order-Prinzip deckt nur die Grenzkosten, also die reinen Kosten für die Erzeugung der nächsten MWh. Dabei sind weder Kapitalkosten, noch Investitionskosten oder gar Margen berücksichtigt.
      Sofern Kraftwerke in der Lage sind, einen niedrigeren Preis als den des Grenzkraftwerkes anzubieten, können diese also einen Überschuss einfahren. Diese Marge, der Deckungsbeitrag, gleicht erst einmal die eigenen Fixkosten aus und bedeutet noch längst nicht irgendwelche skandalösen Übergewinne.

      Der überwiegende Teil des Stromhandels in Deutschland findet außerhalb der Strombörse statt. Circa 75% des Stroms wird im sogenannten OTC-Handel vertrieben. Stromeinkäufer und -verkäufer schließen oft für viele Jahre im voraus direkt miteinander Kauf- und Lieferverträge ab. Das bietet langfristig Planungssicherheit. Je mehr Strom und je weiter im voraus der Strom eingekauft wird, desto niedriger ist der durchschnittliche Strompreis. Diese bilateralen Geschäfte werden individuell verhandelt, sind nicht öffentlich einsehbar und erfolgen ohne zwischengeschaltete Instanzen oder Clearingstellen.

      Die Energieversorger und Stromhändler (nicht zu verwechseln mit Erzeugern) und auch energieintensive Industriekonzerne kaufen also erst einmal per OTC-Verfahren im Direktvertrieb ein, und zwar nicht zu Grenzkosten, sondern zu realistisch kalkulierten Gesamtkosten der jeweiligen Stromerzeuger. Gekauft wird dabei zunächst der preiswerteste Strom und dann sukzessive der teurere.

      Im Direktvertrieb wird eher knapp kalkuliert, um im Vorfeld nicht zu viel Strom zu ordern und diesen dann am Ende nicht loszuwerden bzw. zu verbrauchen. Reicht die Menge nicht aus, muss kurzfristig nachgeordert werden, und das geschieht dann zumeist an der Strombörse. Hier kommt nun das Merit-Order-Prinzip ins Spiel und das bedeutet, dass sich der Strompreis nach den Grenzkosten des teuersten Anbieters richtet. Müssen die Energieversorger nachordern und erhalten beispielsweise nur noch Strom von Gaskraftwerken, sind dementsprechend deren Grenzkosten für den Preis entscheidend.

      Der wirklich entscheidende Faktor für den Endverbraucher ist nun, dass der hohe Preis nicht nur für den Strom aus dem entsprechenden Kraftwerk gilt, sondern automatisch für den gesamten Strom. Vollkommen unabhängig davon, ob er preiswert mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt wurde, von den Energieversorgern im Vorfeld sehr billig einkauft wurde oder später teuer bei einem Gaskraftwerk.
      Im Gegensatz zu den Energieversorgern, Händlern und Großkonzernen in der Industrie zahlt der Verbraucher für alles den gleichen Preis – nämlich den teuersten.

      Kurz zusammengefasst lässt sich flockig formuliert festhalten: Der Verbraucher ist in diesem miesen Spiel einmal mehr der Depp und steht am schlechtesten von allen Beteiligten da. @klempner
      Eigentlich müssten Sie erst einmal die Gesamtkosten für Kernkraft nennen, also nicht nur die reinen Grenzkosten. Das Merit-Order-Modell bezieht keinerlei Einsatz-, Zubau- und Stilllegungsentscheidungen der Anlagenbetreiber mit ein und berücksichtigt auch keinerlei Fixkosten. Die enorm hohen Investitions- und Rückbaukosten von Atomkraftwerken bilden sich in diesem Strommarktmodell nicht ansatzweise korrekt ab.

      Kernkraftwerke weisen sehr hohe Investitions- und Kapitalkosten auf. Die Betriebskosten sind andererseits recht gering, weil etwa die Preise für neue Brennelemente nur wenig zu Buche schlagen. Dies bedeutet, dass die Grenzkosten relativ niedrig liegen – in der Größenordnung von 10 bis 17 €/MWh, je nach Studie. Wirtschaftlich betreiben lässt sich ein Kernkraftwerk auf Dauer aber nur, wenn mehrfach höhere Stromerlöse erzielt werden, weil sonst die hohen Investitionskosten nie amortisiert werden können.

      Für das im Dauerbau befindliche Kernkraftwerk Hinkley Point C etwa wurde Stand 2012 eine Einspeisevergütung von 92,50 £/MWh zzgl. Inflationsausgleich mit einer Laufzeit von 35 Jahren festgelegt, damit sich der ganze Irrsinn überhaupt ansatzweise rentiert. Wenn der Marktpreis also unter dem garantierten Tarif liegt, wird der Betreiber des AKW den Differenzbetrag vom Staat vergütet bekommen. Sollte dieses Wahnsinnsprojekt nun tatsächlich mit viel Optimismus irgendwann 2027 ans Netz gehen, dürfte sich der garantierte Preis auf 135 £/MWh belaufen, nach derzeitigem Stand also 150 €/MWh. Das ist mehr als das Zehnfache der Grenzkosten, zu denen Kernkraftbetreiber in der Merit-Order anbieten.

      Gleichzeitig warnte der Rechnungsprüfungsausschuss des britischen Unterhauses davor, dass sich die Kosten für die Stilllegung von sieben Atomkraftwerken im Land, die ihr Laufzeitende erreicht haben, auf umgerechnet rund 27,5 Milliarden Euro fast verdoppelt haben und wahrscheinlich noch weiter steigen werden.

      Der französische Rechnungshof schätzt, dass es mehrere Hundert Milliarden Euro kosten wird, die Stromproduktion in Frankreich insgesamt zu modernisieren.
      Ausgehend von einer Laufzeitverlängerung von 10 Jahren sagte kürzlich der französische EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton über Frankreich, wo über 70% des Stromanteils aus AKWs bezogen wird, dass allein für die bestehenden Kernkraftwerke bis 2030 Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Euro erforderlich seien, und für den Bau von AKWs der neuen Generation 500 Milliarden.

      Irgendwer muss das alles ja auf irgendeinem Weg bezahlen, auch wenn es natürlich nicht unmittelbar über den Börsenpreis geschieht.

      Erschwerend hinzu kommt: Würden einmal hypothetisch alle AKWs aus der Merit-Order verdrängt, lieferten sie dennoch Strom zum Börsenpreis, weil sie aus technischen Gründen gar nicht so weit reguliert bzw. komplett heruntergefahren werden könnten. Dafür müsste man die Kraftwerke abschalten, die eigentlich zum Zuge kämen, was völlig sinnlose Zusatzkosten über Entschädigungen bedeutet.

      @Ferdl
      Was Sie hier schreiben, ist nur teilweise korrekt. Das Merit-Order-Prinzip deckt nur die Grenzkosten, also die reinen Kosten für die Erzeugung der nächsten MWh. Dabei sind weder Kapitalkosten, noch Investitionskosten oder gar Margen berücksichtigt.
      Sofern Kraftwerke in der Lage sind, einen niedrigeren Preis als den des Grenzkraftwerkes anzubieten, können diese also einen Überschuss einfahren. Diese Marge, der Deckungsbeitrag, gleicht erst einmal die eigenen Fixkosten aus und bedeutet noch längst nicht irgendwelche skandalösen Übergewinne.

      Der überwiegende Teil des Stromhandels in Deutschland findet außerhalb der Strombörse statt. Circa 75% des Stroms wird im sogenannten OTC-Handel vertrieben. Stromeinkäufer und -verkäufer schließen oft für viele Jahre im voraus direkt miteinander Kauf- und Lieferverträge ab. Das bietet langfristig Planungssicherheit. Je mehr Strom und je weiter im voraus der Strom eingekauft wird, desto niedriger ist der durchschnittliche Strompreis. Diese bilateralen Geschäfte werden individuell verhandelt, sind nicht öffentlich einsehbar und erfolgen ohne zwischengeschaltete Instanzen oder Clearingstellen.

      Die Energieversorger und Stromhändler (nicht zu verwechseln mit Erzeugern) und auch energieintensive Industriekonzerne kaufen also erst einmal per OTC-Verfahren im Direktvertrieb ein, und zwar nicht zu Grenzkosten, sondern zu realistisch kalkulierten Gesamtkosten der jeweiligen Stromerzeuger. Gekauft wird dabei zunächst der preiswerteste Strom und dann sukzessive der teurere.

      Im Direktvertrieb wird eher knapp kalkuliert, um im Vorfeld nicht zu viel Strom zu ordern und diesen dann am Ende nicht loszuwerden bzw. zu verbrauchen. Reicht die Menge nicht aus, muss kurzfristig nachgeordert werden, und das geschieht dann zumeist an der Strombörse. Hier kommt nun das Merit-Order-Prinzip ins Spiel und das bedeutet, dass sich der Strompreis nach den Grenzkosten des teuersten Anbieters richtet. Müssen die Energieversorger nachordern und erhalten beispielsweise nur noch Strom von Gaskraftwerken, sind dementsprechend deren Grenzkosten für den Preis entscheidend.

      Der wirklich entscheidende Faktor für den Endverbraucher ist nun, dass der hohe Preis nicht nur für den Strom aus dem entsprechenden Kraftwerk gilt, sondern automatisch für den gesamten Strom. Vollkommen unabhängig davon, ob er preiswert mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt wurde, von den Energieversorgern im Vorfeld sehr billig einkauft wurde oder später teuer bei einem Gaskraftwerk.
      Im Gegensatz zu den Energieversorgern, Händlern und Großkonzernen in der Industrie zahlt der Verbraucher für alles den gleichen Preis – nämlich den teuersten.

      Kurz zusammengefasst lässt sich flockig formuliert festhalten: Der Verbraucher ist in diesem miesen Spiel einmal mehr der Depp und steht am schlechtesten von allen Beteiligten da.

  7. @ Günther Sebert, wenn der Abschwung im 3. Quartal so offensichtlich ist und das vielbeschworene Mantra der vorausschauenden Börsen gilt, ( Herr Müller) müsste es bald kippen.Ich nehme an, was sie sehen , sehen andere Teilnehmer auch und da müssten mindestens schon die Insider darauf reagieren.

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