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Industrieproduktion stark rückläufig – warum das kein Problem ist

Die Industrieproduktion in Deutschland ist aktuell rückläufig. Es gibt zwar Probleme. Aber wenn sie behoben sind, kann die Industrie auf Volllast fahren und eine gigantische Halde an vorhandenen Aufträgen abarbeiten.

Industrieerzeugnisse

Die Industrieproduktion in Deutschland (Produktion im Produzierenden Gewerbe) ist laut heutiger Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts im Monat März im Jahresvergleich mit -3,9 Prozent deutlich gesunken. Einen stärkeren Rückgang hatte es zuletzt zu Beginn der Corona-Krise im April 2020 gegeben (damals -18,1 % gegenüber März 2020). Warum gibt es diesen Rückgang in der Industrieproduktion? Dazu sagen die Statistiker: „Infolge anhaltender Einschränkungen durch die Corona-Krise und des Kriegs in der Ukraine haben viele Unternehmen wegen gestörter Lieferketten nach wie vor Probleme beim Abarbeiten ihrer Aufträge.“ Sie erwähnen auch Umfragedaten des ifo-Instituts, wonach 80 Prozent der befragten Unternehmen im März über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen klagten – das ist fast ein Rekordwert. In der Grafik ist gut erkennbar, wie die Baubranche gut da steht (rote Linie), während das produzierende Gewerbe gerade dabei ist den Weg gen Süden einzuschlagen.

Grafik zeigt Verlauf der Industrieproduktion seit dem Jahr 2012

Warum dieser jüngste Rückgang der Industrieproduktion kein Problem ist

Nun könnte man meinen, dass vor allem wegen dem Ukraine-Krieg und Corona in China die Industrieproduktion nachhaltig schrumpft. Es scheint sich dabei aber wohl eher um kurzfristige Probleme zu handeln, wegen fehlenden Teilen wie Kabelbäumen aus der Ukraine oder Elektronik-Bauteilen aus China. Sobald diese Probleme beseitigt sein sollten, steht eine immer größer werdende Halde an Aufträgen an, um abgearbeitet zu werden. Die Aufträge sind da, die Bücher sind voll, die Industrie kann auf Volllast produzieren und will es auch. An Aufträgen mangelt es nicht. Der statistisch erfasste Auftragsbestand der deutschen Industrie belegt dies.

Der Index für den Auftragsbestand der deutschen Industrie lag im Februar 2020, also direkt vor Ausbruch der Coronakrise, bei 115,1 Indexpunkten. Bis jetzt ist der Index auf 148,1 Punkte angewachsen. Die Grafik am Ende des Artikels ist eindeutig. Während der letzten zwei Jahre, wo Materialmangel herrschte, kamen für die deutsche Industrie zwar jede Menge neue Aufträge rein. Aber dank Lockdowns und Lieferschwierigkeiten konnten sie nicht in vollem Umfang abgearbeitet werden. Der Stau ist da, die Bücher sind voll. Werden die Probleme behoben, kann die Industrieproduktion mit vollem Tempo wieder ansteigen – so darf man es basierend auf diesen Daten annehmen. Eine strukturelle Schwäche der Betriebe liegt also nicht vor, sondern es können momentan nicht genug Bauteile geliefert werden, um die Aufträge so schnell abzuarbeiten, wie es im Normalzustand möglich wäre.

Laut aktueller Aussage von Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, dürfte die Industrieproduktion in den kommenden Monaten weiter sinken. Meine Meinung: Ja, sie kann erst einmal weiter sinken – aber eben nicht, weil die Kunden bei den Unternehmen nicht genug Produkte nachfragen – sondern weil es Lieferengpässe gibt. Der Auftragsbestand ist zwei Jahre lang immer weiter angestiegen, die Bücher sind voll. Und wenn diese Probleme behoben werden, kann die Industrie sich daran machen diesen Berg abzuarbeiten!

Grafik zeigt Auftragsbestand seit dem Jahr 2015



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2 Kommentare

  1. Es ist weder sicher, dass die Aufträge vollständig bestehen bleiben, wenn sie mit sehr langen Wartezeiten versehen sind, noch ist sicher, dass die zur Erledigung nötigen Mitarbeiter geblieben sind, wenn die Produktion wieder anlaufen könnte.

    Ich schätze es derzeit so ein, dass wegbrechende Aufträge das kleinere Problem sein werden, weil sie vorläufig durch zusätzliche Neuaufträge überkompensiert werden, während die personelle Situation schwieriger wird.

  2. eine gewagte Prognose. Mal sehen, ob die US-Wirtschaft wirklich in eine Rezession taumelt.Schon die aktuelle Zinserhöhung macht den Schwellenländern zu schaffen. Zudem ist die Inflation teilweise ja brutal hoch (s. Türkei). Da werden sicherlich viele Aufträge stoniert werden.

    Doch werden weiß, wie es kommt. Ich lag 2009 total falsch. Da ging es ja, dank China, extrem bergauf. China wird dieses mal nicht der Retter sein (können) – aber wer weiß, vielleicht der Rest-Asien. Die Ukraine wird sicherlich ein „Bomben“-Geschäft. Doch dies bezahlen wir dann ja selbst, ob mich dies dann erfreuen kann?

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