Anleihen

Inflation: Die aktuellen Risiken langlaufender Staatsanleihen

Die Anzeichen für Inflation mehren sich - die Kurse langlaufender Staatsanleihen brechen daher massiv ein. Eine ungünstige Gemengelage..

Die Anzeichen für Inflation mehren sich – gestern etwa der größte monatliche Anstieg der US-Erzeugerpreise seit Aufzeichnung der Daten. Damit ist die Zinswende bereits deutlich erkennbar. Klar, dass sich in solch einer Situation Staaten mit der Emission langlaufender Anleihen beeilen, es gibt noch sehr günstige Konditionen und man belastet den Haushalt über lange Zeit nur sehr wenig mit den Kupons. Je länger, je lieber. Investoren greifen in ihrer Not bereitwillig zu, Institutionelle erst recht wegen ihrer Regularien. Die Kursverluste sind bei einem Zinsanstieg bei Langläufern aber gewaltig, man sollte das Kapital nicht bald benötigen.

Euro-Anleihen für die übernächste Generation

Ob Laufzeiten bis 2051, 2071, oder gar bis ins 22. Jahrhundert (wie in Österreich oder in Belgien mit den Hundertjährigen), das Interesse an diesen besonderen Langläufern ist riesengroß. Aktuell: Spanien mit der Emission einer 50-Jährigen für fünf Milliarden Euro – Nachfrage 65 Milliarden Euro. Frankreich mit sieben Milliarden Euro – Gebote für 75 Milliarden Euro, eine ebenso lange belgische Anleihe, 10-fach überzeichnet, auch für eine 30-jährige Anleihe der europäischen Union zur Finanzierung von Kurzarbeitergeld – man hätte 12-Mal so viel emittieren können als geplant.

Dabei sind die gebotenen Renditen angesichts der Perspektive einer absehbar weiter steigenen Inflation absolute Magerkost: Für den französischen Bond gab es 0,59 Prozent, für den belgischen 0,69 Prozent, für den spanischen 1,46 Prozent und für das 30-jährige Papier der EU gar nur 0,13 Prozent. Man ist mit sehr wenig Rendite zufrieden, zu Zeiten in denen drei Viertel der europäischen Staatspiere im negativen Terrain notieren. Betrachtet man sich jedoch die Struktur der Käufer, fällt auf, dass einige diese Papiere nicht bis zur Endfälligkeit halten wollen, also auf Kursgewinne spekulieren.

Beispiel für die Investoren der französischen Anleihe:

35 Prozent Fonds, 26 Prozent Versicherer, 18 Prozent Pensionskassen, 12 Prozent Banken, 7 Prozent Hedgefonds, 2 Prozent ausländische Zentralbanken. Bei der spanischen Staatsanleihe beträgt der Anteil der Investmentfonds sogar deutlich über 50 Prozent.

Damit wird klar, welches Risiko bei diesem Papier gegeben ist, bei vorzeitigem Verkauf – die Duration, das Zinsänderungsrisiko.

Inflation: Steigende Zinsen, steigende Kursverluste

Die aufgrund steigender Erwartungen von Inflation fast überall steigenden Zinsen der letzten Wochen verursachten bereits große Einbußen in den Kursen der Bonds. Bei der am 21. Januar emittierten französischen Anleihe (Kupon 0,50 Prozent) fiel der Kurs bis unter 86 Prozent, gleichbedeutend mit einem Minus von 9,5 Prozent. Im Gegenzug war die Rendite des Papiers auf 0,80 Prozent gestiegen.

Die Furcht vor einem Ansteigen der Inflation ließ überall die Renditen der Langläufer steigen. Der Konjunkturaufschwung ist in aller Munde, die Konjunkturprogramme treiben Schulden und Nachfrage nach Bonds. Der Großteil der Gelder aus dem 750 Milliarden Euro scheren Wiederaufbaufonds (was für ein Name, wurde etwas zerstört?) fließen erst in den Jahren 2022 bis 2024.

In Deutschland kletterte die 30-jährige Bund wieder in den Plusbereich, die Rendite der zehnjährigen Bund ist inzwischen auf „nur noch“ minus 0,35 Prozent gestiegen, zu Jahresbeginn waren es etwa minus 0,6 Prozent. Noch deutlicher in den USA, angesichts des 1,9 Billionen Dollar schweren Stimuluspakets der Biden-Administration.

Die Rendite 30-jähriger US-Staatsanleihen hat bereits die zwei Prozent überschritten, seit Beginn des Jahres von 1,6 Prozent, was einem Kursverlust von 9,5 Prozent entspricht.

Besonders wichtig auch der Anstieg der wichtigsten Benchmark, der Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe. Der Anstieg seit Jahresanfang um über drei Zehntel Prozentpunkte brachte den Investoren auf dem Kurszettel schon einen Verlust von über drei Prozent.

Das Grundproblem: Je länger die Laufzeit von Anleihen, desto stärker schlägt die Duration zu und desto größer wird das Risiken für Investoren, die nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag warten wollen.

Die erwartete Flut an neuen Anleihen und die Folgen

Es entwickelt sich eine ungünstige Gemengelage. Einerseits könnte aufgrund einer positiven Wirtschaftsentwicklung die Nachfrage nach Euro-Staatsanleihen aus der Eurozone als sicherer Hafen sinken, andererseits würde eine steigende Inflation höhere Renditen verursachen. Investoren verlangen einen Ausgleich, für Altpapiere würde das sinkende Kurse bedeuten. Für viele Institutionionelle, die in den Anleihemarkt für Staatsanleihen investieren müssen, bringen die ganz langen Laufzeiten wenigstens noch etwas an jährlicher Rendite.

Nach wie vor flutet die Europäische Zentralbank weiter den Markt mit Liquidität, das Ankaufprogramm beträgt monatlich weiterhin etwa 100 Milliarden Euro pro Monat. Ökonomen rechnen für dieses Jahr mit einem Finanzbedarf der Staaten in Höhe von 1,3 Billionen Euro, von denen die EZB etwa eine Billion Euro in die Bücher nehmen wird. Irgendwann wird auch der 750 Milliarden Euro schwere Wiederaufbaufonds finanziert werden müssen.

Für den europäischen Rentenmarkt besteht aber, trotz steigender Anleiherenditen, trotzdem noch nicht das ganz große Risiko. So lange Madame Lagarde noch nicht einmal verbal eine Zinswende in Erwägung gezogen hat und der Anlagenotstand von Versicherern, Pensionskassen und Banken aus regulatorischen Gründen besteht, ist die Gefahr sprunghaft steigender Zinsen nicht sehr real. Für die ganz langen Bonds reichen aber schon kleine Anstiege, dieser Markt ist ziemlich riskant geworden.

Fazit

Ökonomen und Starinvestoren empfehlen zur Lösung beziehungsweise „Vertagung“ der Schuldenkrise die Emission superlang-laufender Anleihen. Die Zeit drängt. Auch wenn nicht gleich mit großen Zinsanstiegen und großen Kupons zu rechnen ist, wird es vermutlich so schnell nicht mehr derartig günstige Verschuldungsmöglichkeiten geben. Zudem sind die großen institutionellen Investoren noch in einer Zwangslage. Für normale Anleihen von zwei bis zehn Jahren gibt es im Euroraum fast nur Nullzinsen, so dass man auf jeden Kupon im positiven Bereich lechzt. „Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“, nur verkaufen darf man nicht müssen, sollte sich die Inflation nur ein bisschen breit machen.

Die Inflation und die Risiken langlaufender Staatsanleihen



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