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Japan: Warum seine Geldpolitik nicht übertragbar ist auf andere Länder

Immer wieder rätselt man in der ökonomischen Welt darüber, warum es bei der Gelddruckorgie der Bank of Japan keinen Inflationsschub im Land der aufgehenden Sonne gibt. Prof. Dr. Thomas Mayer lieferte in einem Beitrag in der „Welt am Samstag“ interessante Begründungen dafür, warum dies bisher nicht der Fall war – und warum dies aber kein Vorbild für den Rest der Welt sein kann.

Japan: Der folgenlose Anstieg der Staatsschulden

Seit über zwei Jahrzehnten kämpft Japan mit einem niedrigen Wachstum, Nullzinsen und zugleich niedriger Inflation. Mit einer extremen Notenbankpolitik versucht der Staat stets Wachstum zu generieren mit der Folge stetig steigender Staatsschulden. Die Verschuldung des japanischen Staates lag vor 30 Jahren in der Nähe der Maastrichtkriterien, bei 66 Prozent. Und wo liegt man heute im Coronajahr 2020? Die Schuldenquote ist bereits auf über 240 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt gestiegen, das Defizit beträgt gewaltige 14 Prozent.

Wer kauft diese Anleihen? Es ist kein Geheimnis, die Bank of Japan sorgte durch ihre Anleihekäufe für ständige Liquidität, ihr Anteil, der während der Finanzkrise noch neun Prozent betragen hatte, ist mittlerweile auf 55 Prozent gestiegen. Die Geldflut hatte keine inflationären Auswirkungen, denn die Preissteigerungsrate im Konsumbereich blieb in den letzten 30 Jahren nur bei einem durchschnittlichen Anstieg von 0,5 Prozent.

Ist das Beispiel Japan nun ein nachahmenswertes Modell für den Rest der Welt? Thomas Mayer meint nein und nennt dafür mehrere Gründe:

  • Durch die Globalisierung sank die Inflationsrate weltweit von 26 Prozent im Jahre 1990 auf etwa drei Prozent in diesem Jahr.
  • Dann schaffte es Japan die Aufwertung des Yen unter der Inflationsrate seiner Handelspartner zu halten, so dass Japan industriell wettbewerbsfähig blieb.
  • Der Überschuss der Leistungsbilanz seit 1990 betrug im Schnitt 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, mit der Folge eines Rückgangs der Reallöhne um 25 Prozent. Der Nettokapitalexport wurde durch Ersparnisse der Unternehmen finanziert.
  • Die Erwartung niedriger Inflation, bei gleichzeitiger Aufwertung des Yen förderte die Neigung der Japaner das Geld als wertstabiles Aufbewahrungsmittel zu sehen. Die Folge: Seit 1990 sind die Konsumentenpreise nur um 12 Prozent gestiegen, für Aktien und Immobilien sogar um 34 beziehungsweise um 13 Prozent gefallen.
  • Die Umlaufgeschwindigkeit des Verhältnisses des Bruttoinlandsprodukts zur Geldmenge sank um beinahe die Hälfte von 0,62 Anfang 1990 auf zuletzt 0,35 – im Sommer des Jahres.
  • Damit kommt Thomas Mayer zu der Schlussfolgerung, dass das japanische Modell zur Staatsfinanzierung durch die Druckerpresse nur funktioniert, weil die Bürger keine Inflation erwarten und Geld als sicheres Mittel zur Aufbewahrung sehen. Die Erwartung einer Geldwertstabilität im Inland und der Erwartung höherer Kaufkraft für ausländische Waren lässt Japans Bürger Geld horten.

Ist das Ganze zukunftsträchtig?

Dagegen sprechen laut Thomas Mayer mehrere Entwicklungen:

Der Trend zur De-Globalisierung und der Hang zum Protektionismus in vielen Staaten dürfte Inflationsdruck auf die Konsumentenpreise ausüben.
Als zweite Ursache wird die Alterung der Bevölkerung in China genannt – die ehemalige Werkbank der Welt – mit entsprechenden Lohnsteigerungen. Die Lohndepression dürfte auch in Japan zu Ende gehen.

Drittens: Der Anstieg der Vermögenspreise außerhalb Japans
Zuletzt dürfte die weltweite Aufblähung der Notenbank-Bilanzen zu einem Vertrauensschwund der Bürger in die Stabilität des Geldes führen.
Das sei das entscheidende Kriterium, das Vertrauen in die Solidität der Zentralbanken, die weisungsunabhängig von der Politik für Stabilität sorgen. Aber was machen die Notenbanken rund um den Globus? Sie erledigen die Aufgaben der Politik mittels der Druckerpresse, dabei die Ausuferung mancher Vermögenspreise ignorierend, die inflationsdämpfenden Effekte der Globalisierung schwinden, so dass der Boden für eine Rückkehr der Inflation gelegt ist – meint Thomas Mayer.

Fazit

Die Nach-Corona-Ära wird kritisch. Die Schulden der Staaten der Welt sind auf das prozentuale Niveau wie nach dem Zweiten Weltkrieg gestiegen. Die Wachstumsaussichten sind speziell in einer alternden Welt der Industriestaaten am schrumpfen und es gibt auch keinen Schub zum Aufbau einer zerstörten Industrie wie vor 75 Jahren. Kann die finanzielle Repression wie nach 1945 heutzutage überhaupt noch funktionieren? Fragen über Fragen. Wie entledigt man sich der ausgeuferten Schuldenlast, ohne eine ausufernde Inflation zu generieren? Die Schuldenpolitik in Japan dürfte global nicht als Vorbild funktionieren.

Warum die Geldpolitik in Japan kein Vorbilde für die Welt ist



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2 Kommentare

  1. Na klar, Japan kann gar nicht als Vorbild für die zukünftige Finanzpolitik der Welt dienen.
    Professor Mayer versucht sich in Zahlen und Statistiken zu begründen, dabei ist die Sache ganz einfach.
    Japan hat eine Bevölkerung, welche eine traditionelle, fast dogmatische Demutskultur lebt. Die Bevölkerung altert überdurchschnittlich, das ist wahr, steht dem aber gegenüber. Migration? – Kaum erkennbar. Mehrere Generationen haben eine Industriemacht aufgebaut. Nationalstolz und Gehorsam dem Unternehmen gegenüber, wo man beschäftigt ist/war, allgegenwärtig. Pleite Unternehmer vollziehen den Seppuku und werden dafür geehrt. Der kleine Arbeiter hat sich, für seine Begriffe, Wohlstand erschaffen und ist mit dem zufrieden was er hat. Und nicht nur das. Auch wenn einmal schlechte Jahre kommen oder ein Atommeiler hochgeht, so ist das normal und wird bereitwillig hingenommen. Vom Wohlstand wird gern etwas abgegeben. Massenstreiks oder Massenklagen in Japan? haben Sie mal was davon gehört?- Wenig bis gar nicht.
    Die BoJ und die Politiker können mit diesem riesigen Polster an ziviler Uncourage noch eine ganze Weile Mist bauen, ehe es zum Ungehorsam in der Bevölkerung kommt.
    Auch China, Deutschland, die Schweiz, Österreich, Niederlande und andere Länder sind Beispiele dafür, wenn auch lange nicht in diesem Ausmaß.
    Erst wenn das jahrzehntelang aufgebaute Allgemeinvermögen sichtbar den Bach runtergeht, gibt es Stress. Dann werden auch ausländische Investoren unruhig.
    Aber auch in Japan wird eine neue Generation langsam etabliert. Politiker entschuldigen sich „nur“ noch im Fernsehen für Fehlverhalten, wie Korruption, anstatt den rituellen Selbstmord zu begehen. Okay, kann man verstehen oder schade finden. Junge Leute erben das kleine Vermögen der Eltern und bringen es in westlich verblendeter Manier durch, weil die ständige Verführung des Konsums überall lauert. Kurz die Gesellschaft ändert sich auch in Japan.
    Irgendwann knallt es gewaltig, aber das dauert in Japan noch lange, wetten!

  2. Leider hat man etwas Substantielles vergessen. Wie ich schon oft gelesen habe ist die riesige Staatsverschuldung in Japan zum grossen Teil bei der eigenen Bevölkerung. ( Anleihen ) Da der Staat gleichzeitig das Volk ist, ist ein Teil der Staatsschulden gleichzeitig Vermögen der Bürger. Die wichtige Auslandverschuldung ist somit geringer als z.B . in den USA. Auch das vielgeschmähte Italien hat grosse Staatsschulden aber mehr Privatvermögen als viele andere Zahlländer der EU. Das Problem ist nur ,dass es in Italien kein Politiker gibt der je überlebt , wenn er das Volksvermögen in Form von Steuern antasten würde.Die Japaner sind eben auch schlau, sie sind auch beim neuen Asean Verbund wieder dabei, nützen die Globalisierung und bremsen die Importe durch patriotisches Verhalten.Auch die Währung ist eine der stabilsten und wird nicht zur Börsenkurspflege künstlich geschwächt.Das gerade laufende Experiment
    mit künstlichem Hochtreiben von Aktien und Immobilien hat Japan mit dem Nikkei Hoch von über 39000 imJahre 1990 hinter sich und leidet seither an den Nebenwirkungen. Die Nachahmer dieses Experimentes hätten etwas lernen können.

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