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Keine Angst vor Frackern? Den Zweckoptimismus der Saudis teilen viele Beobachter nicht

Wir betonen es gerne erneut: Die Fracker in den USA sind in keinster Weise staatlich oder halbstaatlich organisiert, sondern sind hunderte eigenständige Privatunternehmen, die alle munter drauf los pumpen, wie sie...

FMW-Redaktion

Ja, wir haben es schon diverse Male angesprochen. Aber aus gegebenem Anlass möchten wir das Thema erneut aufgreifen, da es wohl deutlich wichtiger ist, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Denn alle Headlines konzentrieren sich auch heute nur auf „den großen Folge-Abschluss“ zwischen OPEC und Nicht OPEC-Ländern um die Öl-Fördermenge zu drosseln.

Aber was kaum jemand beachtete: Länder wie Brasilien, Norwegen und Kanada, die alle fleißig am Öl-Fördern sind, waren alle gar nicht anwesend bei dem Deal. Ganz zu schweigen vom Sorgenkind Nummer 1 für die weltweite Öl-Fördermenge, die USA. Wir betonen es gerne erneut: Die Fracker in den USA sind in keinster Weise staatlich oder halbstaatlich organisiert, sondern sind hunderte eigenständige Privatunternehmen, die alle munter drauf los pumpen, wie sie wollen. Sie richten sich nach dem Ölpreis. Rentiert sich das Business, wird gepumpt. Fällt der Preis zu stark, macht man eben Pause.

Das Durchhaltevermögen der Fracker hat sich trotz Pleiten und sonstigen Finanzdesastern in Einzelfällen insgesamt doch als recht robust herausgestellt. Jetzt am Wochenende versprühten die Saudis Zweckoptimismus. Ja, die Fracker in den USA, die würden ihre Fördermenge schon nicht so schnell hochfahren in 2017, so die Aussage des saudischen Öl-Ministers. Dabei haben viele Fracker schon vor einem halben Jahr die Marke von 50 Dollar als Break Even in den Ring geworfen.

Gut, 50 Dollar mag ein Durchschnittswert sein. Aber jetzt bei 53 im WTI, und vielleicht bald bei 55 oder noch höheren Ölpreisen kommen immer mehr Fracking-Buden in die Gewinnzone. Dass die Förderung steigt, kann man ganz zeitnah an den wöchentlich vermeldeten „Rig Counts“ der Firma Baker Hughes ablesen, der Anzahl der aktiv betriebenen Öl-Bohranlagen in den USA. Ohne Gas stiegen die Öl-Rigs von vorletzter auf letzte Woche um 21 Stück auf 498. Das ist der größte Wochenanstieg seit Juli 2015, und als Gesamtzahl der höchste Stand seit Januar 2016. Die Fracking-Industrie ist also schon dabei die Kapazitäten wieder hochzufahren!

Goldman Sachs liegt mit seinen Prognosen gerne mal daneben, aber inhaltlich teilen wir die ganz aktuelle Auffassung der Goldmänner zu Öl. Man schreibt nämlich, dass bei tatsächlich umgesetzter Kürzung der Fördermengen durch die OPEC + Non-OPEC der Ölpreis auf 60 Dollar steigen könnte – danach würde eine steigende Produktion der Fracker den Ölpreis im Laufe des 1. Halbjahres 2017 wieder auf 55 Dollar zurückbringen. Und genau an der Marke hängen wir jetzt schon mit 53,40 im WTI und 56,30 Dollar im Brent. Auch andere Marktbeobachter sehen die aktuelle Ölpreis-Steigerung ähnlich kritisch.

Laut BI ist Forex.com der Meinung, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass die Fracker aus dem steigenden Ölpreis genau diesen Vorteil ziehen und ihre Produktion hochfahren werden. CMC Markets fragt eher rhetorisch, ob die US-Fracker jetzt nach den gestiegenen Preisen ihre stillgelegten Kapazitäten wieder hochfahren werden. Seit Mai sind die Rig Counts fast wie am Lineal gezogen konstant am Ansteigen von 325 auf jetzt 498 Stück. Wir bleiben kritisch gegenüber dem Ölpreis-Anstieg, aber wie immer gilt: Der Markt hat immer recht, und da sich der Ölpreis gerade voll im Aufwärtstrend befindet, ist dies die in diesem Augenblick (!) die allgemein gültige Sichtweise!



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1 Kommentar

  1. Ein interessanter Beitrag! Vielen Dank.

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