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Knallende Sektkorken für Europas Schulden-Community? Finanzministerium geht an SPD-Mediator Olaf Scholz

Aller Voraussicht nach wird Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz nach übereinstimmenden Medienberichten neuer Finanzminister und Vize-Kanzler. Damit hätte er in Finanzfragen größtenteils freie Hand. Mutti ist eh nur wichtig, dass sie weiter...

Von Claudio Kummerfeld

Vorbei die jahrelangen Zeiten des eisernen Austeritäts-Generals Wolfgang Schäuble (Sparen wo es nur geht, die Null muss stehen). An ihm kamen Yanis Varoufakis und alle sonstigen Schuldenmacher nicht vorbei. Er war der Fels in der Brandung, vor allem für die Nordländer in der Eurozone, die so dachten wir er. Er hielt Stand gegen die Bestrebungen der Südländer, weiter kräftig auf die Schuldenorgel zu drücken.

Klicken Sie hier für den kompletten Koalitionsvertrag im Original.

Und wie es nun mal so ist. Wer zu sehr nervt, und bei Konsens-Nöten zu sehr im Weg steht, wird nach oben weg befördert. In der Regel wandern solche Personen dann nach Brüssel, wo sie gut bezahlt im Bürokratie-Dschungel verschwinden (Oettinger und Co). Wolfgang Schäuble aber wurde in Berlin nach oben weg befördert, und ist nun Bundetstagspräsident. Er ist damit formal nach Frank-Walter Steinmeier die Nummer 2 im Staat, noch vor der Nummer 3 Angela Merkel.

Aber mal ehrlich: Mehr als eine Formalie ist diese Nummer 2 im Staat nicht. Fortan leitet er Sitzungen im Plenarsaal, kümmert sich um Formalitäten, und kann hin und wieder Reden zur Demokratie und zur Wichtigkeit des Parlamentarismus halten. Vielleicht wollte er auch im hohen Polit-Alter weniger Hektik haben? Wie auch immer, Schäuble ist raus aus dem aktiven Politik-Geschäft.

Der verkrampfte Kompromiss

Die SPD wollte ja eigentlich mit 1000% Sicherheit in die Opposition. So, nun ist man doch in der GroKo gelandet. Man erhält als einen fetten Bonus für seine GroKo-Zustimmung das Finanzministerium. Endgültig veröffentlichen wird man die Namen der Minister erst, wenn die SPD-Basis dem GroKo-Kompromiss auch wirklich zugestimmt hat. Immer unter der Annahme, dass sie dies auch tut, ist das eine große Zeitenwende in der deutschen Finanzpolitik. Man dürfte jetzt etwas wegrücken von der strikten schwarzen Null, und etwas mehr hin zu mehr Ausgaben, mehr „Flexibilität“ und Rücksichtnahme auf europäische Partner, die gerne auf die Schuldenpumpe drücken wollen.

Olaf Scholz der Mediator

Aller Voraussicht nach wird Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz nach übereinstimmenden Medienberichten neuer Finanzminister und Vize-Kanzler. Damit hätte er in Finanzfragen größtenteils freie Hand. Mutti ist eh nur wichtig, dass sie weiter Kanzlerin bleibt – wen interessieren da schon Inhalte! Scholz gilt als der „butterweiche Mediator“. Hauptsache Kompromisse, keine klar Meinung, nie eigene klare Standpunkte vertreten! So hatte Scholz bisher als Bürgermeister Hamburg in Totenstille regiert. Keine Ideen, keine Ecken und Kanten, alles tot-moderieren. Da konnte man auch nichts verkehrt machen in Hamburg.

Dieses Profil des voraussichtlich neuen deutschen Finanzministers dürfte den Mittelmeer-Ländern in die Hände spielen, wenn der ruhige und sanfte Mediator Scholz demnächst in Eurogruppen-Treffen in Brüssel auf griechische und italienische Finanzminister trifft, die ganz andere Dinge im Kopf haben. Schulden machen, weichere Schulden-Kriterien, mehr Flexibilität bei Bankenrettungen und und und! Übrigens: Schon wenige Minuten nach der heutigen Verkündung der GroKo-Einigung gratuliert Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni zum Koalitionsvertrag. Ob er schon gemerkt hat, dass die Eurogruppen-Treffen der Finanzminister in Zukunft für sein Land deutlich angenehmer laufen werden?


Noch ist Olaf Scholz Hamburger Bürgermeister. Foto: Olaf Kosinsky / Wikipedia (CC BY-SA 3.0 de)



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6 Kommentare

  1. Der Mann hat schon seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt, als er Hamburg beim G20 Gipfel zur Verwüstung frei gegeben hat.

  2. Unter Schäuble wurde der ESM eingeführt und die Staatsschulden sind kräftig gestiegen, https://de.tradingeconomics.com/germany/government-debt. Zudem wurden viele Schulden versteckt. Und wenn die Zinsen sich am Markt hätten bilden dürfen, wäre alles noch viel viel schlimmer. Die „schwarze Null“ ging auf Kosten der Sparer und Versicherten. Also bitte keine Legendenbildung.

  3. Das Scholz nach dem G 20 noch in der Politik ist und nicht wie eine Person mit Charakter zurück getreten ist sagt eientlich alles über ihn un dide deutsche Politik!
    Die Unfähigsten werden befördert!

    1. Ich frage mich, wo eigentlich die „Fähigsten“ unserer Gesellschaft abgeblieben sind? In den Vorständen der Konzerne und Banken sicher nicht, in der Politik sowieso nicht.

  4. Finanz- und Außenminster, toll gemacht Union, mal wieder schön über den Tisch ziehen lassen

  5. Mit Olaf Scholz und Martin „Ich bin Europa“ Schulz ist der endgültige Einstieg in die europäische Schuldenunion sicher !

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