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Brexit rächt sich - hohe Zinsen und Inflation belasten zusätzlich Konsumenten in UK so schlecht gelaunt wie zu Beginn der Pandemie

Stimmung der Konsumenten in UK auf das Niveau zu Beginn der Pandemie gesunken
Foto: Hollie Adams/Bloomberg

Die Stimmung der Konsumenten im Vereinigten Königreich (UK) ist im Oktober so stark gesunken wie zu Beginn der Pandemie. Die Briten spüren die Auswirkungen der anhaltend hohen Inflation, die deutlich höheren Zinssätze, den Verlust der EU-Binnenmarktprivilegien sowie vieler polnischer Fachkräfte.

Stärkster Rückgang der Stimmung der Konsumenten seit April 2020

Laut der britischen Niederlassung des größten deutschen Marktforschungsinstituts „Gesellschaft für Konsumforschung“ (GfK Ltd.) ist der Gradmesser für die Konsumentenstimmung im Oktober um 9 Punkte auf minus 30 gesunken. Der Rückgang war der stärkste seit April 2020, als das Vereinigte Königreich seinen ersten Covid-Lockdown einleitete. Dies ist vergleichbar mit dem Einbruch nach der Entscheidung des Vereinigten Königreichs für den Austritt aus der Europäischen Union im Jahr 2016 (Brexit). Das Ergebnis der Verbraucherumfrage fiel deutlich schwächer aus als der von Ökonomen erwartete Rückgang um lediglich einen Punkt und machte die unerwartete Verbesserung vom September mehr als zunichte.

Konsumenten in UK so wenig zuversichtlich wie zu Zeiten des ersten Lockdowns während der Pandemie
Großbritannien leidet unter der schlimmsten Inflation in der Gruppe der G-Sieben-Staaten (akt. 6,7 % p. a.), was die Bank of England (BOE) dazu veranlasste, ihren Leitzins auf den höchsten Stand seit 2008 anzuheben (5,25 % p. a.). Das ist ein großes Problem für die britischen Einzelhändler, die in der Vorweihnachtszeit auf höhere Umsätze hoffen und auf die Ausgabefreudigkeit der Briten auch mittels Konsumkrediten und Kreditkarten angewiesen sind.

Harte Zeiten für UK – nach wie vor auch wegen des Brexits

Knapp vier Jahre nach dem Brexit sind in Großbritannien immer noch die Folgen des EU-Austritts für die Wirtschaft und die Konsumenten spürbar. Auch beim Außenhandel: Das Vereinigte Königreich fiel aus den Top-Ten der deutschen Handelspartner heraus und verlor wichtige Binnenmarktprivilegien.

Großbritannien hatte Ende Januar 2020 die Europäische Union verlassen und ist seit Januar 2021 auch nicht mehr Mitglied der Zollunion des gemeinsamen Binnenmarktes. Das verteuerte britische Exporte in die EU. Zudem brachen die Investitionen aus der EU ins Vereinigte Königreich ein und viele der ca. 3,5 Millionen polnischen Arbeitskräfte, die größtenteils gut integriert waren und einer Arbeit nachgingen, mussten das Land verlassen oder taten dies wegen des massiven Stimmungsumschwungs gegen die Migranten freiwillig. Die meisten sind bis heute nicht zurückgekehrt.

Keine Aussicht auf Besserung

„Der heftige Gegenwind durch die stark gestiegenen Heizkosten, die hohen Benzinpreise, die Bedienung steigender Hypotheken- und Mietzinsen, ein sich verlangsamender Arbeitsmarkt und jetzt auch noch die Unsicherheit durch den Konflikt im Nahen Osten tragen alle zu dieser wachsenden Verstimmung bei den Konsumenten in UK bei.“ sagte Joe Staton, Client Strategy Director bei GfK Ltd., in einer Erklärung am Freitag gegenüber Bloomberg News.

„Die Volatilität, die wir beim Verbrauchervertrauen beobachten, ist ein sicheres Zeichen für eine gedrückte Wirtschaftsstimmung, und es gibt keine unmittelbare Aussicht auf eine Besserung.“

Die Verbrauchervertrauens-Indikatoren der GfK Ltd. zu den Konjunkturaussichten, den persönlichen Finanzen und der Anschaffungsneigung haben sich allesamt verschlechtert:
Die Aussichten für das Weihnachtsgeschäft sind wegen der schlechten Stimmung der Konsumenten in UK denkbar schlecht.

Die Krise durch die massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten hat bereits Auswirkungen auf die Weihnachtseinkaufspläne. Laut einer separaten Studie von KPMG wollen mehr als ein Drittel der Briten weniger als im letzten Jahr für Weihnachtsgeschenke und Mahlzeiten ausgeben.

„Selbst für diejenigen, die momentan noch das gleiche Geld ausgeben, könnten die Löhne, die sie erhalten, aufgrund der Inflation real deutlich geringer werden“, sagte Linda Ellett, britische Leiterin für Verbrauchermärkte, Einzelhandel und Freizeit bei KPMG.

Der britisch/nordirische Premierminister Rishi Sunak, der die nur sechs Wochen im Amt befindliche Liz Truss vor einem Jahr ablöste, ist ebenfalls ein Befürworter des Brexit. Ein neues Votum ist daher in nächster Zeit nicht zu erwarten und die wirtschaftlichen Probleme Großbritanniens dürften sich weiter verschärfen – das scheinen die Konsumenten auch in Großbritannien zu spüren.

FMW/Bloomberg



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