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Kunden sichern sich bei Immobilienkrediten länger niedrige Zinsen – langfristig ein Problem für die Banken

Was gut ist für die Kunden, könnte für so manche Bank in diesem Fall auf lange Sicht wohl ein ernsthaftes Problem werden. Denn jetzt haben wir alle extrem niedrige Zinsen, Privatkunden, Firmenkunden...

FMW-Redaktion

Was gut ist für die Kunden, könnte für so manche Bank in diesem Fall auf lange Sicht wohl ein ernsthaftes Problem werden. Denn jetzt haben wir alle extrem niedrige Zinsen, Privatkunden, Firmenkunden und Banken, die sich extrem günstig refinanzieren können. Daher steigen auch die Volumen an Immobilienfinanzierungen wie auch jüngst die Bemühungen großer Banken, die ihr Volumen an Immobilienkrediten in Deutschland zügig aufstocken wollen.

Was aber, wenn die Zinsen steigen? Kunden können sich über sogenannte „Forward-Darlehen“ auch die zukünftigen Zinsen bis zu weitere fünf Jahre absichern lassen. Das bedeutet: Steigen die Leitzinsen in den nächsten Jahren kräftig an und verharren dann lange auf hohem Niveau, kann der Kreditnehmer schön entspannt die heute langfristig festlegten niedrigen Zinsen zurückzahlen. Eine lockere Nummer. Vor 15 Jahren lagen Zinsen für Häuslebauer noch bei über 6%. Ende letztes Jahr lagen sie für die Standardlaufzeit von 10 Jahren bei um die 1,0% – jetzt liegt man im Schnitt schon um die 1,4%, obwohl die EZB noch nichts geändert hat. Die Zinswende deutet sich also an.

Und die Banken? Hier geht es um die Refinanzierung. Die ist eben oft nicht so langfristig festgelegt. Wenn die Bank dem Kunden langfristig eine Art Zinssicherheit auf niedrigem Niveau zusichert, macht sie immer mehr Verlust, wenn ihre eigene kurzfristigere Refinanzierung im Zuge steigender Leitzinsen immer teurer wird. Ähnliche Fehler wurden in der Vergangenheit schön öfters gemacht, vor allem im Ausland. Wird dieses Gefälle immer größer, legen die Banken immer mehr drauf. Das auf Immobilien spezialisierte Finanzdienstleistungsunternehmen „Dr. Klein“ hat hierzu Zahlen veröffentlicht. Anscheinend bekommen immer mehr Darlehensnehmer aktuell Angst vor der bevorstehenden Zinswende, und versuchen für die Zukunft ihre niedrigen Zinsen länger „festzuhalten“. Zitat:

Forward-Darlehen so gefragt wie nie

Bereits im Januar war die Nachfrage nach Forward-Darlehen gestiegen. Im Februar legt sie noch einmal zu und erreicht den Rekordwert von 19,81 Prozent. Damit entspricht fast jeder fünfte abgeschlossene Kredit dieser besonderen Form der Anschlussfinanzierung, mit der sich die aktuell niedrigen Zinsen bis zu 66 Monate im Voraus festschreiben lassen. Erfahrungsgemäß steigt bei Kreditnehmern das Interesse an Forward-Darlehen, wenn sie steigende Zinsen erwarten. In den letzten Wochen haben sich die Renditen der Pfandbriefe und der Staatsanleihen – also der langfristigen Geldanlagen, an denen sich Bauzinsen tendenziell orientieren – leicht nach oben bewegt.

Die Daten von Dr. Klein, die auf 35.000 Transaktionen mit einem Volumen von 4 Milliarden Euro pro Monat basieren, zeigen einen kerngesunden deutschen Immobilienmarkt, da der Eigenkapitalanteil der Finanzierungen bei anscheinend 23,3% liegt. Wie solide die Banken in ein paar Jahren dastehen, wenn höhere Leitzinsen voll auf die kurzfristigen Refinanzierungen durchschlagen bei konstant niedrigen Zinsen vieler Darlehensnehmer, das wird sich zeigen. Aber bis dahin ist ja noch Zeit.



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4 Kommentare

  1. Auch wenn das Systemisch zum Problem werde könnte, Mitleid kommt bei mir trotzdem nicht auf

  2. Aber, das genau zeigt doch das, worum es (nach Lehman) geht:
    Ein negativer Einlagezinssatz ist sehr schädlich (Gebühren für Zinsabhebungen am Bankautomaten, der Einlagezinsatz der Banken gegenüber der EZB wird mit – 0,4 % teilweise an Privatkunden weitergeben ? Erhöhte Kosten von Girokonten, Filialschliessungen ? Fintechs ? Konkurrenz durch Paypal -„Paydirket“ als „Antwort“ ? Manche Banken spielen „Spiele/Lotto“, bsp. wie „Gewinnsparen??“

    Wir Deutschen sind notorische Aktienverweigerer, mir ist schon klar, dass das schwer ist für die Banken. Aber : sich die Kohle bei den Privatkunden zu holen, so ? Wie wärs denn mit besseren Bankberatern, mehr Schulungen in Sachen Aktien & Co ? Siehe alternative Zertifikate (z.B. ein Zertifikat auf die Industrie 4.0, Roboter, Drohnen)

    VG

    Marko

  3. Ich kann die Banken verstehen, dass es gerade hier in Deutschland nicht so einfach ist, Geld zu generieren.

    Trotzdem gebe ich den Einlagezinssatz der EZB nicht 1:1 an den Privatkunden weiter ? Sind die Privatkunden etwa „Kunden“ der EZB, oder kriegt meine Bank überhaupt nix auf die reihe???

    Stichwort Schulung der Bankberater: wenn der Marko seinen Bankberater aufsucht/aufsuchen darf, wird dies zur Farce. Dann drehe ich den Spieß herum. Dann bin ich der Berater.
    „Sind Sie aus der Branche usw…“ ?
    Ich sage denen : Ihr seid doch nur Generalisten… ;D

  4. Und genau deswegen wird die EZB reagieren müssen, ab ca September. Die mächtigste Notenbank der Welt wird wohl dann den Einlagezinssatz zurückfahren und das ist „gut“ so, genau die gleiche Leier wie mit der FED.

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