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Mr. Dax Dirk Müller über Inflation, Zinsen und Immobilien

Der YouTube – Kanal „Inside-Wirtschaft“ führt regelmäßig interessante Interviews mit bekannten und weniger bekannten Börsenexperten: zuletzt erschienen sind ein Interview mit Dirk Müller, auch Mr. Dax genannt, über Inflation, Zinsen und Immobilien sowie ein Interview mit Reinhard Panse, dem Chief Investment Officer von Finvia. Finvia ist ein Family Office für vermögende Privatkunden mit einem „Assets under Management“ (AuM) von gut vier Milliarden Euro.

Beide Experten kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen, allerdings benötigt der Experte von Finvia nur zehn Minuten, um die wichtigsten Aussagen zusammenzufassen. Mr. Dax erklärt etwas ausschweifender und redet mehr als eine halbe Stunde. Und da ja Zeit bekanntlich auch kostbar ist, konzentriert sich dieser Artikel auf das wesentliche, also eher auf die Aussagen von Reinhard Panse als auf die Aussagen von Dirk Müller. Der Moderator und Inside-Wirtschaft-Chefredakteur Manuel Koch befragt ersteren zum letzten Finanzstabilitätsbericht der EZB, der „höhere“ Risiken für das Finanzsystem durch die Inflation, die Rezessionsängste und den Immobilien-Markt sieht.

Inflation, Zinserhöhungen und niedriges Wachstum als Rezessionsgefahr?

Reinhard Panse sieht die Inflation zwar als Gefahr für die Konjunktur, jedoch wirke diese nur kurzfristig negativ auf die Kaufkraft. Bei einer Inflationsrate von über zehn Prozent seien die Notenbanken zwar gezwungen, Zinsen zu erhöhen, jedoch gehe dies nur kurzfristig. Denn die hohen weltweiten Staatsschulden, ca. 350 Prozent des Volkseinkommens, bedeuten, dass für jede verdienten 100 Euro gut 350 Euro an Schulden anfallen.

Zwei Prozent höhere Zinsen bedeuten einen Kaufkraftverlust von sieben Euro, also blieben dem Staat, den Unternehmen und den Konsumenten nur noch 93 Euro Kaufkraft. Dieser Kaufkraftverlust könnte eine Rezession befeuern, aber nur solange, wie die Zinsen hoch blieben. Reinhard Panse glaubt aber nicht, dass die Inflation auf diesem hohen Niveau verharren sondern sich sehr wahrscheinlich eher abschwächen werde. Da die Zinsen dauerhaft unter der Inflationsrate bleiben werden, wird sich dieser negative Effekt der verringerten Kaufkraft langfristig abmildern.

Die Gründe für eine sich abschwächende Inflation sieht Panse in den fallenden Rohstoffpreisen, der geringeren Kaufkraft und einem absehbaren Ende des Ukraine-Krieges. Denn eine Lösung des Ukraine-Konfliktes würde die inflationären Kräfte deutlich abmildern, so der CIO von Finvia.

Auch der sich abschwächende oder schon zusammenbrechende Immobilien-Markt in China, laut Panse ein „weißer Elefant im Raum“- werde die Rohstoffpreise entlasten. Schließlich habe China mit seiner Bauwut mehr als doppelt so viele Baurohstoffe verbraucht wie die 17 größten Zementverbraucher weltweit zusammen. Das werde zu einem strukturellen Rückgang des Energieverbrauchs führen, da die Herstellung von Baustoffen energieintensiv sei, folgert Panse. Anm.: Der Begriff „ein weißer Elefant im Raum“ steht für ein „offensichtliches Problem, das zwar im Raum steht, aber dennoch von den Anwesenden nicht angesprochen wird.“

Mr. Dax Dirk Müller: „Minsky-Moment“ für chinesische Volkswirtschaft

Laut Panse ist der „Riese“ China bereits am Kippen. Mr. Dax Dirk Müller geht hier noch weiter und spricht vom „Minsky-Moment“, den die chinesische Volkswirtschaft seiner Meinung nach bereits erreicht hat. Der Minsky-Moment wird als „ein plötzlicher großer Zusammenbruch von Vermögenswerten, der das Ende der Wachstumsphase eines Zyklus auf den Kreditmärkten oder in der Geschäftstätigkeit markiert“, definiert. Dirk Müller sieht dies im Zusammenhang mit dem Wirtschaftskrieg USA gegen China und sieht auch die steigenden Zinsen in den USA ursächlich im Wirtschaftskrieg. Die hohen Zinsen würden ja kaum die Inflation bekämpfen, sondern eher die chinesische Wirtschafts- und Finanzpolitik massiv unter Druck setzen, argumentiert Mr. Dax.

Panse hingegen sieht in dem schwächelnden Immobilienmarkt eher ein rein chinesisches Problem, denn obwohl zu befürchten sei, dass die Banken den einen oder anderen Immobilienkredit abschreiben müssen, wäre dies für das Weltfinanzsystem keine große Gefahr, denn die Gläubiger seien im eigenen Land verteilt. Die hohen Leerstandsquoten in China, geschätzt bei ca. zehn Prozent, lägen weit über den Vergleichsdaten aus den USA während der Subprime-Krise (2,9 Prozent) und den aktuellen Leerständen in den USA (0,9 Prozent). Die chinesische Regierung würde aber nicht drum herum kommen, den eigenen Markt zu stützen und die heimische Wirtschaft durch eine expansive Geldpolitik zu stimulieren. Hingegen würde der zu erwartende, viele Jahre andauernde Rückgang des Bauvolumen den Rohstoffpreisen und somit auch Europa helfen.

Trotzdem sieht auch Panse Gefahren im europäischen Immobilienmarkt lauern. In Schweden sieht er aufgrund verschiedener Faktoren einen starken Einbruch der Immobilienpreise voraus, der teilweise sogar die dortigen Banken in Krisen stürzen könnte. Kanada wäre vergleichbar problematisch, da auch dort wie in Schweden die Preise für Immobilen schneller und höher geklettert seien als das Einkommensniveau und die Mietpreise. Auf finanzmarktwelt.de wurde regelmäßig über die hoch bewerteten Immobilienmärkte in Schweden und Kanada berichtet. Für Amerika und Deutschland sieht der CIO von Finvia nur leichte Preisrückgänge in einer Höhe von ca. zehn Prozent voraus, denn in beiden Ländern wurde in den letzten Jahr deutlich weniger neu gebaut.

Inside-Wirtschaft: Droht eine neue Bankenkrise?

Reinhard Panse beantwortet die Frage mit „nein“, es sei denn, Europa erlebt eine schwere Rezession. Dies halte er aber für eher unwahrscheinlich, denn in seinem präferierten Szenario schwächt sich die Inflation ab, die Löhne steigen leicht und die Staaten geben weiterhin viel Geld für die Energiewende und Rüstung aus. Dies alles zusammen könnte eine Rezession abmildern.

Liquiditätsengpass im Finanzsystem?

In ihrem Finanzstabilitätsbericht erwähnt die EZB auch die Gefahr für Investmentfonds, Versicherungen und Pensionsfonds, in Liquiditätsschwierigkeiten zu kommen. Auch hier sieht Panse wenig Risiken, nur im Bereich Anleihen sei die Liquidität immer dünner und auch schon seit 15 Jahren abnehmend, dies könnte zwar zu temporären Liquiditätsengpässen führen, aber eine ähnliche Entwicklung wie bei den englischen Pensionskassen erwartet er hier in Deutschland nicht.

Inside-Wirtschaft: Wie sollte das Vermögen eines Anlegers derzeit investiert werden?

Reinhard Panse gibt auch hier eine klare Einschätzung ab: Der Anleger sollte idealerweise über 50 Prozent in unternehmerische Wertpapiere investieren, wie Aktien oder Private Equity. Bis auf den amerikanischen Markt seien die europäischen Märkte fair und vernünftig bewertet, so dass sich hier höhere Erträge realisieren ließen als mit Anleihen. Einen kleinen Anteil könnte man auch in deutsche Wohnimmobilien stecken, aber hier wären Wohnungen im „normalen“ Bereich gegenüber Luxusimmobilen vorzuziehen, denn der Markt sei gerade in diesem Segment sehr stabil.

Zudem sollte man noch ein paar Prozent des Vermögens in Gold investieren. Auf der ganz sicheren Seite empfiehlt der CIO von Finvia eher Cash als Rentenpapiere (Anleihen). Aber inflationsgeschützte Anleihen wären aktuell recht günstig bewertet und somit einen Blick wert. Die dort eingepreiste Inflation von nur noch zwei Prozent halte er für zu gering. Da Inflationsanleihen den Zins regelmäßig neu anpassen, wäre eine Überraschung auf der Oberseite wahrscheinlicher.

Fazit: Insgesamt ein sehr nüchternes, informatives Interview von „Inside-Wirtschaft“ mit einem „alten Hasen“ der Finanzanlagewelt. Wer es gerne blumiger und spannender präsentiert bekommen will: das Interview mit Mr. Dax Dirk Müller bietet einen viel höheren Unterhaltungswert.



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